Kolumne: Das Altpapier am 24. Februar 2025 Letzte Hoffnung: Hoffnung
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24. Februar 2025, 10:37 Uhr
Nach der Bundestagswahl könnte man sich guten Gewissens unter der Bettdecke verkriechen. Oder, Gegenvorschlag: man lässt es lieber. Mit einer Einschränkung: Bei der "Berliner Runde" am Wahlabend wäre man unter der Bettdecke vermutlich besser aufgehoben gewesen. Heute kommentiert Ben Kutz die aktuelle Medienberichterstattung.
Inhalt des Artikels:
- Höchste Zeit für Zuversicht
- Elefantenrunde: Not-Moderator Habeck
- TV-Runden zur Wahl: Viel Glück beim nächsten Mal
- Soziale Netzwerke: Booster für rechte Parteien
- Altpapierkorb (Anti-Musk-Böhmi in der NYT | Fake News made in Russia | Günter-Wallraff-Interview | Döpfner-Schleimereien | USA: AP-Posse geht weiter | Stellenabbau bei P7S1?)
Das Altpapier "Das Altpapier" ist eine tagesaktuelle Kolumne. Die Autorinnen und Autoren kommentieren und bewerten aus ihrer Sicht die aktuellen medienjournalistischen Themen.
Höchste Zeit für Zuversicht
"Ja, knapp über 20% für die AfD sind ein schlimmes Ergebnis. Dennoch: 80% der Wählenden haben dem Faschismus dieser Partei keine Stimme gegeben. Im europäischen Vergleich ist das ein hoher Wert - und das trotz eines von rechtsaußen dominierten Migrationswahlkampfs. Sollte man nicht ganz vergessen."
Ich mag den Ansatz von ARD-Journalist Georg Restle bei Bluesky wahnsinnig gern. So gern, dass er nach einem denkwürdigen Tag das Altpapier aufmachen soll.
Klar gäbe es genug Gründe, jetzt in eine Schlimm-Schlimm-Haltung zu verfallen. Weil "die Mitte so schwach geworden ist, dass kleine Koalitionen [also mit weniger als zwei Parteien] schwierig werden", wie Jörg Schönenborn gestern im "Tagesthemen extra" konstatiert hat. Weil es in meiner thüringischen Heimat (und im restlichen Osten) kaum Wahlkreise gibt, die nicht blau sind. Weil es nunmal gestern das "höchste[...] Ergebnis für extrem Rechte seit 1945" gab, wie die "taz" richtig feststellt.
Aber was soll das bringen? Jetzt in eine Schockstarre zu verfallen, wäre das Falscheste, was uns passieren könnte. Zumal wir Menschen im Allgemeinen und die Medien im Besonderen eh dazu neigen, das Negative in den Vordergrund zu stellen. Aber kann man ja auch einfach mal anders machen.
Auch wenn es sich nicht so anfühlen mag: Eine überwältigende Mehrheit in Deutschland hat demokratische Parteien gewählt. Eine Tatsache, von der viele andere europäische Länder tatsächlich nur träumen können.
Das heißt nicht, dass die Holocaust-Überlebende Charlotte Knobloch nicht Recht hat, wenn sie sagt, Deutschland sei "ab heute ein anderes Land". Das heißt nicht, dass es uns nicht alle krank vor Sorge machen sollte, "dass Angst wieder zum Alltag jüdischer Menschen in Deutschland gehört", wie Knobloch sagt. Und leider auch nicht, dass 20 Prozent für die AfD an dieser etwas ändern werden. Wohl eher im Gegenteil.
Doch Knobloch sagt gestern kurz nach der Wahl noch mehr kluge Sachen: "Es geht jetzt um alles: um unsere Demokratie", zum Beispiel. Und: "Die Verantwortung für die demokratischen Parteien war nie größer."
Ich würde diese Verantwortung gern ausweiten: Auf die Schülerunion und Fridays for Future, auf den deutschen Jagdverband und die Peta, auf Opern-Jahreskartenbesitzer und den Dschungelcamp-Fanclub, auf die "FAZ"-Verlegerrunde und die "taz"-Genossenschaftsversammlung, sprich: auf uns alle.
Denn trotz aller Angst und Bitterkeit steckt in den Sätzen von Knobloch eben auch: Zuversicht. Dass es noch nicht zu spät ist. Stimmt ja auch. Wenn jetzt alle mit anpacken. Und das geht mit Hoffnung viel besser als mit Resignation.
