#blickzurück: Kalenderblatt der Geschichte Das geschah am 23. August
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23. August 2022, 05:00 Uhr
Inhalt des Artikels:
- 1887: Herkunftsbezeichnung "Made in Germany" wird eingeführt
- 1942: Beginn der Schlacht um Stalingrad
- 1961: SPD-Kreisverbände in Ost-Berlin aufgelöst
- 1977: Rudolf Bahro verhaftet
- 1985: Westdeutscher Verfassungsschützer Tiedge wechselt die Seiten
- 1989: Menschenkette "Baltischer Weg"
- 1990: Volkskammer beschließt Termin für die Deutsche Einheit
- 1999: Berlin wieder bundesdeutscher Regierungssitz
1887: Herkunftsbezeichnung "Made in Germany" wird eingeführt
Am 23. August 1887 beschließt das britische Parlament den "Merchandise Marks Act" – das Handelsmarkengesetz sieht vor, dass Produkte aus Deutschland von nun an mit der Kennzeichnung "Made in Germany" versehen werden müssen. Die Bezeichnung steht damals nicht für Qualität, sondern wird von der Regierung eingeführt, um vor minderwertigen Plagiaten zu warnen. Dabei geht es zunächst vorrangig Messer, Scheren, Feilen und Rasierklingen, die in mangelhafter Qualität produziert werden, etwa in der damaligen Industriemetropole Chemnitz. Ende des 19. Jahrhunderts wandelt sich die Warnung zu einem Gütesiegel. Heute tragen auch Produkte das Siegel "Made in Germany", die nur teilweise in Deutschland hergestellt werden.
1942: Beginn der Schlacht um Stalingrad
Am 23. August 1942 eröffnet die deutsche Luftwaffe den Angriff auf Stalingrad (heute: Wolgograd). Es ist der Auftakt einer monatelangen Schlacht um die sowjetische Industriestadt, die schließlich mit der Niederlage der deutschen Truppen endet. Im November 1942 hatte die 6. Armee, mit der Hitler glaubt, "den Himmel stürmen" zu können, einen Großteil von Stalingrad erobert. Während in Straßenkämpfen um jeden Zentimeter gerungen wird, plant die Rote Armee eine Gegenoffensive und führt neue Truppen an die Stadt heran. Rund 250.000 deutsche Soldaten und 30.000 Verbündete werden in Stalingrad eingekesselt, mehr als die Hälfte von ihnen verhungern oder erfrieren. Ihr Untergang wird in der nationalsozialistischen Propaganda zum Heldentod stilisiert. Am 31. Januar 1943 kapituliert Feldmarschall Friedrich Paulus mit den verbliebenen Einheiten der 6. Armee. Etwa 90.000 Soldaten geraten daraufhin in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Nur etwa 6.000 von ihnen kehren bis Mitte der 1950-er Jahre nach Deutschland zurück.
1961: SPD-Kreisverbände in Ost-Berlin aufgelöst
Am 23. August 1961 löst der Berliner SPD-Landesvorstand seine acht Kreisverbände in den Ost-Berliner Bezirken auf. In der Sowjetischen Besatzungszone wurde 1946 die SPD mit der KPD zur SED zwangsvereinigt. Aufgrund einer politischen Sonderregelung durch die Allierten darf die SPD jedoch in Ost-Berlin bestehen bleiben, auch nach der Gründung der DDR. Sie bildet gemeinsam mit der West-Berliner SPD einen Landesverband. Allerdings sind die Sozialdemokraten in Ost-Berlin massiven Restriktionen, Schikanen und Bedrohungen durch die SED ausgesetzt. Nach dem Bau der Berliner Mauer ist eine gemeinsame politische Arbeit der West- und Ost-Büros nicht mehr möglich.
