Vordenker der Friedlichen Revolution Heino Falcke - Prediger des Protests
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21. Juni 2010, 11:41 Uhr
Für den Erfurter Probst Heino Falcke hatte Glaube in der DDR nur eine Konsequenz: "Wir können diese Gesellschaft nur akzeptieren und in ihr Verantwortung tragen, wenn wir an der Veränderung dieser Gesellschaft arbeiten." Heino Falcke war einer, vielleicht sogar der theologische Vordenker der Friedlichen Revolution. Seine Predigten haben die Proteste der Umwelt- und Friedensbewegung auf den Punkt gebracht. Als Propst blieb er nahe an der Basis in den Gemeinden, aber war auch beteiligt an den Diskussionen der Kirchenleitung.
Jetzt wird er gewürdigt, geehrt und mit Orden ausgezeichnet; zuletzt mit einem großen Empfang aus Anlass seines achtzigsten Geburtstages im Mai 2009. Doch oft genug hat Heino Falcke in seinem Leben auch Ablehnung und Anfeindung erlebt. Vor allem von dem SED-Staat, der ihn als Gegner empfand. Aber auch in seiner evangelischen Kirche und auch nach 1989 machte er sich mit pointierten Stellungnahmen unbeliebt.
Freiwillig in den Osten
Heino Falcke wurde 1929 in Riesenburg in Westpreußen geboren. Er studierte in Göttingen, Berlin und Basel Theologie und gegen den Trend entschied er sich 1951 in die DDR zu gehen. Er war zunächst Gemeindepfarrer in Wegeleben im heutigen Kreis Halberstadt, Rektor des Predigerseminars in Gnadau und von 1973 bis zu seinem Ruhestand 1994 Propst in Erfurt.
Christ sein in der DDR
Was heißt es in der DDR Christ zu sein? Das war eine der Fragen, die ihn umgetrieben haben. Zusammen mit dem damaligen Magdeburger Bischof Krusche prägte er 1972 die Formel von der "kritischen Solidarität" und sprach von einem "verbesserlichen Sozialismus". Das Wort "verbesserlich" reichte, um den Staat aus der Fassung zu bringen ... Konkret, so forderte Falcke, bräuchte es in der DDR mehr Informationsfreiheit und einen offeneren Meinungsaustausch.
1987 war es Heino Falcke, der als einziger den Mut hatte, einen Antrag der Berliner Bartholomäus Gemeinde auf der Synode einzubringen. Gefordert wurde mehr Reisefreiheit und diese Forderung wurde als gefährlicher Affront gegen den Staat verstanden. Heino Falcke stand allein, der Antrag wurde abgeschmettert.
Nach der Wende
Zehn Jahre später, die DDR war bereits Geschichte, machte Heino Falcke noch einmal eine ähnliche Erfahrung: Als er 1997 als einer der Ersten die "Erfurter Erklärung" unterschrieb. Unter dem Motto "Aufstehen für eine andere Politik" rief der Text zu einem Regierungswechsel auf und machte sich stark für ein Bündnis aus SPD, Grünen und PDS. Das war für viele Mitchristen schwer erträglich.
Für andere wieder war er wohl genau wegen dieses Mutes zum Anecken glaubwürdiges Vorbild: Auf dem Evangelischen Kirchentag in Leipzig, auch 1997, wurde seine Predigt beim Abschlussgottesdienst immer wieder vom meist jungen Publikum mit Klatschen und La-Ola-Wellen kommentiert. Ihm, dem der nüchterne Ton eher liegt als das Vollmundige, wird dieser Enthusiasmus irritiert haben.
Heino Falcke formuliert scharfzüngig, mag aber auf Differenzierungen nicht verzichten. Ein Angebot in die Politik zu gehen, lehnte er ab, und konzentrierte sich stattdessen darauf, in seiner Kirche den Übergang zu gestalten. Nach eigener Aussage waren diese Jahre nach 1989 für ihn als Propst die schwierigsten.