Wort zum Tag Augenblick mal
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25. Dezember 2024, 05:00 Uhr
Täglich um 6:20 Uhr und um 9:20 Uhr hören Sie bei MDR THÜRINGEN - Das Radio "Augenblick mal", das Wort zum Tag. In dieser Woche spricht es Ralf-Uwe Beck der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.
Mittwoch, 25. Dezember: Weihnachtswort 2024 von Landesbischof Friedrich Kramer
Heute ist Weihnachten.
Und wir feiern, dass mit Jesus Christus das Licht in die Welt kommt.
Es ist noch keine Woche her, da gab es in Magdeburg einen furchtbaren Anschlag. Im Advent liegt Magdeburg normalerweise in einem wundervollen Lichtermeer. Nun diese Gewalttat, alles wurde abgesagt und das Leuchten abgeschaltet. Dunkelheit.
Wir fühlen uns ohnmächtig, verzweifelt und wütend angesichts dieser Tat. Vor allem aber haben wir Mitgefühl mit denen, die betroffen sind.
Die Weihnachtsbotschaft kommt in dunkler Zeit. Sie ruft uns zu: Zünde ein Licht an in der Finsternis, und bleib nicht in Angst und Wut. Lass Dich aufrichten von der frohen Botschaft: Da kommt ein Kind, das Licht und Liebe bringt. Ja dieses Kind traut sogar Dir zu, dass du selbst Licht wirst für die Welt.
Lasst es uns wie Gott machen. Lasst uns Licht in die Dunkelheit bringen. Die Gewalttäter dieser Welt sind Zerstörer der Friedensräume und treiben uns in die Dunkelheit. Der wichtigste Raum des Friedens, den du bewahren kannst, ist dein Herz. Bewahre es vor Hass, Gewalt und Dunkelheit. Lass in deinem Herzen das Licht der Liebe brennen.
In Magdeburg brennen hunderte Kerzen an den Gedenkorten Sie sind wie das Weihnachtslicht in diesen dunklen Stunden und Tagen.
Lasst uns in der Gewissheit, dass die Dunkelheit nicht siegen wird, dieses Weihnachten feiern: Das Licht gilt uns und wir können es weitergeben.
Ich wünsche Ihnen eine trostreiche Weihnacht.
Ihr Friedrich Kramer, Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.
Mittwoch, 25. Dezember: Weihnachtswort 2024 von Bischof Dr. Ulrich Neymeyr
Am vergangenen Samstag hat Pastoralreferentin Lissy Eichert aus Berlin zum letzten Mal das "Wort zum Sonntag" gesprochen. Sie hatte sich gründlich vorbereitet und alles war gut aufgezeichnet. Dann geschah der grausame Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg. Frau Eichert hat in kurzer Zeit ein neues Wort zum Sonntag verfasst, das mich sehr beeindruckt hat. Sie hat die Geschichte des Weihnachtslieds "Oh du fröhliche" erzählt.
Nicht nur in Magdeburg wird es in diesem Jahr den Menschen schwerfallen, dieses Lied zu singen. Aber es hat eine ganz besondere Geschichte: Johannes Daniel Falk hat es 1816 in Weimar geschrieben. Die Stadt litt unter den Folgen der Napoleonischen Kriege. Innerhalb eines Jahres waren vier seiner zehn Kinder der Typhusepidemie zum Opfer gefallen. "Welt ging verloren." - Diese Zeile des Weihnachtslieds beschreibt, wie Johannes Daniel Falk sich gefühlt hat.
Ich habe manchmal auch den Eindruck, die "Welt ging verloren." Wie kann ein Mensch solch einen Anschlag verüben? Dann die Nachrichten aus der Politik, aus der Wirtschaft, aus der Klimaforschung. Da tröstet und ermutigt mich, dass Johannes Daniel Falk in der nächsten Zeile des Liedes seinen Glauben bekennt: "Christ ist geboren."
Die Geburt Jesu Christi ist ein Hoffnungslicht In dunkler Zeit. Gott ist mit uns. Für Johannes Daniel Falk war das nicht nur ein Lippenbekenntnis. Gemeinsam mit seiner Frau gründete er ein sogenanntes Rettungshaus für verwahrloste Kinder in Weimar, die durch den Krieg niemanden mehr hatten, der sich um sie kümmerte. "Christ ist geboren."
In den Kindern sahen die Eheleute Falk das Kind in der Krippe im Stall von Bethlehem. Ich sehe in Magdeburg auch die vielen Ersthelfer, das Pflegepersonal, das in die Krankenhäuser geeilt ist, um zu helfen, die Menschen, die den Verletzten und den Angehörigen beistehen, die die schlimme Erfahrung „Welt ging verloren“ mit aushalten – vielleicht von Johannes Daniel Falk getröstet: „Christ ist geboren.“
Dienstag, 24. Dezember: Heiligabend
Ich habe eine Karikatur zu Heiligabend gesehen: Da ist der Stall, darin die Krippe, darin das Jesuskind, dahinter die Eltern, Maria und Josef, daneben Ochs und Esel, und dann kommen da die Hirten mit ihren Tieren und stehen staunend davor.
Sagt einer von den Hirten zu Maria und Josef, wie man eben so altväterlich redet zu jungen Eltern: "Der wird euer Leben ganz schön verändern." Darauf antwortet Maria: "Eures auch."
