Wort zum Tag Augenblick mal
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05. November 2024, 05:00 Uhr
Täglich um 6:20 Uhr und um 9:20 Uhr hören Sie bei MDR THÜRINGEN - Das Radio "Augenblick mal", das Wort zum Tag. In dieser Woche spricht es Cornelia Biesecke von der evangelischen Kirche in Eisenach.
Inhalt des Artikels:
Dienstag, 5. November: Wahlen in den USA
"Für mich ist das die wichtigste Wahl in meinem Leben", sagt meine Freundin Becky, als wir neulich telefonieren. Ich habe einige Zeit in den USA gelebt und noch etliche Kontakte dorthin. Becky lebt in einem der sogenannten Swing-States. Deren Votum könnte die Wahl entscheiden. Also zählt jede Stimme.
Becky erzählt, wie sie mit ihren Freundinnen überall Schilder platziert hat, auch vor ihrer Kirche. "Vote!", steht darauf, also: "Geht wählen!" Beckys Wahl steht fest. Sie wird für Kamala Harris stimmen. In der Hoffnung, dass die sich für alle Menschen einsetzt, ganz egal, welche Hautfarbe sie haben und welche Religion, woher sie kommen, wen sie lieben.
Ihre Kirchengemeinde unterstützt Hilfsprojekte für Migranten. Die ein Donald Trump ja alle rauswerfen will. Seine Reden auf Wahlveranstaltungen machen Becky Sorge. "Er will uns retten. Amerika wieder großartig machen. Seine Gegner vernichten!" sagt sie.
Kamala Harris hingegen hat erst letzte Woche gesagt: "Meine Gegner sind nicht meine Feinde. Ich werde mich mit ihnen an einen Tisch setzen und verhandeln." Das lässt Becky hoffen, auf eine Zukunft, in der Menschen miteinander leben, gemeinsam anpacken – so verschieden sie auch sind.
Doch es wird wohl ein Kopf-an-Kopf-Rennen werden heute. Eben deshalb zählt jede Stimme. Becky und ich, wir beide werden heute hoffen und beten, dass am Ende dieses Wahltages die Vernunft siegt, und die Demokratie.
Cornelia Biesecke aus Eisenach, evangelische Kirche
Montag 4. November: Das Herz wird nicht dement
Tanz ist sein Leben. Mit 14 machte er einen Tanzkurs. Danach stand sein Berufswunsch fest. Tanzlehrer werden, eine Tanzschule gründen. Er hat sich seinen Traum erfüllt.
Und obwohl er inzwischen längst im Ruhestand sein könnte, hört er nicht auf zu tanzen. Er geht in Altersheime. Besonders zu Menschen, die an Demenz erkrankt sind. Ganz behutsam lädt er sie zum Tanzen ein. Mit einem kleinen Lautsprecher und Musik aus seinem Handy beginnt er, im Gemeinschaftsraum seine Tanzrunden zu drehen.
Erstmal allein. Dann fordert er eine Dame auf. Ermutigt die anderen, einfach im Sitzen mitzuschwingen. Nach und nach kommt Bewegung in die Gruppe. Und beim langsamen Walzer gibt es kein Halten mehr. Viele Paare drehen sich auf der Tanzfläche. Manche schwungvoll, andere ganz zaghaft.
"Das Herz wird nicht dement", sagt der Tanzlehrer. Das stimmt. Die Krankheit heilen kann er mit dem Tanzen nicht. Aber für eine Zeitlang die Herzen berühren und manchmal sogar ein Lächeln auf die Gesichter zaubern.
"Mensch, lerne tanzen, sonst wissen die Engel im Himmel nichts mit dir anzufangen!", soll ein weiser Kirchenmann mal gesagt haben. Da hat der Tanzlehrer mit seinen alten Herrschaften ja schon mal gut vorgesorgt!
Einen guten Tag wünsche ich Ihnen! Cornelia Biesecke aus Eisenach, evangelische Kirche.
Sonntag, 3. November: Warten mit Bauchkribbeln
"Wir warten aber auf einen neuen Himmel und eine neue Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt." (2. Petrus 3,13) Dieser Satz ist aus der Bibel. Mir springt beim Lesen ein Wort ins Auge: Warten. Denn das mache ich eigentlich mein ganzes Leben lang. Warten - manchmal voller Vorfreude, so richtig mit Bauchkribbeln, weil ich etwas kaum erwarten kann. Manchmal voller Sorge, ja sogar mit Angst. Auch mit Bauchkribbeln, aber das ist dann eher unangenehm.
Gewartet haben auch schon die Menschen zu Zeiten der Bibel. Auf einen neuen Himmel und eine neue Erde. Also auf etwas, was nach dem Tod kommen könnte. "Jenseitsvertröstung", denkt mancher jetzt vielleicht. "Alles Blödsinn!" Nein, eine Vertröstung ist das für mich nicht. Eher ein Trost. Warten auf einen neuen Himmel und eine neue Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt!
Wie oft ärgere ich mich an der Ungerechtigkeit meiner kleinen und auch der großen Welt! Fühle mich hilflos oder frustriert, weil ich so vieles hinnehmen muss oder mich immer wieder daran abarbeite. Nicht missverstehen – ich liebe das Leben, so facettenreich, wie es ist.
Aber zu hoffen, dass es da noch was gibt nach dem Leben hier - ganz neu und mit vollkommener Gerechtigkeit.
Das macht mir manchmal auch Bauchkribbeln – und zwar schönes!
Einen gesegneten Sonntag wünsche ich Ihnen! Cornelia Biesecke aus Eisenach, ev. Kirche
Cornelia Biesecke
Cornelia Biesecke ist Pfarrerin und Klinikseelsorgerin in Eisenach. Dem Krankenhausalltag ist sie schon lange verbunden, denn nach dem Abitur erlernte sie zunächst den Beruf der Krankenschwester, entschloss sich aber dann, Theologie zu studieren.
Geboren und aufgewachsen ist sie in Sachsen-Anhalt, aber Thüringen ist längst zur Heimat geworden.
Sie ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.
MDR
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Der Morgen | 05. November 2024 | 06:20 Uhr