Elefantenrunde: Not-Moderator Habeck
Aber selbst meine Hoffnung war gestern Abend um 20.15 Uhr dann doch aufgebraucht. Zumindest im Bezug darauf, dass ARD und ZDF aus der unterm Strich gravierenden Kritik an all den Vor-Wahl-Duellen (siehe weiter unten) irgendwas gelernt hätten. Tzja, Pustekuchen. Die Elefantenrunde mit allen Spitzenkandidatinnen und -kandidaten, die gestern zur besten Sendezeit im Ersten und Zweiten lief, war eine mittlere Katastrophe.
Oder in den Worten von Stefan Niggemeier bei Bluesky:
"Ich hab das Gefühl, dass nicht einmal die Moderatoren selbst noch wissen, warum sie diese #BerlinerRunde veranstalten. Geschweige denn die Parteivertreter."
Vorm Verriss noch ein halbherziger Versuch der Ehrenrettung: Zwei Stunden nach Schließung der Wahllokale war die Situation so unübersichtlich wie schon lange nicht mehr nach einer Wahl. Sowohl die FDP als auch das BSW haben knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gekratzt.
Mittlerweile steht zwar fest: Beide haben’s nicht geschafft. Die FDP doch gar nicht so knapp (4,3 Prozent), das BSW verdammt knapp (4,972 Prozent). Aber das vorläufige amtliche Endergebnis kam erst heute morgen um halb 5. Gestern um 20.15 Uhr war noch alles drin.
Jede Konstellation (FDP drin oder draußen, BSW drin oder draußen) hätte völlig neue Koalitionsmöglichkeiten bedeutet. Die FDP tanzte auf dem schmalen Grad zwischen erneuter Regierungsbeteiligung und dem Parlamentsaus. (Noch-Parteichef Lindner hat aber vorsichtshalber schon mal eine bemerkenswert gefasste und nicht weniger selbstgefällige Abschiedsrede gehalten für den Fall, dass die FDP nicht ins Parlament kommt. Am späteren Abend hat er das bestätigt.)
Wenn es das BSW reingeschafft hätte, die FDP aber nicht, wäre als einzige Regierungskoalition wohl ein Bündnis aus Union, SPD und Grünen übriggeblieben. Da über potentielle Koalitionen zu reden: fast unmöglich.
Aber, Ehrenrettung Ende: Warum versucht man es dann trotzdem? Klar, weil die Bürgerinnen und Bürger möglichst schnell wissen wollen, was Phase ist. Total legitim. Aber es ist weniger legitim, auf Biegen und Brechen zu versuchen, dieses Informationsbedürfnis zu befriedigen. (Das Thema hatten wir hier sehr ähnlich und ganz anders neulich schon.)
Das bringt mich in die unangenehme Situation, dass ich Markus Söder zustimmen muss. Irgendwann sagt er entnervt: "Der heutige Abend krankt daran, dass wir das Ergebnis noch nicht kennen und deswegen nicht vernünftig reden können." Doch er krankt nicht nur daran.
Das Moderations-Duo hat es leider über weite Teile der Sendung versäumt, das Gespräch konstruktiv zu leiten. So lange, bis sich Robert Habeck bemüßigt sah, ersatzweise moderativ tätig zu werden.
"Am Ende muss Habeck live in der Elefantenrunde Weidels Russlandbullshit widersprechen, weil es sonst niemand tut", schreibt der Journalist Friedemann Karig bei Bluesky. "Da schauen ja Leute zu, das kann man nicht so stehen lassen", sagt der Vizekanzler und nimmt tatsächlich eine dringend notwendige Einordnung vor.
Ebenso ist es den Moderatoren nicht gelungen, auch nur ansatzweise die ganze Runde in die Diskussion einzubinden. Mitutenlang führten sie durch einen Dialog zwischen Merz und Scholz. "In der Berliner Runde wurde Jan van Aken (ergo Die Linke) in der gesamten Sendung nur ein einziges Mal etwas gefragt", schreibt der Journalist Martin Fehrensen bei Bluesky.
Wir reden hier übrigens von der einzigen (dafür: riesigen) Überraschung der Wahl. Die Linke, die vor acht Wochen noch sehr real um den Einzug ins Parlament gebangt hat, verdoppelt ihr Ergebnis fast und zieht voraussichtlich mit sechs (!) Direktmandaten in den Bundestag ein ("Freitag"). Sowas finden Journalisten doch normalerweise spannend. Aber das Gesicht dieser Reinkarnation bekommt während einer Stunde Sendezeit genau eine Frage.