Die Hirten meinen den gestörten Nachtschlaf, Maria den Schlaf der Welt. Den wird Jesus stören. Er wird später Sätze sagen, wie: "Die Letzten werden die Ersten sein und die Ersten die Letzen". Das heißt: Nichts muss so bleiben, wie es ist. Wenn der Sohn Gottes das vom Stapel lässt, dann heißt das ja wohl, dass es nicht Gottes Wille sein kann, dass die einen immer oben und die anderen immer unten sind.
Wie hört sich das an für die Hirten damals - oder für die Bauern vor 500 Jahren, die Frondienste leisten mussten und ihre Kinder verhungern sahen - oder heute für die Arbeiter von Thyssen-Krupp oder VW, die gerade um ihre Arbeitsplätze kämpfen - oder für die in armen Ländern, die bei der Klimakonferenz im November wieder betrogen wurden?
Wie hört sich das für diese Menschen an? Ja, doch: hoffnungsvoll! Das ist nicht zynisch gemeint. Dass die Welt gerade einen beschissenen Eindruck macht, das sehe ich auch. Aber die Botschaft, die Jesus verkündet und die er selbst lebt, lautet: Alle, alle haben sie ihre Würde. Das ist die eigentliche Botschaft von Weihnachten.
Ein gesegnetes Fest wünscht Ralf-Uwe Beck, evangelisch und aus Eisenach.
Montag, 23. Dezember: Die Post
Und, haben Sie alle beisammen? Alle Geschenke, meine ich. Vielleicht haben Sie manches bestellt und es kommt noch mit der Post. Wussten Sie, dass die Menschen, die uns die Pakete nach Hause bringen, zu der Branche gehören, die den höchsten Krankenstand hat, in der es die meisten Rückenprobleme gibt, die meisten Knochenbrüche?
Von 1.000 Beschäftigten fallen 105 jeden Tag aus. Und Thüringen ist trauriger Spitzenreiter unter den Bundesländern. Für diese Menschen ist die Adventszeit die härteste Zeit: viel Gewicht, immer in Eile, und dann die Treppen, eine Arbeit, die auf die Knochen geht.
Nein, ich will nicht die Päckchen madig machen - die gehören zu Weihnachten wie der Bart zum Weihnachtsmann. Ich möchte nur einmal scharfstellen auf die, die in dieser Zeit, in der wir hoffentlich langsam runterfahren, unterwegs sind, bis an Heiligabend in manchen Stuben schon die Glöckchen zur Bescherung rufen.
Der Dichter Reiner Kunze, der in Greiz zu Hause war, hat Gedichte über die Post geschrieben. Er hat all den Boten ein Denkmal gesetzt - zu Zeiten, als noch richtige Briefe geschrieben wurden und die Winter kälter waren. Ein Gedicht geht so:
Wenn die post
hinters fenster fährt blühn
die eisblumen gelb.
Die Frau, die bei uns jeden Tag mit dem gelben Auto vorfährt, ist immer freundlich. Ich weiß nicht, ob ich sie noch sehe bis morgen. Aber wenn, dann nehme ich mir vor, ihr Danke zu sagen. Dafür braucht es nicht einmal eine Briefmarke.
Einen guten Tag wünscht Ralf-Uwe Beck, evangelisch und aus Eisenach.
Sonntag, 22. Dezember: Mitgefühl
Dieses vierte Adventswochenende hatten wir uns anders vorgestellt, mit vier Kerzen auf dem Adventskranz, die fröhlich auf Weihnachten hinleuchten. Jetzt brennen die Kerzen im Gedenken an die Opfer des Gewaltaktes am Freitagabend in Magdeburg. Wieder ein Weihnachtsmarkt, Menschen sind gestorben, viele verletzt, viele schwer. "In Gedanken und Gebeten bei den Opfern sein." Das empfinden viele Menschen, das sagen wir so, aber wir sagen es nicht einfach so dahin.
Das umfasst - auch jenseits aller Zahlen - sich vorzustellen, wer noch betroffen ist von einem solchen Gewaltakt. Da sind Angehörige, Kinder, Freunde, Kollegen. Da gibt es Verletzungen, die man nicht sieht. Mehr Verletzte, als die berichteten Zahlen ausdrücken können. An all diese Menschen denken wir.
Und der Täter? Ein Arzt, der im Krankenhaus Menschen hilft – und dann fährt er los, um zu töten? Da sind Fragen, viele Fragen. Wo viele Fragen sind, wird viel spekuliert. Wo spekuliert wird, werden vorschnell Antworten formuliert, wo vorschnell Antworten in die Welt gesetzt werden, werden Dinge zusammengereimt, die aber keinen Reim ergeben, sondern oft nur Unfug – und die niemandem helfen.
Bleiben wir in Gedanken bei den Opfern. Das meint auch: Schweifen wir nicht ab in Mutmaßungen, Spekulationen, Fake News. Die Kommentarspalten der Sozialen Medien haben sich schon mit Blödsinn gefüllt, da waren viele Menschen noch leer vor Entsetzen. Geben wir der Trauer Raum, der Sprachlosigkeit und hoffen wir auf Weihnachten, auf das Licht, das in unsere Welt kommt, hoffen wir, trotz alledem.
Ralf-Uwe Beck, evangelisch und aus Eisenach.
Ralf-Uwe Beck
- geb. 1962
- Traktorist und Theologe
- arbeitet als Referatsleiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM)
- politisch engagiert bei Mehr Demokratie e.V.
- verheiratet, drei Kinder, wohnt in Eisenach
MDR
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Johannes und der Morgenhahn | 24. Dezember 2024 | 06:20 Uhr