Landkreis Gotha Friemar
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21. September 2017, 12:27 Uhr
Die Gemeinde Friemar gehört zum Landkreis Gotha in Thüringen. Der Ort liegt in einer Senke zwischen dem 312 Meter hohen Lindwurmsberg im Süden und dern sanften Hügeln der Fahner Höhen im Norden. Namenforscher Jürgen Udolph geht davon aus, dass das ursprünglich sumfige Gebiet den Namen geprägt hat.
Dieser Name ist intensiv von Ch. Riese untersucht worden. Aus seiner Arbeit stammen die historischen Belege und auch die meisten Ausführungen zur Deutung des Namens.
Historische Belege des Ortsnamens
- 775 in Friomare (Dob. I, 70, 21, K. 12. Jh.)
- 874 Fremmari (Cod. Eberhardi II, 37v, 61, K. um 1160, Ingelheim, Mönch Eberhard)
- 874 Friemari (Cod. Dipl. Fuldensis, 610, 274, Ingelheim)
- 874 Friemmari (UB Mainz I, 156, 87, F. 11. Jh. nach Vorlage UB Mainz Nr. 158, Ingelheim)
- 9. Jh. inFriomare (UB Hersfeld, 38, 72, Kopialbuch Kl. Hersfeld M. 12 Jh.)
- 9. Jh. Friemare (Cod. Eberhardi II, 148r, 46, 284, K. um 1160, Mönch Eberhard)
- 1272 Vremar (Dob. IV, 751, 109, Or.)
- 1285 invillaVrimar (UB EF St., 549, 313, Or., Naumburg)
- 1288 deVriemar (UB EF St., 596, 343, 2 Or., Erfurt)
- 1290 HeinricusdeVrimar (UB Erfurt, 405, 276, Or.)
- 1292 Conradus et Bruno fratres de Vriemar (UB Erfurt, 430, 292, Or.)
- 1306 Heynemanno dicto de Vrimar (UB Erfurt, 523, 366, Or.)
- 1318 magister Henricus de Vrimaria (UB Mühlhausen, 727, 338, Erfurt)
- 1323 Henrico de Frimar (UB Paulinzelle, 183, 185)
- 1325 Henrich von Frimar (UB Paulinzelle, 184, 187, Or.)
- 1327 Vrimar, in Vrymar (3x) (UB EF St., 1314, 738, Or., Erfurt)
- 1337 Henrico de Vrymaria (UB Erfurt II, 161, 137, Or., Erfurt)
- 1344 magister Bertold de Vrimaria (UB Mühlhausen, 964, 480, Or.)
- 1349/50 Gerhardus de Frimar (LBFS, XLVI, 2, 213)
- 1351 kegin Frymar (UB Erfurt II, 369, 301, Or.)
- 1368 Conrad von Frimar (UB Erfurt II, 613, 453, Or.)
- 1378 Gunther von Freymar (UB Erfurt II, 802, 593, Or., Prag, Notar Syfridus)
- 1392 Conrad Frymar (UB Erfurt II, 1020, 736, Or.)
- 1398 Friczin von Frymar (UB Arnstadt, 245, 164, Or.)
- 1400 Gunther von Frimar (UB Erfurt II, 1144, 816, Or.)
- vor 1506 Frymar (Mainzer SubsReg., 1651, 191, Hdschr. W/R)
- 1538 Friemar (Stadtrecht Gotha, 63, 283, gleichzeit. Abschr.)