Und auch diesmal war es streng genommen der selbsternannte Not-Moderator Habeck, der die Frage eingerührt hat. "Ich weiß nicht, ob du dazu was sagen willst", sagt Habeck zu van Aken, als er über die Lockerung der Schuldenbremse für Aufrüstung und den wahrscheinlichen Widerstand der Linken spricht. Daraufhin gibt das Moderations-Duo genau diese Frage dann doch noch gönnerhaft an den Linkenchef weiter.
Arrgghh.
TV-Runden zur Wahl: Viel Glück beim nächsten Mal
Schon das ganze Wochenende war die gestrige Wahl – logisch – dominierendes Medienthema. Bietet sich ja auch an, in Vorbereitung auf den Urnengang schon mal ein erstes Fazit dieses maximal komprimierten Kurzwahlkampfs zu ziehen.
Und darauf zu blicken, wie wir Journalistinnen und Journalisten mit der Ausnahmesituation umgegangen sind.
"epd Medien" hat eine ausführliche Analyse über die Performance der zahlreichen TV-Debatten im Vorfeld der Wahl (Altpapier) veröffentlicht. "Für viele Zuschauer dürfte bei diesem Marathon [...] inhaltlich einiges auf der Strecke geblieben sein", (Altpapier) schreibt Christopher Hechler.
Kritik übt der Autor unter anderem an der Performance der Moderatorinnen und Moderatoren. "Beim Duell zwischen Scholz und Merz im Ersten und dem ZDF machten aber [...] Maybrit Illner und Sandra Maischberger nicht immer eine gute Figur", schreibt er. Für ihn fehlte bei Fragen wie "Hat die Ampel die Menschen ärmer gemacht?" und "Wie viel wollen Sie beim Bürgergeld sparen?" die Einordnung:
"Die Fragen so simpel zu gestalten, dass sie auch vom Stammtisch abgelauscht sein könnten, führt ins Leere. Erkenntnis kann sich so nicht einstellen. Was im TV-Duell bei ARD und ZDF zu hören war, war in den Talkshows beider Sender bereits vielfach debattiert und mit denselben Argumenten begründet worden."
DLF-Journalist Johannes Kuhn kritisiert bei "@mediasres", dass beispielsweise die Migrationsdebatte von Scholz und Merz "auf einer sehr juristischen Ebene" geführt worden sei, "sehr abstrakt, sehr in den Details". Er habe oft das Gefühl gehabt, in den Debatten fehle ein Lebensbezug.
Lob hingegen gab es für die Townhall-Formate "Kartext!" im ZDF und "Wahlarena" im Ersten, bei denen Bürgerinnen und Bürger ihre Fragen an das politische Spitzenpersonal stellen konnten. "Das fand ich sehr gewinnbringend", sagt er, bevor er zur Schelte ausholt:
"Da ist auch teilweise mehr Komplexität gewagt worden als in den journalistischen Formaten, den klassischen."
Das lobt auch "epd Medien"-Autor Hechler: Dort sei "zumindest in Teilen" gelungen, "was sich Journalisten und Talkshowmaster zum Ziel gesetzt hatten: die unaufgeregte Entzauberung der AfD." Gefolgt von einem großen "aber": Denn das führe unweigerlich auch zu einer "kritikwürdigen Normalisierung" der Partei, schreibt er weiter.
Darüber moniert sich auch "Bildblog"-6vor9-Autor Lorenz Meyer bei Bluesky:
"Wenn die AfD morgen vielleicht ihr Wahlergebnis von 2021 verdoppelt hat [Edit: w.z.b.w.…], dann ist das auch eine Folge der jahrelangen Normalisierung durch eure TV-Talkshows, die Rechtsradikalismus unter dem Banner der 'Ausgewogenheit' salonfähig gemacht haben."
Kritik an den zahlreichen Wahlrunden gibt’s auch von Peer Schader. "Hart aber leer: Das Wahlkampf-Fernsehen in der Reformstau-Falle" titelt er bei "DWDL". Er wünscht sich "eine Renovierung des Politikfernsehens":
"Auch Sendungen, die konkrete Szenarien entwickeln, wie Deutschland 2030 aussehen soll, sind denkbar – nicht als Utopie oder Dystopie, sondern als Mut machender Annäherungsversuch. Mit Menschen, die heute schon in dieser Zukunft leben. Oder Formate, in denen Bürger:innen eigene Lösungsvorschläge präsentieren und Politiker:innen dazu Stellung nehmen – statt andersherum."
In diesem Sinne: Viel Glück beim nächsten Mal!
Soziale Netzwerke: Booster für rechte Parteien
Nicht nur in den klassischen Medien und im Fernsehen mussten die Wählerinnen und Wähler eine Dauerbeschallung ertragen. Auch im Internet und in den Sozialen Netzwerken gab es kein Entkommen. "MDR aktuell" spricht vom "digitalsten Wahlkampf, den Deutschland bisher gesehen haben dürfte".
