Erfahrungen eines Polen in Deutschland Bereicherung für beide Seiten
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11. Januar 2022, 11:58 Uhr
Der Pole Wojciech Kuropatwinski-Kaiser (Jahrgang 1976) lebt seit über zehn Jahren in Deutschland. Er sieht die Wanderungswelle der Jobmigranten weniger dramatisch, sonder eher als Bereicherung.
Wie waren die Perspektiven auf dem polnischen Arbeitsmarkt, als Sie Abitur gemacht haben?
Wojciech Kuropatwinski-Kaiser: Soweit ich mich erinnern kann, waren die Chancen damals nicht besonders gut. Die polnische Wirtschaft war nach der Wende noch nicht stabil und es gab nur wenige größere Arbeitgeber.
Welchen Berufswunsch hatten Sie damals? Wollten Sie damals schon ins Ausland gehen?
Ich habe an ein Informatik- oder Mathematik-Studium gedacht, mich aber wegen der besseren Jobaussichten für Elektrotechnik entschieden. Ein Jahr vor meinem Abitur hat mein älterer Bruder im Rahmen eines Austauschprogrammes zwei Semester an der Humboldt-Universität in Berlin studiert. In dieser Zeit habe ich ihn oft besucht und mir hat das Studentenleben in Berlin damals sehr gut gefallen hat. Deswegen wollte ich auch während des Studiums ins Ausland gehen.
Mit dem Austauschprogramm hat es ja auch geklappt: Sie haben Ihr Hauptstudium in Elektrotechnik an der TU Karlsruhe absolviert. Stand für Sie schon während des Studiums fest, dass Sie in Deutschland bleiben wollen?
Nein, ich wollte nach dem Studium wieder zurück nach Polen. Erst, als ich meine jetzige Frau kennengelernt habe, wollte ich bleiben und habe mich in Deutschland beworben.
Wie viele Mitschüler aus Ihrem Abitur-Jahrgang leben heute noch in Polen?
Von meinen Mitschülern aus Abiturzeiten sind etwa 15 in Polen geblieben und zehn sind ins Ausland gegangen – nach Deutschland, England, Holland, Spanien und in die USA.
Das ist ja fast die Hälfte der Klasse – lauter die junge Menschen, die Polen quasi verloren hat ...
Ich sehe es nicht so dramatisch. Natürlich sind viele junge Menschen aus Polen ausgewandert und ich hoffe, sie haben die Länder, in die sie gegangen sind, bereichert. Ich kenne aber auch einige, die nach dem Aufenthalt im Ausland wieder nach Polen zurückgekehrt sind. Und hier sehe ich die Vorteile für Polen, denn durch den Auslandsaufenthalt sind diese jungen Polen offener und selbstbewusster geworden, nicht zuletzt auch wegen der verbesserten Fremdsprachkenntnisse.
Seit wann fühlen Sie sich in Deutschland zu Hause?
Seit dem ich hier meine Familie gegründet habe. Manchmal allerdings habe ich das Gefühl, weder in Polen noch in Deutschland so richtig zu Hause zu sein. Auf der anderen Seite freue ich mich, dass ich mittlerweile sowohl in Polen als auch in Deutschland einen guten Freundeskreis besitze.