Die First Ladys des Sozialismus Viktoria Breschnewa - die bescheidene First Lady
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29. März 2018, 08:45 Uhr
Viktoria Breschnewa war 18 Jahre lang die First Lady der UdSSR. Doch in der Öffentlichkeit hat man sie nur einige Male gesehen. Sie sei halt "unpolitisch", soll ihr Mann einmal über sie gesagt haben. Aber kochen konnte sie angeblich hervorragend. Gelobt wurde vor allem ihre Konfitüren.
Viktoria Breschnewa war 18 Jahre First Lady der Sowjetunion, so lange wie keine andere Ehefrau sowjetischer Partei- und Staatschefs. Doch gesehen hat sie in all den Jahren kaum jemand - Viktoria Breschnewa trat fast nie an der Seite ihres Mannes in der Öffentlichkeit auf. Es war, als würde es sie überhaupt nicht geben. Das war aber keineswegs ungewöhnlich in der Sowjetunion: Abgesehen von Lenins Gefährtin Nadeschda Krupskaja, von Nina Chruschtschowa und Raissa Gorbatschowa spielten die Frauen von hohen Partei- und Staatsfunktionären in der Öffentlichkeit keine Rolle.
Ärmliche Kindheit
Geboren wurde die Breschnwa als Viktoria Petrowna Denisowa 1908 in Belgorod, der weißen Stadt, 800 Kilometer südlich von Moskau gelegen. Ihre Eltern waren Fabrikarbeiter, deren Einkünfte gerade zum Überleben reichten. Viktoria besuchte die Schule und ließ sich anschließend zur Hebamme ausbilden. 1926 lernte sie den Studenten Leonid Breschnew kennen. Zwei Jahre später heirateten sie. Viktoria arbeitete als Hebammme, ihr Mann als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einem Institut für Metallkunde.
Leonids Parteikarriere
Ende der 1930er-Jahre begann Leonid Breschnews steile Karriere innerhalb der KPdSU, die ihn aus der Provinz bis in den Moskauer Kreml führen sollte. Sein Förderer war kein Geringerer als Nikita Chruschtschow. 1957 wurde Leonid Breschnew ins Politbüro, das höchste Machtorgan der Partei, gewählt. 1964 schließlich stürzte er seinen Mentor Chruschtschow und übernahm von ihm das Amt des Generalsekretärs der KPdSU. Er war nun quasi erster Mann im Staat, seine Ehefrau Viktoria die First Lady.
Küche und Kinder
Ihren Beruf hatte Viktoria bereits viele Jahre vorher aufgeben müssen, als ihr Mann ins Politbüro gewählt wurde. Es galt in der UdSSR das ungeschriebene Gesetz, dass die Ehefrauen hoher Parteifunktionäre keinen Beruf auszuüben haben. In der Öffentlichkeit, etwa an der Seite ihrer Männer bei Staatsbesuchen, sollten sie aber auch nicht stehen. Sie sollten sich stattdessen schlicht und einfach um Haushalt und Kinder kümmern. Und Viktoria Breschnewa fügte sich in die ihr bestimmte Rolle: Sie sorgte sich um die Erziehung der beiden Kinder, unterwies das Hauspersonal und kümmerte sich um die Hemden und Hosen ihres Mannes. Berichtet wird aber auch, dass sie eine ausgezeichnete Köchin gewesen sein soll. Gerühmt wurde vor allem ihre selbst zubereitete Konfitüren.
"Pflegeleicht und unpolitisch"
Ins politische Tagesgeschäft mischte sich Viktoria Breschnewa nicht ein. Meine Frau ist "pflegeleicht und unpolitisch", soll Leonid Breschnew einmal gesagt haben (Zitat aus Annette Baumeister, Gefangen im Kreml, ZDF 2018). Die öffentlichen Auftritte Viktoria Breschnewas lassen sich denn auch beinahe an einer Hand abzählen: Bei Empfängen für Josip Broz Tito und Richard Nixon in Moskau und bei einem Staatsbesuch in Frankreich... In westlichen Boulevardmedien wurde die First Lady aus dem kommunistischen Riesenreich als verhuscht beschrieben und ihre Garderobe als reichlich bieder. Besonders glücklich schaut die First Lady auf den Fotos von diesen Ereignissen jedenfalls nicht aus. Es scheint, als wäre die große politische Bühne wirklich nicht ihre Leidenschaft gewesen.
Schnell vergessen
Zum letzten Mal hat man Viktoria Breschnewa bei der pompösen Beerdigung ihres Mannes 1982 in der Öffentlichkeit gesehen. Danach zog sie sich auf ihre Datscha bei Moskau zurück und wurde schnell vergessen. Ebenso wie ihr Mann, dem man nun nachsagte, die Jahre seiner Herrschaft seien Jahre der Stagnation gewesen. Nur Tochter Galina tauchte wegen ihres ausschweifenden Luxuslebens ab und an in der russischen Klatschpresse auf. Viktoria Breschnewa, die bescheidene First Lady, starb, fast unbemerkt von der Öffentlichkeit, am 5. Juli 1995 im Alter von 87 Jahren.
(SL)
Über dieses Thema berichtete der MDR im TV auch in "artour" 27. 10. 2017 | 22.05 Uhr