Begriffserklärung Namenforschung: Was bedeutet *-ithi?
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"-ithi" ist ein Wortbildungselement, das man mit -keit und -heit vergleichen kann. Die Fähigkeit neue Wörter zu bilden, besaß auch -ithi, aber lange vor unserer Zeit in einer Sprachstufe, die uns fremd geworden ist.
"-ithi" ist ein Wortbildungselement, das man etwa mit deutsch (dt.) -keit und -heit vergleichen kann. Diese sind keine eigenständigen Wörter, sondern treten an andere an: dumm - Dummheit, fremd - Fremdheit, möglich - Möglichkeit. Sie bilden also neue Wörter. Diese Fähigkeit besaß auch -ithi, aber lange vor unserer Zeit in einer Sprachstufe, die uns fremd geworden ist. Man bildete damit Wörter, etwa - in einer ähnlichen Form - dt. Hemd aus ham-ithi (zu ham "bedecken"), althochdeutsch (ahd.) juhhidi "Gespann" (zu Joch), jungidi "Junges" zu jung, dt. Härte zu hart u.a.m.
Noch im Gotischen, also im 4. Jahrhundert nach Christus, war das Suffix produktiv, das heißt, es war noch fähig, Wörter zu bilden. Dabei handelt es sich - und das ist wichtig - um ein typisches germanisches Element, das in dieser Form in anderen indogermanischen Sprachen fehlt.
In Ortsnamen ist es sehr häufig. Die unten stehende Verbreitungskarte, die über 200 Namen umfasst, zeigt, dass es vor allem in Nord-, Mittel- und Westdeutschland bezeugt ist. Wichtig ist der sich abzeichnende Übergang nach England, der offenbar die engste Stelle, den Kanal, nutzte.
Verbreitung der Ortsnamen auf -ithi nach Jürgen Udolph
- ("Namenkundliche Studien zum Germanenproblem", Berlin - New York, 1994)
Ortsnamen, die in ihrem Ursprung auf -ithi endeten sind unter anderem die niedersächsischen Namen Diemarden, Lengden, Weende, Pöhlde, Ührde, die hessischen Isthe, Welda, Wichte, Haueda, Langd, Grifte... Bekanntere Ortsnamen sind ferner Sömmerda, Tilleda, Bleckede, Geesthacht, Meschede und Geisleden.
Was bedeutet -ithi in den Ortsnamen? Es war eigentlich eine einfache, man könnte sagen, primitive Beziehung, die aussagte: das, was im Grundwort verborgen ist, ist hier vorhanden; einige Beispiele, wobei niederdeutsche Grundwörter sehr häufig sind: Klimatisches in Sumar-ithi > Sömmerda (Sommer = südliche Lage), *Snew-ithi > Snewede (Schnee); Farben: *Gron‑ithi/Grohnde (grün); Wald: *Loh‑ithi/Loh, Lohet (loh); Baumarten: *Ask‑ithi/Achiet, Eschede (Esche), *Asp‑ithi/Espe (Espe), *Bok‑ithi/ Beuchte (Buche), *Ek‑ithi/Eekt, Eichede (Eiche), *Lind‑ithi/Oster‑, Westerlinde (Linde); Pflanzen: *Bram‑ithi/Brempt, Bremith (Brombeere), *Farn‑ithi/ Ferna, Verne, Vernithe (Farn), *Ris‑ithi/Reisen-moor, Riese (Reisig), Dörna, Dörnte, Thurn‑ithi/Dörenthe (Dorn).
Die Grundlagen der Namen sind Wörter, die sich zumeist auf die unmittelbare Lage des Ortes beziehen und ganz konkret und sehr eng mit der alten Siedlung verbunden sind. Schon eine Entfernung von mehr als 300, 400 Meter lässt Zweifel aufkommen, ob das dort liegende Objekt mit dem Ortsnamen zu verbinden ist.