Kampf gegen Waldbrände - damals und heute Waldbrand: Wenn das Feuer kommt
Hauptinhalt
16. August 2022, 05:00 Uhr
Tropische Temperaturen und trockene Böden: Mit der Hitze steigt auch die Waldbrandgefahr. Auch 2022 kommt es in Ostdeutschland wieder vermehrt zu Waldbränden. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich Vorbeugung, Bekämpfung und Ursachen von Waldbränden geändert – ein Blick zurück mit Förster Thomas Sobczyk aus Hoyerswerda.
29. April 1988, Kreis Weißwasser in Sachsen, Waldbrandwarnstufe 4: Die ganze Nacht haben hunderte Einsatzkräfte der Feuerwehr, NVA und Forstwirtschaft die Waldbrände bekämpft. Es herrscht allerhöchste Brandgefahr. Seit dem Morgengrauen werfen Agrarflugzeuge und Hubschrauber mit Löschmittel versetztes Wasser auf die noch zahlreichen Glutherde. Noch immer gibt es offene Flammen.
Damit kleinere Brände nicht auf die umliegenden Gebiete übergreifen, schlagen Planierraupen und schwere NVA-Technik Schneisen durch den Wald. Ständig patrouillieren 80 Tank- und Löschfahrzeuge entlang der Wege. Güllefahrzeuge mit 10.000 Litern Fassungsvermögen transportieren Wasser, um die Löschzüge gleich vor Ort aufzutanken. Erst nach Tagen sind die Brände niedergerungen.
Vier Jahre später, an einem Maiwochenende 1992, trifft es die Region abermals. Direkt vor der sächsischen Stadt Weißwasser bricht ein gigantischer Waldbrand aus. Es wütet eine acht Kilometer lange Feuerwalze. Die Bundeswehr rückt an. Weißwasser wird Katastrophengebiet. Es ist der größte Waldbrand in der jüngeren Geschichte Mitteldeutschlands. Die Ursache ist bis heute unklar.
Waldbrandbekämpfung ist effizienter geworden
Thomas Sobczyk war 1992 in der Forstdirektion Bautzen tätig und viele Tage in Weißwasser im Einsatz: "Das war Ausnahmezustand. Ich erinnere mich noch gut an einen Flug mit einem Hubschrauber der Bundeswehr zur Brandbeobachtung", so Sobczyk. Der 53-jährige Förster ist seit knapp 30 Jahren im Bereich Waldbrandschutz tätig und beschäftigt sich auch wissenschaftlich mit Waldbränden und Waldbrandschutz vor und nach der politischen Wende. "Im Vergleich ist die Feuerwehr heute technisch besser ausgerüstet, die Alarmsysteme sind effizienter und die Kommunikationswege mit Handy und Computer funktionieren deutlich schneller. Wo früher Waldarbeiter auf Feuerwachtürmen Brände über störanfällige Drahtverbindungen meldeten, übernimmt die Überwachung der Waldgebiete heute hochmoderne Technik. Außerdem liegen Einsatzunterlagen und Karten digital vor", erklärt Sobczyk.
Einige Ursachen für Waldbrände sind weggefallen
Was sich nicht geändert habe, sei die Anzahl der Brandstiftungen. Auch offenes Feuer und Rauchen im Wald seien damals wie heute streng verboten gewesen, so der Förster. Andererseits sind viele Ursachen für Waldbrände weggefallen, zum Beispiel "wilde Mülldeponien, militärische Aktivitäten - wie Übungsschießen oder Lagerfeuer - oder russische Streitkräfte, die mit offenen Gulaschkanonen durch die Landschaft gezogen sind und Kohlen verloren haben. Gleiches galt für die Dampfloks der Deutschen Reichsbahn, die auch mit Kohle gefeuert haben und in den 1960er-Jahren wesentlich zu Waldbränden beitrugen", so Sobczyk.
Gefahr: Dampflokomotiven Bis zu einem Drittel der Waldbrände in den 1960er-Jahren in Ostdeutschland hatten ihre Ursache im Bahnbetrieb. Um dem vorzubeugen, wurden die Bahndämme im Winter abgebrannt und vor der Saison das Schutzstreifensystem instandgesetzt. Bei hoher Waldbrandgefahr wurden entlang der Bahnlinie zusätzlich Streifen eingesetzt, die die Strecken zu Fuß abgingen. Außerdem mussten Dampflocks bis 1970 bei Warnstufe 3 und 4 mit funkenärmerer Steinkohle - sonst Braunkohle - befeuert werden, um die Waldbrandgefahr zu reduzieren.
Außerdem, erklärt Sobczyk, habe das veränderte Wetter Spuren hinterlassen: "Während damals drei Prozent der Waldbrände durch Blitzschlag verursacht wurden, sind es heute durch den Klimawandel sechs bis acht Prozent."
Waldbrandverhütung in der DDR
Großflächig wurde zu DDR-Zeiten vor Waldbrandgefahren gewarnt: "Feuer aus! – sonst gehste raus" oder "Wald ist Volksvermögen! Helft Waldbrände verhüten!". Mit solchen Slogans versuchte das Ministerium für Volksbildung der DDR, für die Gefahr von Waldbränden im Land zu sensibilisieren. Denn schließlich waren dadurch nicht nur Menschen und Natur bedroht, sondern auch die DDR-Staatskasse: So verursachten Waldbrände im Mai 1989 einen Schaden von 2,3 Millionen Mark, wie das DDR-Fernsehen berichtete.
Die Bürger wurden über mögliche Gefahren in Kinos, auf Straßenschildern und zuvor in Zeitungen informiert. Angesichts der anhaltenden, extremen Trockenheit im Sommer 1989 führte auch die Ostberliner Feuerwehr verstärkt Brandschutzkontrollen durch.
Gesperrte Wälder in der DDR nichts Ungewöhnliches
Dass in der Nacht die Wälder gesperrt wurden, war für DDR-Bürger nichts Ungewöhnliches: "Bei Stufe 3 und 4 waren die Wälder grundsätzlich für Bürgerinnen und Bürger gesperrt. Diese Regelung ist vielen Leuten noch heute in Erinnerung", erzählt Förster Sobczyk und ergänzt: "Heutzutage haben wir allerdings gute Erfahrungen damit gemacht, Wälder nicht zu sperren. Denn Brandmeldungen erhalten wir auch per Handy von Waldbesuchern. Außerdem schränkt man bei Hitzeperioden – wie gegenwärtig – über einen langen Zeitraum die Rechte der Bürger ein."
(DRA, me)
Dieser Artikel erschien erstmals im August 2018.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL - Spätausgabe | 12. August 2022 | 21:45 Uhr