Wartburgkreis Tüngeda - Ortsteil der Gemeinde Hörselberg-Hainich
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Der Ortsname von Tüngeda hat eine lange Geschichte. Eim Kerker spielt eine Rolle und auch eine Vorratskammer, wie Namenforscher Professor Udolph erklärt.
Historische Belege:
- um 800 (Kopie 12. Jh.) in Tungede (Trad. Fuld. (ed. Meyer zu Ermgassen), II S. 134)
- (um 815) (Abschrift 12. Jh.) Dungede (Breviarium sancti Lulli)
- 9. Jh. (Kopie 12. Jh.) in Tungede (Trad. Fuld. (ed. Meyer zu Ermgassen), II S. 99)
- 874 (Kopie 12. Jh.) Tungedi (Trad. Fuld. (ed. Meyer zu Ermgassen), II S. 61)
- 876 in Tungide (MGH DLdDt Nr. 170)
- (968/973) (Kopie 12. Jh.) est Tungedes (Trad. Fuld. (ed. Meyer zu Ermgassen), II S. 33)
- 973 Dungide (MGH DO II Nr. 64a)
- um 1050 (Kopie 12. Jh.) in Tungedi (Trad. Fuld. (ed. Meyer zu Ermgassen), II S. 89)
- 12. Jh. (K. um 1160) In Tungide (Trad. Fuld. (ed. Meyer zu Ermgassen), I S. 311)
- 12. Jh. (K. um 1160) in Tungide (Trad. Fuld. (ed. Meyer zu Ermgassen), II S. 143)
- 12. Jh. (K. um 1160) in Tungede (Trad. Fuld. (ed. Meyer zu Ermgassen), II S. 147)
- 12. Jh. (K. um 1160) in Tungide (Trad. Fuld. (ed. Meyer zu Ermgassen), II S. 162)
- 12. Jh. (K. um 1160) Tungide (Trad. Fuld. (ed. Meyer zu Ermgassen), II S. 284)
- 12. Jh. (K. um 1160) de Tungede (Trad. Fuld. (ed. Meyer zu Ermgassen), II S. 292)
- 1150-1156 Tungeden (Wölfing, Kloster Veßra Nr. 20 S. 40)
- Ende 15. Jh. Tungede (Lux S. 63)
- 1488 zu Tungede (Regesten Wangenheim II, Nr. 320 S. 177)
- 1490 zu Tungeda (Regesten Wangenheim II, Nr. 325 S. 180)
- 1491 zcu Tungeda (Regesten Wangenheim II, Nr. 327 S. 182)
- 1496 zu Tungeda (Regesten Wangenheim II, Nr. 339 S. 190)
- 1529 Tungeda (Regesten Wangenheim II, Nr. 373 S. 219)
- 1542 Tungeda (Regesten Wangenheim II, Nr. 382 S. 232)
- 1552 Thungeda (Regesten Wangenheim II, Nr. 407 S. 269)
- 1565 Tungeda (Regesten Wangenheim II, Nr. 424 S. 292)
- 1749 Tungeda (Regesten Wangenheim II, Nr. 454 S. 357)
In der Deutung des Ortsnamens ist man sich weitgehend einig. Zunächst einmal ist mit der Endung -ithi zu rechnen, die in thüringischen Ortsnamen recht häufig ist und das etwa besagt: "Das, was den Ortsnamen ausmacht, das, was auffällt, ist hier vorhanden". Es ist ein sehr altes Element der germanischen Sprachen und findet sich in über 200 Namen vor allem in Nord-, Mittel- und Westdeutschland.
Ortsnamen, die in ihrem Ursprung auf -ithi endeten sind unter anderem die niedersächsischen Namen Diemarden, Lengden, Weende, Pöhlde, Ührde, die hessischen Isthe, Welda, Wichte, Haueda, Langd, Grifte, die thüringischen Kölleda, Sömmerda, Kölleda u.a.
Aus ursprünglichem Tungede, Dungede ist später durch die für Thüringen typische Endung ‑a- für auslautendes -e Tungeda, Tüngeda entstanden, wie in Jena, Gera, Sömmerda u.a.
Wir haben als älteste Form daher wohl etwa *Dung-ithi. Und was ist hier im ersten Teil zu vermuten? Ausführlich hat sich J. Udolph, Alemannien damit befasst. Er verweist auf heute ausgestorbene Wörter im Schweizerdeutsch wie dunk, dunc "kellerartiges Webgemach". Dieses Dialektwort ist zu verbinden mit mittelhochdeutsch tunc "halb unterirdischer Raum, Webraum", mittelniederdeutsch dunk "unterirdischer Wohn- und Aufbewahrungsort", altenglisch dung "Kerker", altnordisch dyngja "Frauengemach".
Es findet sich in weiteren Ortsnamen wie Groß, Klein Düngen bei Hildesheim, 1146 in Dunge, Var. Dungen, 1151 in Dungen, 1188 in Dungedhe; Dungerden, Wüstungsname in der Region Hannover, 1264 (Abschrift 14. Jh.) Dungerden, 1280 Dungerden; Düngen, Wüstungsname bei Minden, 12. Jh. de Dunkerthen, de Dunckerthen, 13. Jh. Dungerdem (zu diesem Namen ausführlich B. Meineke, ON Minden-Lübbecke S. 109-111); wahrscheinlich auch Dungelbeckim Kr. Peine, 1053 Dungerbichi, z.J. 1165 in Dungerbeke, 1183 (Abschr. 15. Jh.) in Dungerbike usw. (ausführlich hierzu: K. Casemir/U. Ohainski, Ortsnamen Peine, S. 54-56); vor allem aber der in der Bildung völlig identische Ortsname Thüngen bei Karlstadt, 9. Jh. Tungide, 1136 Tungeden, 1149 Tungede, Tungeden, 1172 de Tungede, ebenfalls ein -ithi-Name.
Bei der Bestimmung der ursprünglichen Bedeutung des Namens hilft eine Bemerkung von A. Werneburg (S. 35): In Thüringen heißen die früher in den Häusern angebrachten, oberirdischen Kellern gleichenden dunklen kühlen Räume, die zur Aufbewahrung von frisch zu erhaltenden Gegenständen dienten, Dunge. Diese Bemerkung trifft sich mit einer bekannten, vor ca. 2.000 Jahren von Tacitus in seiner Germania gemachten Beobachtung über eine Konservierungsmaßnahme germanischer Stämme. Es heißt dort bei ihm von den Germanen heißt, dass sie solent et subterraneos specus aperire eosque multo insuper fimo onerant ‘sie pflegen auch unterirdische Höhlen auszuheben und diese mit einer dicken Schicht Mist zu bedecken՚, und weiter: "auch als Aufbewahrungort für Früchte, weil solche Orte die Härte der Kälte mindern".
Somit kann man Düngeda verstehen als "Ort, an dem sich Höhlen in der Erde befanden, in denen man Vorräte sammelte."
Literatur-Angaben:
B. Meineke, Die Ortsnamen des Kreises Minden-Lübbecke von Birgit Meineke, 2. Aufl., Bielefeld 2016.
J. Udolph, in: Alemannien und der Norden, S. 37-
J. Udolph, Die Ortsnamen auf -ithi, in: Probleme der älteren Namenschichten, Heidelberg 1991, S. 115.
H. Walther, Namenkundliche Beiträge zur Siedlungsgeschichte des Saale- und Mittelelbegebietes bis zum Ende des 9. Jahrhunderts, Berlin 1971, S. 288.
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Der Vormittag mit Haase und Waage | 07. Mai 2020 | 11:50 Uhr