1977: Rudolf Bahro verhaftet
Am 23. August 1977 wird der Philosoph und Sozialökologe Rudolf Bahro durch die Stasi verhaftet. Grund dafür ist die Veröffentlichung seines Buches "Die Alternative" in der Bundesrepublik. Darin kritisiert er den "real existierenden Sozialismus". Bahro wird zunächst in das zentrale Untersuchungsgefängnis des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR Berlin-Hohenschönhausen gebracht. Ein Jahr später wird er wegen Landesverrats, Sammlung von Nachrichten sowie Geheimnisverrats zu acht Jahren Haft in der Sonderhaftanstalt Bautzen II verurteilt – in den Medien der DDR wird das Bild vermittelt, Bahro sei ein Spion des Bundesnachrichtendienstes der BRD. Über seinen Anwalt Gregor Gysi führt Bahro Verhandlungen zu seiner Übersiedlung nach Westdeutschland. 1979 wird er amnestiert und reist in die BRD aus. Dort wird Bahro Gründungsmitglied der Partei "Die Grünen", in deren Bundesvorstand er 1982 gewählt wird.
1985: Westdeutscher Verfassungsschützer Tiedge wechselt die Seiten
Am 23. August 1985 meldet der Allgemeine Deutsche Nachrichtendienst (ADN), dass der westdeutsche Verfassungsschützer Hansjoachim Tiedge in die DDR übergelaufen ist. In der Bundesrepublik war Tiedge zuletzt für die Enttarnung von DDR-Spitzeln zuständig. Der Stasi offenbart Tiedge sein gesamtes Wissen über die westdeutsche Spionageabwehr, sein Seitenwechsel löst einen Skandal in der Bundesrepublik aus. In der DDR werden Agentinnen und Agenten des Verfassungsschutzes verhaftet, die durch Tiedges Informationen aufgeflogen waren.
1989: Menschenkette "Baltischer Weg"
Am 23. August 1989 demonstrieren zwei Millionen Menschen in Estland, Litauen und Lettland für Freiheit und Unabhängigkeit von der Sowjetunion. Sie bilden eine über 600 km lange Menschenkette, die von Tallin über Riga bis nach Vilnius führt und als "Baltischer Weg" in die Geschichtsbücher eingeht. Die Aktion findet am 50. Jahrestag der Unterzeichnung des Hitler-Stalin-Paktes statt, in dessen Folge die drei Staaten von der Sowjetunion annektiert wurden. Im Frühjahr 1990 erklärt Litauen seine Unabhängigkeit, ein Jahr später folgen Estland und Lettland .
1990: Volkskammer beschließt Termin für die Deutsche Einheit
Am 23. August 1990 verkündet die 10. Volkskammer – das erste frei gewählte Parlament der DDR – den Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland zum 3. Oktober 1990. Es ist das Ergebnis einer turbulenten Sondersitzung, die tags zuvor von Ministerpräsident Lothar de Maizière (CDU) einberufen wurde. Erst um drei Uhr nachts verliest Volkskammerpräsidentin Sabine Bergmann-Pohl die historische Entscheidung, deren Ergebnis mit 294 Ja-Stimmen gegen 62 Nein-Stimmen deutlich ausfällt. Am gleichen Tag eröffnet Bundeskanzler Helmut Kohl die Sitzung des Bundestages mit einer Regierungserklärung: "Der heutige Tag ist ein Tag der Freude für alle Deutschen".
1999: Berlin wieder bundesdeutscher Regierungssitz
Am 23. August 1999 bezieht der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) seinen neuen Regierungssitz in Berlin – zunächst im ehemaligen Staatsratsgebäude der DDR. Auch der Bundestag und weitestgehend die Ministerien ziehen im gleichen Jahr von Bonn nach Berlin. Der Entscheidung, den Regierungssitz von West- nach Ostdeutschland zu verlegen, ging eine jahrelang geführte, emotionale Debatte voraus. Das Votum fällt äußerst knapp aus: 337 der Abgeordneten stimmen für Berlin, 320 für Bonn.