Familie Melkus: Die Motorsport-Dynastie des Ostens Ulli Melkus: 30. Todestag der DDR-Rennfahrerlegende
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18. Juni 2020, 15:12 Uhr
Sie haben DDR-Motorsport-Geschichte geschrieben: Familie Melkus. Mit ihren selbstgebauten Rennautos setzten sie nicht nur Maßstäbe in der Entwicklung, sondern machten den Motorsport in der DDR wieder zu etwas ganz Besonderem. Doch sie musste einige Schicksalschläge hinnehmen. Am 18. Juni 1990 kam Sohn Ulrich ums Leben. Er starb auf der Heimfahrt vom Nürburgring bei einem Autounfall.
Heinz Melkus ist ein Siegertyp. Er kommt auf 80 Siege in 200 Rennen. Sechs Mal davon wurde er DDR-Meister. Sein Sohn Ulrich, genannt Ulli, zieht auf der Überholspur hinter. Doch die Rennfahrerekarriere des Junior endet jäh im Juni 1990, als er bei einem Verkehrsunfall verunglückt.
Motorsport im Blut
Die Familie Melkus sorgt seit den 1950er-Jahren für Furore in der ostdeutschen Renngemeinde. Kopf der Familie ist damals Heinz Melkus. Er ist nicht nur erfolgreicher Rennfahrer, sondern liefert auch Ideen zum Bau von Rennwagen. Die fertigt er ab 1951 selbst. Einfach, weil ihm das, was auf den Rennstrecken zu finden ist, zu langsam ist. Verheiratet ist er mit der Lehrerin Johanna. Beide haben zwei Söhne, Ulrich und Peter. Die Rennleidenschaft bekommen die schon in die Wiege gelegt. Mit fünf gibt es für Ulrich das erste eigene Auto.
Ich habe hinten an das Auto einen Besenstiel gemacht und dann habe ich ihn geschoben. Dann hat der mit fünf, sechs Jahren gelernt, wie der mit diesem Auto lenken und bremsen kann.
Der vier Jahre jüngere Bruder Peter Melkus wird ebenfalls vom Rennfieber des Vaters angesteckt. "Bei mir ging es sehr spät los, ich war eher so ein emotionaler Typ. Ich habe gern gemalt, bin gern in der Landschaft rumgesaust, habe Indianer gespielt und bin erst sehr spät zum Rennsport gekommen. So mit 12 Jahren", erinnert sich Peter Melkus.
Rennwagen mit Wartburg Motor
Der Unternehmer Heinz Melkus gründet 1955, als Dresden noch in Trümmern liegt, die später größte Privatfahrschule der DDR. Als einziger bildet er dringend benötigte Fahrer für den Wiederaufbau aus. Auch eine Sportwagenwerkstatt ist der Fahrschule angegliedert.
Entwickelt werden mehrere Formel Wagen, welche die Heinz Melkus KG seit den 1960er-Jahren mit Wartburg Motoren ausstattet. Nicht nur im Rennsport ist Familie Melkus nun konkurrenzfähig, auch die Fahrschule hat einen guten Ruf und sorgt immer wieder für Aufsehen. Prof. Dr. Peter Kirchberg, ehemaliger Fahrlehrerassistent der Heinz Melkus KG, erinnert sich: "Heinz war der erste, der einen elektronischen Fahrsimulanten hatte und es war einer seiner größten Triumphe, das die volkseigene Fahrschule bei ihm anklopfte, um einen solchen Simulator zu bekommen."
Doch der Motorsport in der DDR hat es schwer. Er ist keine olympische Disziplin und somit bei der Vergabe finanzieller Mittel wenig beachtet. Erst mit der Präsentation des "Melkus RS 1000" zum 20. Jahrestag der DDR bekommt der Motorsport die nötige Aufmerksamkeit. Bis heute ist der "Ferrari des Ostens" der Sportwagen, den alle Welt mit der Familie verbindet.
Liebe zwischen Benzin und Motoren
Sohn Ulrich wird der erfolgreichste Rennfahrer in der DDR. Und so wundert es nicht, dass auch die Liebe im Hause Melkus zwischen Benzin und Motoren beginnt.
Bei einem dieser Rennen habe ich den Ulli kennengelernt. Nach einem halben Jahr hatten wir uns dann schon so aneinander gewöhnt und waren ineinander verliebt, dass ich dann den Ulli geheiratet habe.
Zusammen bekommen sie zwei Kinder, Ronny und Peggy – die nächsten Melkus Nachfahren. Peggy hat mit dem Rennsport wenig am Hut. Ronny hingegen möchte gern in die erfolgreichen Fußstapfen seines Vaters treten.
Ich bin schon als kleiner Junge mit meinem Vater auf den Rennstrecken gewesen und habe dort Blut geleckt. Ich hatte immer meinen Vater als absolutes Vorbild gesehen, wollte immer so werden wie er, immer die Rennen gewinnen.
Auch Ulrichs Bruder Peter gründet eine Familie und bekommt zwei Jungs, Sepp und Robert. Erste Rennluft schnuppern auch sie Go-Kart. Die Melkus Renn-Gene werden nun schon an die dritte Generation vererbt.
Schicksalsschlag nach der Wende
Nach der Wende trennen sich die beruflichen Wege der Brüder Peter und Ulrich. Aus der Fahrschule macht Peter das erste BMW-Autohaus der DDR. Zusätzlich leitet er ein eigenes Rennteam. Ulrich Melkus hingegen möchte weiter Rennautos entwickeln – doch es kommt anders. Im Herbst 1990 verunglückt er tödlich. Auf der Rückfahrt von einem Rennen ist ihm der Reifen geplatzt.
Dann kam ich Treppe hoch und alle streichelten mich, schauten mich an, dann sage ich: 'Was verheimlicht ihr mir?' Dann bin ich zusammengesackt.
Ich habe meinen Vater wirklich über alles geliebt, er fehlt mir bis heute.
Plötzlich ist Sohn Ronny allein. Dennoch kämpft er sich hoch bis zur Formel III. 2012 hört er schließlich auf, macht den Beruf zum Hobby. Jahrelang betreibt er eine Kartbahn. Heute verkauft er ferngesteuerte Autos.
Der Exot mit den Flügeltüren
2005 verstirbt Heinz Melkus, der Kopf des Melkus Imperiums. Ihm zu Ehren entscheiden sich sein Sohn Peter und Enkelsohn Sepp den "RS 1000" als Oldtimer "Heinz Melkus" wieder neu aufzubauen. Seitdem boomt die Manufaktur wie eh und je.
Es ist das, womit wir uns alle identifizieren können, was sich bis heute erhalten hat, was man heute noch nach außen tragen kann und was heute auch noch die ganze damalige Zeit charakterisiert.
Für Peters Sohn Sepp, der heute die Geschäfte führt, sind Neuentwicklungen auch in Zukunft nicht ganz ausgeschlossen. Vor den anderen ins Ziel kommen, das steckt in jedem Melkus – über Generationen hinweg.
(Mareen Mosler/me)
Über dieses Thema berichtete SPORT IM OSTEN: 14.06.2020 | 15:25 Uhr