1789: Der erste Möbelkatalog Friedrich Gottlob Hoffmann und der erste Möbelkatalog
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11. Mai 2018, 15:52 Uhr
Im 18. Jahrhundert gibt es weder Ikea noch andere Versandhäuser, die Möbel nach Hause liefern. Das bringt den Leipziger Kunsttischler Friedrich Gottlob Hoffmann auf eine Idee. 1789 lässt er den ersten Möbelkatalog im deutschsprachigen Raum drucken und bringt ihn auf der Leipziger Messe an den Mann. Dieser Schachzug macht ihn zu einem der erfolgreichsten deutschen Möbelhersteller.
Schreibsekretäre, Wasch- und Toilettentische mit Nachtstuhl und Bidet, Kommoden, Stühle und elegante Sofas, Tische und Schränke. Die Portfolio von Friedrich Gottlob Hoffmann ist groß. Elegant sind seine Werke und haben das gewisse Etwas. Eine vermeintliche Kommode wirkt nach außen weltmännisch repräsentativ. Doch wer sie öffnet, findet im Inneren, höchst privat und intim, Bad, WC und Bidet. Die verborgene Raffinesse – ein Markenzeichen von Freidrich Gottlob Hoffmann.
Der Kunsttischler ist gebürtig auf dem Rittergut Puschwitz und kommt 1758 als 17-jähriger Tischlergeselle nach Leipzig. Der Sachse entwickelt sich schnell zu einem Propheten des neuen Stils: Er wandelt die nach französischem Vorbild entworfenen Barock und Rokokomöbel um, indem er den Protz reduziert und nach englischen Vorbild einfacherer und klassischer gestaltet. Einfaches Birnbaumholz wertet er optisch durch edle Furnierung auf. Damit genügt es repräsentativen Ansprüchen, schon aber den Geldbeutel. Dies kommt bei den solventen Bürgern gut an. Sie wollen sich und ihren Stand repräsentieren, die Möbel müssen aber zu den etwas bescheideneren Wohnräumen passen.
Hoffmann erkannte diesen Trend gleich und machte ihn sich beim Bau seiner Möbel zu eigen. Er kopiert Möbel nach dem Geschmack Englands – das passte besser ins Selbstverständnis der Bürger und macht sogar Werbung damit, dass er andere kopiert, 'nach englischem Vorbilde'’."
Einer der die Arbeit von Friedrich Gottlob Hoffmann kennt wie kein anderer, ist der Restaurator und Kunstsachverständige Peter Atzig. Acht Jahre hat er Werk und Leben von Hoffmann erforscht. Dabei interessiert sich Atzig vor allem für sein handwerkliches und gestalterisches Geschick, hat sich aber auch eine Charakterstudie betrieben. Als Tischlermeister ist Friedrich Gottlob Hoffmann nämlich streitbar, hat viele Feinde unter den Handwerker in Leipzig und ständig Ärger mit der Leipziger Tischlerinnung. Er hält sich nicht an Regeln, beschäftigt zum Beispiel mehr Gesellen als erlaubt.
Hoffmann hat es verstanden, Arbeitsabläufe zu vereinheitlichen, was eine kostensparende serielle Fertigung möglich machte. Neue konstruktive machten Fertigung, Transport und Aufbau vor Ort um Vieles einfacher und sicherer."
Um seinen Absatz noch zu steigern und seinen Marktradius zu erweitern gibt, Hoffmann 1789 den allerersten Möbel-Katalog der Welt mit seinem eigenen Sortiment heraus. Heute selbstverständlich, doch damals ein absoluter Coup. Die aufwendig illustrierten Verzeichnisse kosten in der Herstellung einen Taler, damals immerhin der Monatslohn eines langjährigen erfahrenen Gesellen. Zur Messezeit werden die Kataloge unter das Volk gebracht, die Kunden können die Möbel nach Nummern bestellen. Unter anderem findet Johann Wolfgang von Goethe daran Gefallen und kauft einen Hoffmann-Nachttisch, der heute im Haus am Frauenplan in Weimar steht.
Wegen des enormen Erfolges bringt Hoffman 1795 einen zweiten Katalog heraus und kennt kein Halten mehr, als er 1796 endlich den Titel "Kurfürstlich sächsischer Hoftischler" erhält und damit die heiß ersehnte Unabhängigkeit von der Handwerkerinnung erreicht. Seine Erzeugnisse werden in ganz Europa verkauft. Mit der Herausgabe der beiden Versandkataloge betritt er für seine Zeit Neuland, auch mit der Gestaltung seiner "Mulitfunktionsmöbel." Hoffmann stirbt 1806 – seine Möbel können aber noch heute bestaunt werden; derzeit in einer so noch nie dagewesenen Ausstellung im Leipziger Grassimuseum für Angewandte Kunst.
Ausstellung: Vornehmste Tischlerarbeiten aus Leipzig
F. G. Hoffmann – Hoftischler und Unternehmer |
GRASSI Museum für Angewandte Kunst |
29.11.2014 – 12.04.2015
Johannisplatz 5-11
04103 Leipzig
Öffnungszeiten:
Montag: geschlossen
Dienstag-Sonntag: 10:00-18:00 Uhr
Feiertage: 10:00-18:00 Uhr
Bis 18 Jahre freier Eintritt,
Erwachsene 8 € / ermäßigt 6 € bzw. 4 €
(Ticket gilt für Sonderausstellung und Dauerausstellung).
Buchtipp
Michael Sulzbacher / Peter Atzig: Katalog zur Sonderausstellung
"Vornehmste Tischlerarbeiten aus Leipzig", 359 Seiten, Dresden: Sandstein Verlag 2014, ISBN 978-3954981359, Euro 48,00