Otto von Bismarck: Vom Landjunker zum Politiker
Hauptinhalt
23. Februar 2022, 17:28 Uhr
Geboren am 1. April 1815 in Schönhausen als Sohn eines Junkers und einer ehrgeizigen Bürgersfrau, ging Otto von Bismarck als "Eiserner Kanzler" in die Geschichte ein. Lesen Sie hier mehr zur Biografie des Urpreußen aus der Altmark.
Otto von Bismarck kam am 1. April 1815 als viertes Kind einer alteingesessenen Adelsfamilie der Altmark im preußischen Schönhausen auf die Welt. Er studierte in Göttingen und Berlin Jura und arbeitete bis 1839 an Gerichten in Aachen und Berlin. Nachdem er dort seinen Dienst quittiert hatte, beschäftigte er sich zunächst mit der Verwaltung der pommerschen Güter Kniephof, Külz und Jarchelin.
Beginn seiner politischen Karriere
1846, nach dem Tod des Vaters, siedelte Bismarck nach Schönhausen über. Reisen durch Süddeutschland, England, Frankreich, Italien und die Schweiz führten ihm die schwierige politische Situation in Europa nach den Befreiungskriegen 1813, dem Wiener Kongress 1815 und der Juli-Revolution 1830 vor Augen. So ergriff er, nachdem er bereits im Juli 1846 zum stellvertretenden Abgeordneten in den sächsischen Provinziallandtag gewählt worden war, als nachgerücktes Mitglied in den Vereinigten Preußischen Landtag, das Wort zu der Diskussion "1813 - Befreiungs- oder Freiheitskriege?". Damit etablierte er sich in der politischen Öffentlichkeit als Konservativer auf der äußersten Rechten des politischen Spektrums.
Die Revolution 1848/49 bremste nur scheinbar die politische Karriere Bismarcks. Schon von Beginn an stellte er sich auf die Seite der preußischen Monarchie. Die Einführung des Dreiklassenwahlrechts sicherte Bismarck einen Platz im Abgeordnetenhaus. Er verpachtete Schönhausen und zog nach Berlin. Bereits zu diesem Zeitpunkt bestand er darauf, dass Preußen die zentrale Rolle im zukünftigen Deutschland zu spielen habe. Er sprach sich gegen eine Ausdehnung über die Grenzen des Deutschen Bundes und des Alten Reiches, und damit auch gegen Österreich aus. Besonders die Monarchen der Mittelstaaten schlossen sich im Laufe des Frühjahrs 1850 mit dem Ziel zusammen, eine nationalstaatliche Einigung unter Einschluss Österreichs zu erzielen und so einer Hegemonie Preußens entgegen zu wirken.
Aufstieg zum Ministerpräsidenten in Preußen
Preußen und Bismarck verfolgten jedoch beharrlich ihren Weg. Wahlen wurden angesetzt, die in denjenigen Staaten stattfinden sollten, die der preußischen Union treu geblieben waren. Das sogenannte Unionsparlament trat in Erfurt zusammen. Otto von Bismarck, obgleich Gegner der Unionspläne, wurde in das Parlament gewählt. Preußens Versuch einer Einigung scheiterte jedoch, der Bundestag in Frankfurt wurde restauriert und tagte im Sommer 1851 wieder vollständig. Bismarck berief man an die preußische Gesandtschaft beim Bundestag in Frankfurt und im Juli ernannte man ihn zum Bundestagsabgeordneten. Diese Aufgaben hatte Bismarck bis zum Januar 1859 inne. Danach war er zunächst Gesandter in St. Petersburg, ab Mai 1862 in Paris.
Währenddessen hatte sich in Preußen die politische Landschaft verändert. Wilhelm I. übernahm die Regierungsgeschäfte von Friedrich Wilhelm IV. Auseinandersetzungen im preußischen Parlament über die Heeresreform, die haushaltsrechtliche Verfügungsgewalt des Parlamentes über das Heer sowie einen Verfassungskonflikt führten zu innenpolitischen Turbulenzen. Bismarck, aus Paris nach Berlin zurückbeordert, tat sein übriges, um die Stimmung anzuheizen. Nachdem ihn der preußische König zum Ministerpräsidenten ernannt hatte, vereinte er auch den Vorsitz im Staatsministerium und die Funktion des Außenministers auf sich.
