Bildung und Jugend DDR-Erziehung: Im Sinne der Ideologie
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12. November 2019, 15:43 Uhr
Kindern und Jugendlichen galt in der DDR besondere Aufmerksamkeit. Ziel dieser Fürsorge war allerdings, dass sich der Nachwuchs mit dem Staat identifizierte.
Mit dem Gesetz zur Demokratisierung der deutschen Schule von 1946 für die Länder der sowjetischen Besatzungszone wurden die Grundlagen für Struktur und Ziele des Bildungssystems der späteren DDR gelegt. Zwei weitere Gesetze regelten das Schulwesen inhaltlich und strukturell:
- das 1. Schulgesetz der DDR: Gesetz über die sozialistische Entwicklung des Schulwesens in der Deutschen Demokratischen Republik vom 2. Dezember 1959
- das 2. Schulgesetz der DDR: Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem vom 25. Februar 1965.
Erziehungsziel: die sozialistische Persönlichkeit
Der Name der beiden Gesetze verweist auf die wesentlichen Merkmale des Schul- und Bildungssystems in der DDR: Ziel war die Erziehung zur "allseitig und harmonisch entwickelten sozialistischen Persönlichkeit" (Schulgesetz von 1965). Kinder und Jugendliche sollten zu Mitgliedern der "sozialistischen Gesellschaft" erzogen werden und sich mit dem DDR-Staat identifizieren. Des Weiteren wurde eine enge Verzahnung von theoretischer und praktischer Ausbildung angestrebt. Eine enge Verbindung zur Arbeitswelt fand besonders im Polytechnischen Unterricht statt. In den Klassen 1 bis 4 bestand der polytechnische Unterricht aus Schulgarten und Werken. In der Oberstufe gab es spezielle Fächer wie "Produktive Arbeit" (PA), Technisches Zeichnen (TZ) und Einführung in die sozialistische Produktion, in denen die Schüler Einblicke in die Arbeitswelt bekamen. Massenorganisationen wie die Pionierorganisation "Ernst Thälmann" und die Freie Deutsche Jugend (FDJ) wirkten in Schule und Freizeit an der ideologischen Erziehung mit.
Institutionen, die diesem Bildungsauftrag verpflichtet waren:
- die Kinderkrippe, in der die Kinder bis zum 3. Lebensjahr betreut wurden
- der Kindergarten, den die Kinder vom 4. bis 6. Lebensjahr besuchten
- die allgemeinbildende Polytechnische Oberschule (POS) bis zur 10. Klasse
- die Erweiterte Oberschule (EOS), bestehend aus den Klassen 11 und 12, in welcher die Schülerinnen und Schüler das Abitur ablegen konnten
Bildung durch die Schule
Die in den Schulen vermittelte Bildung war einerseits stark naturwissenschaftlich-technisch ausgerichtet, andererseits zielte schulische Erziehung auf Engagement in Sinne des Gesellschaftssystems der DDR. Wehrerziehung, 1978 als Pflichtfach in den Klassen 9 und 10 eingeführt, propagierte militaristisches Denken. Die Jungen ab der 9. Klasse erhielten zudem in zweiwöchigen Wehrlagern eine paramilitärische Ausbildung, während die Mädchen in Zivilverteidigung, also in Erster Hilfe und Evakuierungsmaßnahmen, ausgebildet wurden. Für den Zugang zur EOS und Universität waren neben fachlicher Leistung auch politische Loyalität und die Herkunft aus der "Arbeiterklasse" von Vorteil.
Erziehung in Jugendorganisationen
Außer der Schule trugen Massenorganisationen wie die Pionierorganisation und die FDJ dazu bei, die Kinder und Jugendlichen mit Ritualen, Fahnenappellen, Liedern und Lagern zu einem Mitglied des "sozialistischen Kollektivs" zu erziehen. Die Jugendlichen sollten "bürgerlichem Individualismus" abschwören und sich der "Freundschaft mit der Sowjetunion" verpflichtet fühlen. Auch an den Universitäten wurden Studieninhalte, Studienablauf und Forschungsbedingungen im Sinne der kommunistischen Ideologie der DDR ausgerichtet.
Das Kinder- und Jugendfernsehen
Das DDR-Fernsehen war auch ein Instrument der politischen Erziehung der Bürger. Das Kinderfernsehen, seit 1954 fester Bestandteil des Programms, war jedoch weniger geprägt vom politischen Einfluss. Neben Sendungen, die der Unterhaltung und Information dienten, gab es auch Wettkampfsendungen wie die Kinderspieleshows "GIX-GAX" und "Mach mit, mach's nach, mach's besser". Sie sollten Leistungs- und Einsatzbereitschaft für das Kollektiv wecken, bei "Mach mit" stand vor allem der olympische Gedanke im Vordergrund. Im Unterschied zum Kinderfernsehen hatte das Jugendfernsehen einen deutlich politischeren Auftrag. Allerdings zeigte sich, dass die Jugendlichen eher Interesse an Westfernsehen hatten als an politischer Erziehung durch das DDR-Fernsehen, so dass die Angebote eher Ratgebercharakter hatten.
Pionierorganisation "Ernst Thälmann" Massenorganisation für Kinder, benannt nach dem ermordeten KPD-Vorsitzenden Ernst Thälmann. Schüler der 1. bis 3. Klasse waren Jungpioniere und Schüler von der 4. bis zur 7. Klasse Thälmannpioniere. Die Pioniere sollten zu Mitgliedern der sozialistischen Gesellschaft im Sinne der SED erzogen werden. Kennzeichen: weiße Pionierbluse und blaues Halstuch für Jungpioniere und rotes Halstuch für Thälmannpioniere. Der Gruß der Pioniere lautete "Seid bereit! Immer bereit!"
FDJ Abkürzung für Freie Deutsche Jugend, Massenorganisation für Jugendliche ab der 8. Klasse. Die Staatspartei SED verstand die FDJ als ihre "Helfer und Kampfreserve". Kennzeichen: blaues FDJ-Hemd mit FDJ-Emblem der aufgehenden Sonne am Ärmel. Der Gruß der FDJ lautete "Freundschaft!"
Über dieses Thema berichtet der MDR im TV in "Was wurde aus der Volksbildung?" 12.11.2019 | 22:05 Uhr