Farbfernsehen Als das Fernsehen der DDR bunt wurde
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25. Juni 2021, 10:22 Uhr
Am 19.03.1963 gelingt in den USA erstmals die Übertragung eines farbigen Fernsehprogramms über einen Satelliten. Heute Alltag, damals eine Sensation. In Deutschland wurde das Fernsehen erst Jahre später bunt: 1967 im Westen, 1969 in der DDR.
Als das DDR-Fernsehen 1969 bunt wurde, hatten die Bundesbürger schon zwei Jahre lang viele Fernsehsendungen in Farbe gesehen. Dort hatte das Farbfernsehen bereits am 25. August 1967 Premiere gehabt. Ein großer Vorsprung. Dabei war das Fernsehen in Ost und West in den 1950er-Jahren nahezu zeitgleich gestartet.
Im März 1950 hatte der Ministerrat der DDR den Aufbau eines eigenen Fernsehsenders beschlossen. Im August 1952 war im Staatlichen Rundfunkkomitee beim Ministerrat ein eigener Intendanzbereich für das Fernsehen eingerichtet worden.
Bereits am 1. Januar 1951 hatte man im VEB Sachsenwerk Radeberg mit der Produktion der Fernsehgeräte vom Typ "Leningrad T2" begonnen. Zunächst erreichte der "Deutsche Fernsehfunk", wie das Fernsehen bis 1972 hieß, nur wenige Bürger. Im Gründungsjahr des "Fernsehens der DDR", so der Name von 1972 bis 1989, besaßen nur etwa 600 Haushalte Fernsehgeräte. Doch schon 1965 waren 71.000 Geräte angemeldet.
Fernsehen wird auch in der DDR zur beliebten Freizeitbeschäftigung
Das Angebot in den ersten Jahren beschränkte sich auf nur wenige Stunden Sendezeit pro Tag. Erst Ende der 1960er-Jahre wurde das Fernsehen mit über vier Millionen Empfangsgeräten und einer täglichen Sendedauer von durchschnittlich zwölf Stunden zu einem echten Massenmedium. Mit der Anhebung des allgemeinen Lebensstandards in den 1960er-Jahren und der größeren Nachfrage nach Freizeitangeboten wurde das Fernsehen wie in den anderen Industriestaaten der Welt zu einem wichtigen Bereich des gesellschaftlichen Lebens.
Die Geräte aus dem "VEB Kombinat Rundfunk und Fernsehen (RFT) Staßfurt", wo nun produziert wurde, waren Bestandteil des Alltags geworden. Fernsehen bezeichnete ein großer Teil der Bevölkerung als die vorwiegende Freizeitbeschäftigung. 1982 konnten rund 90 Prozent der Haushalte Fernsehen empfangen, ein Fünftel von ihnen auch Farbfernsehen.
Ende der 1960er-Jahre folgt zweiter Fernsehsender
Fernsehstudios in der DDR, die größeren in Berlin-Adlershof, Berlin Johannisthal, Rostock ("Fernseh-Ostsee-Studio", ab 1961) und Halle (Eröffnung 1964) produzierten für die Sparten Publizistik, Wirtschaft, Kultur, Jugend und Sport, Unterhaltung und Musik, Fernsehfilm und Schulfernsehen. Nach dem Tod des langjährigen Leiters des Staatlichen Rundfunkkomitees Gerhard Eisler und der Gründung eines eigenen Staatlichen Komitees für Fernsehen beim Ministerrat 1968, erfolgte der Aufbau eines zweiten Senders und die Inbetriebnahme der Sender Berlin (Fernsehturm auf dem Alexanderplatz), Dequede, Dresden und Schwerin.
Mit Musiksendungen und Filmen in seinem Nachmittags- und Abendprogramm versuchte das zweite Programm, dem Publikumsgeschmack näher zu kommen. Im Zweiten Programm wurden ab 1969 auch erstmals in der DDR-Sendungen in Farbe ausgestrahlt. Wie so vieles war auch die Farbe auf dem Bildschirm ein Politikum.
Ein Farbfernsehgerät: Luxus für über 6.000 Mark
Die mit dem französischen SECAM-System arbeitenden Geräte aus DDR-Produktion ermöglichten nur den Empfang von DDR-eigenen Sendungen in Farbe. Erst 1977 wurde stillschweigend auch der Einbau des westdeutschen PAL-Systems in die neue Fernseherproduktion gestattet, nachdem sich die Staatsführung nicht mehr in der Lage sah, den massenhaften Konsum westdeutscher Fernsehprogramme verbieten zu können. Die Produktion konnte die Nachfrage jedoch nie befriedigen.
