Weimarer Land Niederroßla (und Oberroßla)

Ein toter Zirkuselefant hat Niederroßla seinen Bei-Namen Kitzelbach verpasst. Ansonsten haben Nieder- und Oberroßla viel mit Pferden und Wäldern zu tun, wie Namenforscher Professor Udolph herausgefunden hat.

Niederroßla - Ortsteil der Landgemeinde Ilmtal-Weinstraße - liegt im Landkreis Weimarer Land. Der Ortsname ist nicht zu trennen von Oberroßla.

Ein großes Problem bei der Beurteilung der Zuordnung der historischen Belege ist nicht, dass es Nieder- und Oberroßla gibt, sondern, dass circa 50 Kilometer entfernt der Ort Roßla liegt - im heutigen Kreis Südharz in Sachsen-Anhalt. Deshalb kann man nicht sicher sein, wozu ein Beleg gehört.

Historische Belege:

  • 1186: Luph von Rosla (UB. Pforte I, Nr. 33, S. 51)
  • 1194: Rosla (Werneburg, S. 11)
  • (1199-1227): Heinricus de Rosla (UB. Paulinzelle, Nr. 59, S. 72)
  • 1233: Heinricus senior der Rosla (UB Stadt Erfurt I, Nr. 111, S. 60)
  • 1241: Rosla (Werneburg, S. 11)

Niederroßla:

  • 1309: Nieder-Rosla (Mansberg III, S. 195)
  • 1384: in Neder Rosla (UB. Erfurter Stifter II, Nr. 827, S. 391)
  • um 1410: (Abschrift) Niedern-Roßla (Leipziger Schöffenspruchsammlung, Nr. 604, S. 419)
  • 1415: Nieder Rosla (Mansberg III, S. 279)
  • 1426: Neddirn-Oßla (!) (Codex diplomaticus Saxoniae I B 4, Nr. 534, S. 346)
  • 1450: Rosla, Rossla (UB. Erfurter Stifter III, S. 384)

Oberroßla:

  • 1297: Ersterwähnung von Oberroßla nach W. Kahl (ThHSTA Weimar, Originalurkunde)
  • 1306: Ober-Rosla (Mansberg III S. 195)
  • 1344: Uberrosla (Werneburg, S. 11)
  • 1350: in Obern-Rozla (Lehnbuch Friedrichs, S. 232)
  • 1360: Ober-Rosla (Rein, Thuringia Sacra I, Nr. 198, S. 133)
  • 1382: In deme dorffe, daz man nennit daz obirste Rosla (Rote Buch Weimar, S. 70)
  • 1450: Rosla, Rossla (UB. Erfurter Stifter III, S. 384)

Zur Bedeutung des Ortsnamens:

In der Deutung ist man sich bisher einig: Sowohl in diesen beiden Orten wie auch in Roßla (Südharz) wird neben dem auslautenden -la = -lo(h) "Wald" dt. Ross "Pferd" gesehen. Man hätte also einen "Pferdewald" oder "Wald für Pferde" vor sich.

Heute sehe ich das anders. Bei der Untersuchung des Ortsnamens Rosdorf (bei Göttingen) haben wir herausarbeiten können (Casemir u.a.), dass im frühen Germanischen nicht nur das Wort Rohr = "Schilfrohr" existiert haben muss, dass eine germanische Grundform *raura- fortsetzt, sondern auch *rausa in derselben Bedeutung. Dieses vermuteten wir auch in Rosdorf und schlossen daran mit anderen Forschern weitere Namen wie Rospe, Rosphe, Rosaffa, Rozep u.a. daran an.

Nieder- und Oberroßla liegen im Tal der Ilm, so dass auch von hier aus eine ursprüngliche Bedeutung "Schilfrohrwald; mit Schilfrohr bestandener, an Schilfrohr angrenzender Wald" möglich wird.

Zu Kitzelbach - Elefantenfest:

Sicher datiert ist wieder der Name Elefantenkitzler für die Bewohner von Niederroßla/Apolda: 1857 war der Elefant eines durchziehenden Wanderzirkus auf ihrer Flur verendet, nachdem er zu viele Zuckerrüben gegessen hatte. Etliche Einwohner hatten auf Anregung des Bürgermeisters noch versucht, das "kranke" Tier mit Stockschlägen über die Flurgrenzen zu treiben. In einem Prozess mit dem Zirkusbesitzer hatten sich die Niederroßlaer damit gerechtfertigt, dass sie die Elefantenkuh nur gekitzelt und nicht geschlagen hatten. Im Prozess wurde schließlich die Unschuld der Niederroßlaer festgestellt und die Bewohner setzten dem Elefanten im Dorf ein Denkmal und feiern seither alle 25 Jahre ein Elefantenfest.

Literatur-Angaben: K. Casemir, U. Ohainski, J. Udolph: "Die Ortsnamen des Landkreises Göttingen", Bielefeld 2003, S. 348-351.

E. Förstemann: "Altdeutsches Namenbuch", Bd. 2: Orts- und sonstige geographische Namen, l. Hälfte, Bonn 1913, Sp. 1475.

J. Udolph: "Namenkundliche Studien zum Germanenproblem", Berlin - New York 1994, S. 530.

H. Walther: "Namenkundliche Beiträge zur Siedlungsgeschichte des Saale- und Mittelelbegebietes bis zum Ende des 9. Jahrhunderts", Berlin 1971, S. 289.

A. Werneburg: "Die Namen der Ortschaften und Wüstungen Thüringens", Nachdruck Köln-Wien 1983, S. 11.

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Haase und Waage am Vormittag | 26. Oktober 2017 | 11:00 Uhr