Wort zum Tag Augenblick mal
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30. Januar 2025, 05:00 Uhr
Täglich um 6:20 Uhr und um 9:20 Uhr hören Sie bei MDR THÜRINGEN - Das Radio "Augenblick mal", das Wort zum Tag. In dieser Woche spricht es Juliane Körber von der katholischen Kirche in Rockhausen.
Donnerstag, 30. Januar: Mitmenschen
Von den vielen Bildern, die ich in den sozialen Medien zuletzt gesehen habe, geht mir eins nicht mehr aus dem Kopf: Es zeigt einen gut angezogenen jungen Mann, der mit einem Becher Bier in der Hand in einem Fußballstadion fröhlich in die Kamera lächelt. Neben ihm sitzt ein älterer Mann. Zerrissene Kleidung, schmutziges Gesicht und ein langer ungepflegter Bart. Auch er hält einen Becher Bier in der Hand und lacht über das ganze Gesicht. Ihm fehlen etliche Zähne. Es gibt auch eine Geschichte zu diesem Bild.
Der junge Mann hatte zwei Karten für ein Fußballspiel. Eigentlich wollte er mit einem Freund hingehen. Der hat ihm aber kurzfristig abgesagt. Nun hatte er eine Karte übrig und anstatt sie zu verkaufen, hat er einen Obdachlosen gefragt, ob er ihn zu dem Spiel begleiten wollte. Der konnte sein Glück kaum fassen und ist natürlich mitgegangen. Es sei mit Abstand der schönste Tag seit Jahren für ihn gewesen, so der Obdachlose. Und das kann man auf dem Foto auch ganz ohne Worte sehen!
Mich erinnert es daran, wie sehr wir Menschen einander brauchen. Wie wichtige es für jeden einzelnen von uns ist, wahrgenommen und wertgeschätzt zu werden. Das gilt auch für die Menschen am Rand der Gesellschaft. Sie nicht nur mit dem Nötigsten zu versorgen, mit etwas Geld und Essen, sondern sie überhaupt zu bemerken und ihnen auf Augenhöhe zu begegnen, ist mindestens genauso wichtig.
Einen guten Start in den Tag wünscht Ihnen Juliane Körber, katholisch und aus Rockhausen.
Mittwoch, 29. Januar: Mut
Die Bischöfin Mariann Edgar Budde aus Washington kann sich vor Interviewanfragen kaum retten. Nach ihrer Predigt beim Gottesdienst zur Amtseinführung von Donald Trump möchten viele Fernseh- und Radiosender ein Interview mit ihr haben. Denn ihre Rede gilt als mutig.
Wie sie dort oben auf der blumenverzierten Kanzel stand, gut zwei Meter über dem US-Präsidenten und ihn um Barmherzigkeit bat. "Im Namen unseres Gottes", sagte sie mit direktem Blick zu Trump, "haben Sie Erbarmen mit den Menschen in unserem Land, die jetzt Angst haben." Sie spricht von schwulen, lesbischen und transgeschlechtlichen Menschen, die in Familien aller politischen Überzeugungen vorkommen. Von nicht registrierten Einwanderern, die Steuern zahlen und gute Nachbarn sind. Sie bittet um Gnade für Kinder, die fürchten, dass ihnen die Eltern weggenommen werden. Eben von ganz normalen Menschen in ihrer Gemeinde, die sie täglich begleitet und tröstet.
Die Medien feiern ihre Predigt als furchtlos und finden Mariann Edgar Budde mutiger, als alle Kongressabgeordneten zusammen. Und wollen in den Interviews wissen, wie sie sich das getraut hat. Ja, sie war nervös, gibt sie bei einem Gespräch zu. Vielleicht war sie deshalb so mutig, weil sie sich in der Verantwortung sah, denen eine Stimme zu geben, die offensichtlich keine haben. Sie gab ihre Stimme denen, deren Rechte mit einem Federstrich zunichte gemacht werden.
Damit hat sie nicht nur Mut gezeigt, sondern auch Mut gemacht. Danke!
Sagt Juliane Körber, katholisch und aus Rockhausen.
Dienstag, 28. Januar: Da sein hilft
In der letzten Woche habe ich viele Stunden am Bett meines Sohnes zugebracht. Er ist neun Jahre alt. Eine furchtbare Grippe hatte ihn im Griff. Tagelang konnte er nichts anderes tun als liegen und schlafen. Und ich saß dabei, habe seine Hand gehalten und ihn immer wieder überredet, zumindest einen kleinen Schluck Tee zu trinken.
Tee trinken und schlafen, das waren für mich die wichtigsten Dinge, damit er schnell wieder gesund wird. Für ihn allerdings war es am wichtigsten, dass ich bei ihm war. Er forderte meine Anwesenheit ein, hielt meine Hand fest und den Raum durfte ich immer nur kurz verlassen. Ich denke, das war es auch, was ihm wirklich am meisten geholfen hat. Mindestens genauso viel wie Tee und Schlaf. Mir ist noch einmal bewusst geworden, wie wichtig so eine menschliche Nähe und Zuwendung in solchen Situationen ist. Nicht nur bei Kindern.