Vielleicht war auch das ein Grund für die hohen Preise: 4.100 Mark kostete das Einstiegsmodell "Chromat 1062" 1962, noch 1980 mussten für die Luxusversion "Chromat 67" mit einer 61er Bildröhre 6.250 Mark bezahlt werden. Das war das vier- bis fünffache eines Durchschnittseinkommens. So war der neue Farbfernseher schon mal ein Grund, die Nachbarn für den Abend einzuladen - Fernsehen als Gemeinschaftsereignis.
Gemeinschaftsantennen bringen Westfernsehen auch ins "Tal der Ahnungslosen"
Ab 1973 sendete auch das Erste Programm in Farbe. 1986 verfügte eine Anordnung die Erlaubnis der Errichtung von Gemeinschaftsantennen. Nun waren auch in den bis dahin vom Westfernsehen ausgeschlossenen Gebieten der DDR ("Tal der Ahnungslosen" um Dresden und der Nordosten der Republik um Greifswald) die westdeutschen Sender ARD und ZDF zu empfangen. Vorbei waren die Zeiten, da sich die FDJ noch mit politischen Offensiven für die parteigetreue Ausrichtung eingesetzt hatte, wie durch die "Aktion Ochsenkopf" in den 1960er-Jahren, durch die versucht worden war, auf Westsender eingestellte Antennen und die Köpfe ihrer Besitzer "auf Linie zurückzudrehen". Was im Klartext bedeutete: Wer mit "Westantenne" erwischt wurde, musste Repressalien befürchten. Gerade in der Schule wurde versucht, Kinder über das Fernsehprogramm der Eltern auszufragen.
Honecker selbst verlangt besseres Fernsehprogramm
Erich Honeckers geäußerte Kritik an der langweiligen Programmgestaltung führte nach seiner Machtübernahme 1971 zu einem Politbüro-Beschluss zur Verbesserung der Medienarbeit im November 1972. Durch den Ankauf westlicher Kriminalserien und die Verpflichtung ausländischer Musiker und Schlagersänger sollte die Akzeptanz des eigenen Fernsehprogramms gehoben werden. Aber auch durch eigene Produktionen sollte das Fernsehen interessanter gemacht werden: Seit Beginn der 1970er-Jahre wurden verstärkt Ratgebersendungen produziert, die sich mit alltäglichen Problemen befassten. Die Maßnahmen führten aber nicht zu den gewünschten Erfolgen.
Auf dem 9. Plenum des ZK der SED stellte Honecker resigniert fest, dass sich die Verbreitung westlicher elektronischer Medien nicht mehr kontrollieren lasse. Viele der in den 1960er-Jahren entstandenen Sendungen blieben aber auch nach 1971 im Programm, so die Propagandasendung "Der schwarze Kanal" von Karl-Eduard von Schnitzler und das außenpolitische Magazin "Objektiv". Neu im Programm waren dagegen "Antworten zu Fragen der Zeit" zu innenpolitischen Themen (Sendestart 1973) und die Talkshow "Portrait per Telefon" mit Sportmoderator Heinz Florian Oertel (Sendestart 1971).
"Ein Kessel Buntes" und "Der Fernsehkoch empfiehlt"
Beliebt waren Märchenverfilmungen - und das Sandmännchen. Nach den großartigen Erfolgen der DDR-Sportler bei internationalen Turnieren erfreute sich auch die Sportberichterstattung hoher Zuschauerzahlen, wenn auch die Fußballbundesliga mit ebenso hohem Interesse verfolgt wurde wie das Schicksal der Vereine der DDR-Oberliga. Die Unterhaltungssendung "DDR-Oberliga" traf nicht selten die Kritik der "parteilichen" Medienbeobachter, wenn der Einsatz satirischer Mittel das Maß überschritt, das man mit der "sozialistischen Unterhaltungskunst" vereinbar glaubte.
Ein Fernseh-Star der besonderen Art wurde der Fernsehkoch Kurt Drummer ("Der Fernsehkoch empfiehlt"), der mit seinen Rezepten und Tipps in über 600 Folgen die ganze Republik erreichte und, jeweils passend zum Angebot der staatlichen Verkaufsstätten, Abwechslung auf den Tisch seiner Zuschauer brachte.
Dieses Thema im Programm: MDR Zeitreise | 14. Juni 2020 | 22:25 Uhr