Eine Folge von Kriegen
Die folgenden Jahre schienen unter dem Primat der Außenpolitik zu stehen, wobei Bismarck die innenpolitischen Konsequenzen wohlwollend und berechnend in Kauf nahm. Dem deutsch-dänischen Krieg 1864 folgte 1866 der deutsch-österreichische Krieg, der in einer einzigen Schlacht bei Königgrätz entschieden wurde und die Vormachtstellung Preußens im nord- und mitteldeutschen Raum einschließlich der nun annektierten Herzogtümer Schleswig-Holstein bedeutete. Im Prager Friedensvertrag vom August 1866 einigten sich Preußen und Österreich: Österreich hatte Venetien abzutreten, erkannte die Auflösung des deutschen Bundes an und stimmte der Neuordnung Deutschlands unter Ausschluss der Habsburgermonarchie zu.
Der Norddeutsche Bund wurde gegründet, dem sich 17 norddeutsche Staaten anschlossen. Auch der Zollverein konnte in seiner bisherigen Form nicht bestehen bleiben. Der neue Zollvereinsvertrag, dem nun auch die süddeutschen Staaten angehörten, trat am 1. Januar 1868 in Kraft. Auf zollpolitischem Gebiet nahm er den Nationalstaat vorweg.
Reichseinigung mit "Blut und Eisen"
Im Juli 1870 verschlechterte sich das ohnehin schon gespannte Verhältnis zwischen Frankreich und Preußen. Erbprinz Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen war von spanischen Militärs als Nachfolger für die vertriebene Königin Isabella designiert worden. Frankreich und Napoleon III. empörten sich über diesen Plan und empfanden ihn als Bedrohung für das eigene Land, obwohl Preußen in dieser Angelegenheit nicht offiziell aufgetreten war. Der Vater des Erbprinzen gab, nach den französischen Protesten, den Verzicht seines Sohnes bekannt. Dennoch bestand die französische Regierung auf einer Garantieerklärung, die beinhalten sollte, dass Preußen künftig keine Kandidatur eines Hohenzollern in Spanien unterstützen werde. Die Emser Depesche, eine Erklärung des preußischen Königs, von Bismarck redigiert und stark gekürzt in der Presse wiedergegeben, war der endgültige Anlass für die französische Regierung, Preußen den Krieg zu erklären.
Die Schlacht bei Sedan am 2. September 1870, bei der Napoleon III. gefangen genommen wurde und die Truppen kapitulierten, war für das französische Heer der Anfang vom Ende. Noch vor der offiziellen französischen Kapitulation am 28. Januar 1871 ließ sich der preußische König Wilhelm I. im Spiegelsaal des Schlosses von Versailles als Kaiser der Deutschen einsetzen. Die Verfassung des Deutschen Reiches sah einen Kaiser und Kanzler, einen Reichstag und einen Bundesrat vor. Der Kanzler war zugleich Ministerpräsident Preußens, das mit zwei Dritteln der Fläche und Bevölkerung die stärkste Wirtschaftskraft und das größte politische Gewicht darstellte. Erster Reichskanzler war Otto von Bismarck, der so für die nächsten 19 Jahre im Zentrum der Macht stehen sollte.
"Sozialistenschreck" und Sozialpolitiker: Krankenversicherung für Arbeiter
Als Außenpolitiker bestand Bismarck schon 1871 darauf, dass das Reich seine endgültigen Grenzen erreicht habe. Im Konzert der Mächte war er fortan immer um ein Gleichgewicht und um Kriegsvermeidung bemüht. Innenpolitisch setzte Bismarck nicht so sehr auf die Balance zwischen den gesellschaftlichen Gruppen, als darauf, diese zu seinen Zwecken zu instrumentalisieren. Drängenden sozialen Probleme und das damit verbundene Erstarken der Sozialisten regelte Bismarck mit dem Gesetz "gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie" von 1878. Aber auch mit einer positiven staatlichen Sozialpolitik versuchte er die Arbeiter für sich zu gewinnen. Die Sozialgesetzgebung mit dem Unfall- und dem Krankenversicherungsgesetz von 1883/84 und dem Alters- und Invalidengesetz von 1889 war die modernste ihrer Zeit.
1888 verstarb Kaiser Wilhelm I., ihm folgte für 99 Tage Friedrich III. auf den Thron. Das Verhältnis zwischen Wilhelm II. und Bismarck stand jedoch von Beginn unter einem ungünstigen Stern und der Reichskanzler bat am 18. März 1890 um seine Entlassung. Obwohl Bismarck sich nach Friedrichsruh und damit aus dem politischen Tagesgeschäft zurückgezogen hatte, riss die Diskussion um seine Person nicht ab. Am 30. Juli 1898 starb Otto von Bismarck in Friedrichsruh.
Buchtipp
Norbert F. Pötzl
Bismarck: Der Wille zur Macht
Ullstein, 304 Seiten
ISBN-13 9783549074510
Preis: 16,99 Euro
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | 10. August 2019 | 19:00 Uhr