- 1558 Frymahr (Stadtrecht Gotha, 74, 304, Konzept, Abschr. 17. Jh., Weimar)
- 1592 zuFriemar (5x) (Stadtrecht Gotha, 84, 338, Abschr. 17. Jh., Gotha)
- 1601 Friemar (Stadtrecht Gotha, 88, 341, Abschr. 17. Jh., Coburg)
- 1713 Conradi de Frimar (Hist. Goth., 117, Druck 1713)
- 1756 Friemar, Frimar (Postlex., 421)
- 1796 Friemar (Bube 70)
- 1873 Friemar (OV Prov. Sachsen, 57)
Nach Ch. Riese ist Friemar in der Forschung der umstrittenste Name des Kreises Gotha. Man schlug u.a. vor: Im 2. Teil sieht man zumeist -mar, das verwandt ist mit dt. Meer, altsächsisch meri "Graben, Teich", althochdeutsch marî, merî, got. marei "Meer", dazu auch altertümliche -isk-Ableitung *marisk-, in Marsch. Hierzu zählen häufige Namen wie Bettmar, Bleckmar, Eschmar, Flettmar, Geismar, Görmar, Horstmar, Lohmar, Rethmar, Rettmer u.v.a.m. (ausführlich behandelt von Udolph, Germanenproblem, S. 330-364). Im ersten Teil ist dann eine nähere Bezeichnung der Quelle, des Sees oder Sumpfes zu erwarten. Aber was steckt in Frie-? U.a. hat man vorgeschlagen dt. frei "unabängig, selbständig", vielleicht im Sinn von "wüstes, ‘freies’ Land mit sumpfigem Boden". Das wirkt sehr gekünstelt und ist kaum überzeugend.
Wieder anders wird eine Ableitung von einem Vornamen, etwa Fri(o)mar oder Frithumar gedacht. Man darf aber diese Vermutung mit Ch. Riese ablehnen, "da weder ein Grundwort noch ein Flexionskennzeichen auszumachen sind". Der Name müsste etwas Friemars-heimo.ä. heißen, wenn ein Personenname enthalten wäre. Vielleicht sollte man den folgenden Weg gehen: der älteste Beleg Friomare ist wohl der wichtigste, denn er weist darauf hin, dass von einer älteren Form *Freu-mar auszugehen ist. Es fragt sich, ob man damit weiter kommt.
Zieht man den Namen des Flusses Frieda, Nebenfluss der Werra, mit heran, gibt es vielleicht die Möglichkeit einer Klärung. A. Greule sieht darin wohl mit Recht germanisch *Freud- und stellt diesen Ansatz nicht zu Friede(n), sondern - passend zu einem Flussnamen zu altenglisch frēoðan "(auf)schäumen", altnordisch frauð "Schaum". Wir sind ziemlich sicher, dass die -mar-Namen Geismar zusammen mit Geisa und anderen Namen zu einer Wurzel *ghei-s- "lebhaft bewegen, erregt sein" u.ä. gehören. In den Ortsnamen geht es dabei u.a. um nachgewiesene mineralische Brunnen, daher dürfte sich die Namengebung auf diese Quellen, vielleicht auch auf die durch Gärung im Wasser entstandenen Blasen, die an die Oberfläche steigen, bezogen haben.
Ich vermute daher, dass Friemar aus ursprünglichen *Friuðmar entstanden ist, denn schon E. Förstemann hatte bemerkt, dass bei alten Vornamen, die mit Fri- beginnen, diese leicht ein ‑d- verloren haben können und daher eigentlich auf Frid(u)- o.ä. zurückgehen können. Friemar liegt umgeben von der Nesse; der Wasserspeicher östlich des Ortes ist natürlich künstlich angelegt, aber er grenzt auch an den Landstrich Schilfgürtel,was auf die ursprüngliche sumpfige Landschaft verweist. Daher wage ich als Grundbedeutung für Friemar aus ursprünglichem *Freudmar: "Ort am mit Schaum bedeckten Sumpf oder Morast". Davon dürfte heute allerdings nichts mehr übrig sein.
Literatur-Angabe:
* E. Förstemann, Altdeutsches Namenbuch, Bd. 2: Orts- und sonstige geographische Namen, l. Hälfte, Bonn 1913, Sp. 942.
* A. Greule, Deutsches Gewässernamenbuch, Berlin/Boston 2014, S. 155f.
* H. Kaufmann, Genetivische Ortsnamen, Tübingen 1961, S. 38.
* Ch. Riese, Ortsnamen Thüringens – Landkreis Gotha, Hamburg 2010, S. 74ff.
* J. Udolph, Namenkundliche Studien zum Germanenproblem, Berlin - New York 1994.
* A. Werneburg, Die Namen der Ortschaften und Wüstungen Thüringens, Nachdruck Köln-Wien 1983, S. 15.
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Der Vormittag mit Haase und Waage | 20. September 2017 | 10:10 Uhr