Auch in Krankenhäusern, Altersheimen oder an Sterbebetten. Oft hilft es den Menschen am meisten, wenn jemand einfach nur da ist. Ohne Zeitdruck oder ein Therapieziel im Kopf. Einfach nur da sein und ein Stück des Weges mitgehen. Dem Kranken zeigen, dass er nicht allein ist. Ich denke, die heilende Kraft dahinter wird noch zu oft unterschätzt.
Bei mir selbst erlebe ich es ja auch: wie gut es tut, wenn jemand für mich da ist. Und es müssen nicht immer schwere Situationen wie z.B. eine Krankheit sein. Die Sehnsucht nach menschlicher Nähe kennt kein Alter und keine Rahmenbedingungen. Einen guten Start in den Tag wünscht Ihnen Juliane Körber, katholisch und aus Rockhausen.
Montag, 27. Januar: Gedenken und Auftrag
Ungefähr ein Menschenleben ist es her: Heute vor 80 Jahren wurde das Konzentrationslager Auschwitz befreit. Für Margot Friedländer ist es, als wäre es erst gestern gewesen. Sie selbst überlebte das KZ Theresienstadt; ihre Mutter und ihr Bruder wurden in Auschwitz ermordet.
Ungefähr 1,1 Millionen Menschen (zum Vergleich, das ist etwa die Hälfte der Thüringer und Thüringerinnen) fanden dort auf grausame Weise den Tod. Als sowjetische Soldaten am 27. Januar 1945 das nationalsozialistische Vernichtungslager erreichten, fanden sie noch 7.000 Gefangene vor.
Seit 29 Jahren ist dieser Tag offiziell der Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Er will nicht nur an sie erinnern. Er mahnt auch an: So etwas darf nie wieder passieren. Margot Friedländer ist heute 103 Jahre alt. Sie gehört zu den Letzten, die uns vom Holocaust berichten können. Manchmal glaube ich, dass Gott einigen KZ-Überlebenden wie Margot Friedländer deshalb ein so langes Leben schenkt, damit dieses Stück dunkelster und unheilvoller Geschichte unseres Landes nicht in Vergessenheit gerät.
Und auch nicht, wie dieses dunkle Kapitel begann. Schleichend. Margot Friedländer sieht ihre Mission darin, uns und den kommenden Generationen klarzumachen, was gewesen ist, das wir nicht mehr ändern können. Und dass wir es sind, die für das "Nie wieder!" sorgen müssen. Das fängt mit der gelebten Überzeugung an, dass jeder Mensch die gleiche Würde hat wie ich selbst. Nicht mehr und nicht weniger. Juliane Körber, katholisch und aus Rockhausen.
Sonntag, 26. Januar: Guter Rat
"Prüft alles und das Gute behaltet". Das ist die sogenannte Jahreslosung für 2025. Wie in jedem Jahr ist ein Bibelwort für viele Christinnen und Christen so etwas wie ein Leitwort für die kommenden zwölf Monate.
Obwohl dieser Rat, alles zu prüfen und das Gute zu behalten, schon fast 2.000 Jahre alt ist, hat er an Aktualität nichts verloren. Zuerst gab mir er mir Rätsel auf. Was genau soll ich prüfen? Und nach welchen Maßstäben?
Dieses Bibelwort hat ganz viel mit Veränderung zu tun. Entweder wenn ich selbst eine Veränderung plane. Dann überlege und prüfe ich, was kann weg, von was muss ich mich verabschieden, und was ist so gut, dass ich es weiterhin behalten möchte.
Aber es gibt auch die ungewollten Veränderungen, die einen überrollen und förmlich mitreißen. Genau das empfinde ich wie viele andere in der jetzigen Zeit. Sie machen einen erst einmal ratlos, verunsichern und können auch ängstigen. Es gibt da so viele Beispiele. Angefangen von unserer digitalen Welt bis hin zu unserem gesellschaftlichen Miteinander. "Prüft alles und das Gute behaltet."
Der Maßstab für das Gute ist für mich Gott. Oder mit anderen Worten ausgedrückt: gut ist, was dem Menschen dient und ihm wirklich guttut. Und zwar jedem Menschen. Wenn das der Maßstab ist für eigene, aber auch gesellschaftliche Entscheidungen, wird eigentlich klar, was weg kann.
Einen guten Start in den Sonntag wünscht Juliane Körber, katholisch und aus Rockhausen.
Juliane Körber
- geboren in Pritzwalk in der Prignitz
-Studium an der medienakademie Berlin
-Bachelor in angewandter Medienwirtschaft
-Ehrenamtliche Hospizausbilderin bei den Maltesern
-2 Jahre Seelsorgerin im KKH Erfurt
-wohnt in Rockhausen
-verheiratet mit einem Musiker, 2 Kinder
-arbeitet in der Onlineredaktion des Bistums Erfurt
MDR
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Johannes und der Morgenhahn | 30. Januar 2025 | 06:20 Uhr