Der Redakteur | 15.01.2024 Müll unter Wasser: Wie kommt Wasser in eine Mülltonne?
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15. Januar 2024, 18:40 Uhr
Wasser in der Mülltonne ist aus verschiedenen Aspekten ungünstig. Bei gewichtsabhängiger Abrechnung kommen immer ein paar Kilo dazu, besser brennen wird der Müll auch nicht und bei Frost vielleicht gar nicht erst aus der Tonne rutschen. Wo liegen also die Ursachen?
Die Mülltonne ist mehr als nur ein Hohlkörper. Gerade in unserer zweirädrigen Tonne steckt viel mehr Ingenieurskunst, als man denken könnte. Normalerweise sollte auch das Wasser draußen bleiben. Dass das nicht immer gelingt, kann mehrere Ursachen haben, erklärt Sedar Zengin vom Mülltonnenhersteller Sulo. Eine könnte die Kapillarwirkung sein, die bei geschlossenem Deckel das Regenwasser über die kleine Kante "hebt", die eigentlich genau das verhindern soll.
Zum Aufklappen: Was ist die Kapillarwirkung?
Das Aufsteigen von Flüssigkeiten in engen Röhren (Kapillaren) oder Hohlräumen wird als Kapillarwirkung bezeichnet. Für den Effekt gilt: Je enger eine Röhre oder ein Hohlraum ist, desto höher steigt das Wasser darin. Ursache für die Kapillarwirkung sind Molekularkräfte und die sich daraus ergebende Oberflächenspannung der Flüssigkeit.
Das passiert unter anderem dann, wenn die Deckelkante eine ungünstige Nähe zu dieser Kante erreicht. Gleichzeitig muss die Tonne so stehen, dass das Wasser von der breiten horizontalen Fläche nicht schnell genug ablaufen kann.
Dass sich die beiden Kanten in eine "kapillargünstige" Nähe zueinander gelangen, kann auch wieder mehrere Ursachen haben. Der Deckel ist nicht mehr so in Form, wie er sein müsste, oder er ist zwar im Toleranzbereich, aber für die betreffende Tonne nicht perfekt geeignet. Mitunter passen Deckel nämlich auf verschiedene Tonnen eines Herstellers und hier und da könnte auch schon mal der Grenzbereich der Toleranz erreicht werden, den die DIN EN 840 vorgibt.
Örtlicher Entsorger tauscht Deckel aus
Der Austausch eines Deckels ist unproblematisch, unter Umständen hilft das bei dem Wasserproblem. Grundsätzlich ist ein Austausch defekter Teile wie Deckel oder Räder auch gewollt. Ein Anruf beim örtlichen Entsorger reicht.
Das ist auch so gedacht, warum soll man die Tonne wegwerfen, wenn nur der Deckel kaputt ist.
Eine konstruktive Lösung für das Kapillarproblem könnten auch die kleinen Abstandshalter bei einigen Tonnentypen - meistens Biotonnen - sein. Dann schwebt der Deckel etwas, es steigt aber auch die Schlagregen-Gefahr oder der Wind kann leichter unter den Deckel fahren und diesen öffnen. Eine Art Dichtungsgummi hingegen sei keine gute Idee, sagt Sedar Zengin. Der müsste aufgesteckt werden, ist also beim Ausleeren hochgradig gefährdet.
Eine Tonne muss einiges aushalten
Eine Mülltonne steht in der Regel draußen. Das heißt, die Temperaturspanne ist größer als 50 Grad zwischen Winter und Sommer, die das Material auch mitmachen muss. Auch hier ergeben sich Verschiebungen zwischen Deckel und Tonne, die zu der beschriebenen Kapillarproblematik führen können.
Auch ist die kleine Kante bei einer älteren Tonne oft schon ziemlich abgenutzt, weil wir darauf die Eimer ausklopfen oder der Müll selbst Spuren hinterlässt. Im Ergebnis ist die Oberflächenspannung des stehenden Wassers schneller weg als bei einer sauberen glatten Kante - und ab geht’s in die Tonne mit dem Regenwasser. Wegen der Abnutzung sollte man sich auch gut überlegen, wo man die Tonne anfasst, um sie zum Beispiel zu drehen.
Vorne unter der Kante, über der sich die Deckelöffnung befindet, sollte man zum Beispiel nicht greifen. Denn dort "ergreift" das Entsorgungsfahrzeug die Tonne, das geht ans Material. Die Seitenkanten sind hingegen weicher und ungefährlich.
In den DIN-Kamm greift das Entsorgungsfahrzeug rein. Dieser Bereich wird sehr beansprucht. Dort können sich mit der Zeit scharfe Kanten bilden.
Kommt auch die Tonne in die Tonne?
Viele Tonnen sind heutzutage aus dem Recyclingmaterial entstanden, die ihre Vorgänger einmal eingesammelt haben. Meistens ist es HDPE, also Polyethylen mit hoher Dichte und das in sehr dunklem Grau. Das sei die Farbe, die entsteht, wenn im Tuschkasten alle Fahren durcheinandergeraten, so Sedar Zengin. Deshalb ist die graue Mülltonne ein dankbares Recyclingprodukt. Zudem ist ihr Schwerpunkt mit den Hinterrädern so ausgeklügelt, dass man nicht viel Kraft braucht, um sie zu bewegen.
Das Anheben am Müllfahrzeug ist ohnehin nicht mehr nötig und wenn über einen Chip an der Tonne und mit Hilfe der Wiegetechnik des Fahrzeugs bedarfsgerecht abgerechnet wird, dann ist die Tonne sogar ein bisschen intelligent.
Wenn hier übrigens wegen des eingedrungenen Wassers die Hälfte des Inhalts angefroren hängen bleiben sollte, dann sei das auch nur halb so schlimm, so Sedar Zengin. Denn die Tonne wird quasi zweimal gewogen. Einmal vor dem Leeren und einmal danach, die Differenz bestimmt den Preis.
Quelle: MDR (jn,ifl)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 15. Januar 2024 | 16:40 Uhr
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