Reisen Traumziel Goldstrand in Bulgarien

04. Februar 2022, 13:39 Uhr

Familie Tretbar aus Ronneburg reiste 1968 zum ersten Mal nach Bulgarien ans Schwarze Meer, an den "Goldstrand" – und ist immer wieder gekommen. Lesen Sie hier einen Erlebnisbericht.

1968 waren wir das erste Mal mit dem FDGB am "Goldstrand". Später sind wir auch mit dem "Reisebüro" gefahren. Das war ein Traum für uns, so dass wir immer wieder hergekommen sind. War auch gar nicht so teuer – für 14 Tage etwa 1.500 Mark. Ich habe bei der "Wismut" in Ronneburg gearbeitet, war praktisch 25 Jahre unter Tage. Und wenn man 25 Jahre unter Tage war, dann bekam man mit 50 Jahren eine gute Rente. Und da wir kein Auto hatten zu DDR-Zeiten, konnten wir uns das leisten - jedes Jahr oder wenigstens alle zwei Jahre "Goldstrand".

Einer "von der Sicherheit" war immer dabei

Private Impressionen von der Schwarzmeerküste 2 min
Bildrechte: Familie Klabunde
2 min

Familie Klabunde hat Ende der 1960er-Jahre Urlaub an der bulgarischen Schwarzmeerküste gemacht und mit der Kamera Bilder vom Strand eingefangen.

Di 04.08.2009 08:00Uhr 01:37 min

https://www.mdr.de/geschichte/stoebern/damals/video286722.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

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Wenn wir dorthin fuhren, musste vorneweg erstmal die Genehmigung eingeholt werden. Das heißt, das "Reisebüro" hat sich erkundigt, ob wir überhaupt politisch tragbar sind für eine Reise nach Albena. Dann war in jeder Reisegruppe, einer von der "Sicherheit", der aufpasste. Denn viele nutzten in Bulgarien die Gelegenheit zur Flucht. Man konnte sich Anfang der 70er-Jahre dort einen westdeutschen Pass kaufen und ging dann auf ein Ausflugsschiff nach Istanbul. Und da sind sehr viele sehr sicher weggekommen, weil die Pässe tatsächlich so gut gefälscht waren, dass die Behörden nichts bemerkt haben. Nur, wenn man dabei erwischt worden wäre, dann wäre man in Bautzen gelandet. Daran hatten wir aber kein Interesse.

DDR-Bürger in der Minderheit am "Goldstrand"

Bulgarien
Hotelanlage in Bulgarien Bildrechte: Conrad Weigert

Wir flogen ja damals von Berlin-Schönefeld ab. Und da wurden wir in Berlin in Gruppen zusammengestellt. Die Leute kamen ja aus allen Richtungen. 30, 40 Personen umfasste eine Reisegruppe. Wir hatten Verpflegungscoupons und 32 Lewa Taschengeld pro Person. Damit konnte man natürlich keine großen Sprünge machen. Aber es waren hier viele Westdeutsche, wir haben viele Beziehungen geknüpft und haben dadurch ziemlich viel gutgemacht - wir wurden eingeladen und bekamen dies und jenes geschenkt.

Wir aus der DDR waren immer die Minderheit am "Goldstrand". Die meisten Urlauber kamen aus Westeuropa – Holländer, Schweden, Engländer und natürlich Westdeutsche. War ja auch spottbillig für sie: "Neckermann" warf die Bulgarienreisen für 400 Westmark auf den Markt – wir mussten 2.500 "Ost" dafür bezahlen.

Verbotene Literatur im Reisegepäck

Einmal hatte ich von einem Westdeutschen in Albena zwei Olympiabücher geschenkt bekommen. Bei der Zollkontrolle in Berlin wurden die bei mir im Koffer gefunden. Und da trat ein Gremium von fünf Grenzoffizieren zusammen und hat sich beraten, ob ich die Bücher mit nach Hause nehmen darf. Am Ende sagten sie: "In Ordnung." Die DDR war ja immer sehr erfolgreich bei den "Olympischen Spielen", und wenn man die Bücher aufschlug, da waren ja fast nur DDR-Erfolge drin ... Bei einer jungen Frau aber hatten sie einen Liebesroman gefunden, so ein Groschenheft, das wurde eingezogen und der Frau mitgeteilt, dass sie sich nie wieder um eine Bulgarienreise beim Reisebüro bemühen müsse, das hätte sich für sie erledigt.

(Der Text basiert auf einem Interview mit der Familie Tretbar, geführt im September 2000 in Albena.)