Kyffhäuserkreis Großenehrich

Großenehrich ist ein Ort im Kyffhäuserkreis. Zur Gemeinde gehört der Ortsteil Wenigenehrich. Der Ursprung des Namens Ehrich ist schwierig einzuordnen. Wahrscheinlich weist er auf ein Gewässer hin.

Historische Belege:

Am Anfang der Überlieferung wird noch kein Unterschied gemacht zwischen Großen- und Wenigenehrich.

  • 772 (Kopie 15. Jh.) Eheriche, Variante: in Eherriche (UB Kloster Fulda I S. 94)
  • 874 Erichi(nicht Crichi,  Frichi) (Kopie 12. Jh.) (Trad. Fuld. (ed. Meyer zu Ermgassen),  II S. 284)
  • 874 (Fälschung 11.Jh.) Erika (Trad. Fuld. (ed. Meyer zu Ermgassen),  II S. 61)
  • 877 Heriki (Dobenecker I Nr. 264; Kaufmann,  Genetiv. Ortsnamen S. 66)
  • 956 Erike (Förstemann,  Ortsnamen I Sp. 828)
  • 975 Erik (Kaufmann,  Genetiv. Ortsnamen S. 66)
  • 979 Ericha  (MGH DO II Nr. 201 S. 228)
  • 1130 in villa Irrichen (Codex diplomaticus Saxoniae I A II Nr. 83 S. 66)
  • 1184 in Erich (UB Walkenried I Nr. 27 S. 76)
  • 1191 Hereche (Kaufmann,  Genetiv. Ortsnamen S. 66)
  • 1198 (Kopie 15. Jh.) deEriche (Codex diplomaticus Saxoniae I A III Nr. 30 S.  28)
  • 1206 de Eriche (UB Walkenried I Nr. 59 S. 109)
  • 1249 de Erich (UB. Erfurter Stifter I S. 171)
  • 1268 Erich (UB Walkenried I Nr.461 S. 422)
  • 1270 Erich (Zeitschrift d. Harz-Vereins 28 S. 470)
  • 1293 (Kopie) de Erich (UB Walkenried I Nr. 667 S. 560)
  • 1295 Sifridus de Erich (Ilfelder Regesten Nr. 140)
  • 1303 de Erich (UB Walkenried II Nr. 768 S. 49)
  • 1313 de Erich (UB Walkenried II Nr. 891 S. 154)
  • 1320 de Erich (UB. Erfurter Stifter I Nr. 1128 S. 623)
  • 1322 de Erich (UB Walkenried II Nr. 981 S. 225)
  • 1324 de Erich (UB Walkenried II Nr. 993 S. 234)
  • 1327 de Erich (UB Walkenried II Nr. 1027 S. 260)
  • 1344 de Erich (UB Walkenried II Nr. 1092 S. 304)

Im 14. Jh. setzt allmählich die Differenzierung in Wenigen- (="Klein") und Großenehrich ein:

Wenigenehrich

  • 1313 Tilo dictes de minori Erich (Ilfelder Regesten Nr. 189)
  • 1411 czu Wenyngen Erich (ZVThürGA 15 S. 516)
  • 1796 Wenigen- Ehrich (Bube 129)
  • 1870 Wenigenehrig (StaBur 42)

Großenehrig

  • 1366 grossen Erich (BKD Apfelstedt S. 44)
  • 1395 großin erich (Dipl. et script. I S. 808)
  • 1796 Ehrich, a[uch] Großen-Ehrich (Bube 128)
  • 1870 Großenehrig (StaBur 42)

Ehrich in den beiden Ortsnamen Großen- und Wenigenehrich ist ein schwieriger Ortsname. Wenige Probleme machen die beiden zur Unterscheidung später hinzugetretenen Ergänzungen Großen- und Wenigen-, wobei bei letzterem wenig- wie in anderen Thüringer Ortsnamen für "klein" steht,  an einer Stelle auch in lateinischer Form als minori Erich.

Abzulehnen ist die Annahme von H. Kaufmann,  es liege eine Ableitung von einem Personennamen vor. A. Bach und H. Walther erwägen beide wohl zutreffend eine Bildung mit einem Suffix -k- oder (später) hochdeutsch -ch-. Fraglich ist nur,  was im Anlaut zu vermuten ist. Wahrscheinlich wird man von einer ursprünglichen Form *Arika ausgehen können. In diesem Fall findet der Name wahrscheinlich Anschluss an eine ganze Reihe von Namen,  die eine Basis *Ar- voraussetzen.

Dabei stehen zwei unterschiedliche Möglichkeiten zur Auswahl.

Zum einen gibt es für die mit *ar- zusammenhängenden Namen seit ein paar Jahren eine Untersuchung, die zu dem Ergebnis kommt,  dass *ar- ein altes Wortelement sein muss,  dass Bezug nimmt auf "Hügel,  Berg, Erhebung" (Udolph,  Vaskonisches). Das kann man gut an einem Teil der Namen erkennen,  ich entnehme dieser Studie z.B. Arberg bei Ansbach,  Ahrbergenbei Hildesheim,  Arbergen bei Bremen,  Aarberg bei Waldshut-Tiengen,  oft tritt an *ar- ein -n- an und erscheint dann in Ortsnamen wie Arnstein,  Arnstadt, Arendsee (alt: Arnseo),  Arneburg.

Daraus ergibt sich für Erich aus *Arika eine neue Deutungsmöglichkeit: *ar- "Hügel,  Berg" + Suffix -ik(a).

Aber vielleicht ist eine andere Möglichkeit die bessere Lösung. Wenigen- und Großenehrich liegen beide an einem Bach,  einem Zufluss der Helbe,  der heute Mühlbach heißt. Das ist sicherlich kein alter Name. Man darf daher wie nicht selten vorkommend vermuten,  dass sich in Ehrich der ursprüngliche Name des Baches verbirgt. Das könnte dann ein Ansatz *Arikasein,  denn Ableitungen von einer Basis *er-/*or- "in Bewegung setzen,  Flusslauf,  fließen, laufen" sind gut bezeugt,  genannt seien hier nur Ahr,  Aar, Arno,  Aare (s. H. Krahe,  Flussnamen S. 45-47).

Eine Entscheidung ist schwer, aber die Gewässer-Variante hat wohl einiges für sich.

Literatur-Angaben: H. Kaufmann, Genetivische Ortsnamen, Tübingen 1961, S. 66.
H. Krahe, Unsere ältesten Flußnamen, Wiesbaden 1964.
J. Udolph, Vaskonisches und Semitisches in Europa aus namenkundlicher Sicht. In: Europa Vasconica - Europa Semitica? Kritische Beiträge zur Frage nach dem baskischen und semitischen Substrat in Europa, Hamburg 2013, S. 225-241
H. Walther, Namenkundliche Beiträge zur Siedlungsgeschichte des Saale- und Mittelelbegebietes bis zum Ende des 9. Jahrhunderts, Berlin 1971, S. 243.

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Der Vormittag mit Haase und Waage | 02. Juli 2020 | 11:05 Uhr