Ein Beleg dafür: Noch nie sei so viel Geld in Onlinewahlkampf gesteckt worden wie in diesem Jahr, zitiert der MDR den Politikberater Martin Fuchs. Konkrete Zahlen – zumindest für die Plattformen Facebook und Instagram – hat unter anderem der "Spiegel".
Demnach haben die Grünen dort mit Abstand am meisten Geld investiert: Allein zwischen dem 20. Januar und dem 18. Feburar über 1,2 Millionen Euro. Auf Platz zwei liegt die CDU mit nicht einmal halb so viel. Die AfD bildet das Schlusslicht der Grafik, keine 50.000 Euro sind an Zuckerberg geflossen.
Dass der Wahlkampf auf TikTok, Instagram und Co. alles andere unproblematisch abgelaufen ist, verwundert wohl die Wenigsten. Ein Grund dafür sind die Algorithmen der Plattformen, sagt Politikberater Martin Fuchs im MDR:
"Es gibt eine Wesensverwandtschaft der Algorithmen der großen Plattformen und vom Populismus. Das heißt: Etwas, das polarisiert, das zuspitzt, das hochemotional aufbereitet ist, kommt viel, viel besser an."
Über eine weitere sehr problematische Entwicklung berichtet unter anderem netzpolitik.org. Unter der Überschrift "TikTok und X pushen rechte Parteien" berichtet das Portal über zwei unterschiedliche Studien. Sie belegen, dass die Sozialen Netzwerke politisch keineswegs neutral sind.
Markus Reuter zitiert im Artikel auch die Wissenschaftlerin Ellen Judson, die an einer der Studien mitgearbeitet hat. Sie hält das Pushen rechter Inhalte "nicht unbedingt für Absicht". Auch sie spielt auf die Rolle der Algorithmen an. „Es besteht ein Konflikt zwischen kommerziellen Erfordernissen und öffentlichem Interesse und demokratischen Zielen", sagt sie.
Deutlicher wird zdf.de. Der Sender hat bei einem Dubliner Forscherteam die andere Studie beauftragt, über die netzpolitik.org berichtet. In einem "heute"-Artikel heißt es dazu:
"Elon Musk setzte sich einst hehre Ziele: Seine Plattform müsse politisch neutral sein, um das Vertrauen der Nutzer zu gewinnen. Meinungsbildung ohne Verzerrung, angeblich ganz anders als in der Presse und dazu transparent für jeden Nutzer. X, so der Slogan, sei der ‘Dorfplatz der Welt’. Die Ergebnisse unseres Versuchs zeigen etwas anderes."
Altpapierkorb (Anti-Musk-Böhmi in der NYT | Fake News made in Russia | Günter-Wallraff-Interview | Döpfner-Schleimereien | USA: AP-Posse geht weiter | Stellenabbau bei P7S1?)
+++ Wichtiges Medienthema war am Wochenende auch der Video-Kommentar, den Jan Böhmermann bei der "New York Times" veröffentlicht hat. Das Stück kann als direkte Replik auf das AfD-Gekuschel gesehen werden, das Elon Musk Ende letzten Jahres bei der "Welt am Sonntag" verbreiten durfte (Altpapier). In dem Video erklärt Böhmermann dem US-Publikum die AfD. Und warum es eben mindestens, ähm, fragwürdig ist, wenn Elon Musk in X-Livestreams mit Spitzenkandidatin Alice Weidel flirtet.
Lob gibt’s vom "Spiegel": "Böhmermann, das ist sein Coup, zeigt: Nicht nur Rechtsextreme beherrschen die Kulturtechnik des taktischen Gastbeitrags. Er spielt den Ball zurück über den Atlantik. Soll noch einer sagen, die Deutschen hätten keinen Humor." (Dass Ulf Poschardt in der "Welt" noch keinen vernichtenden Kommentar über das Video geschrieben hat, halte ich übrigens für ein mittelgroßes Wunder, dem ich noch keine zeitlich uneingeschränkte Gültigkeit attestieren würde.)
+++ Neben vielen anderen berichtet t-online.de darüber, wie Russland mutmaßlich durch Fake-News-Kamgagnen versucht hat, den deutschen Wahlkampf zu beeinflussen. Das Innenministerium spricht gegenüber dem Portal von "vielfältige[n] Versuche[n] gezielter ausländischer Einflussnahme auf den demokratischen Meinungs- und Willensbildungsprozess in Deutschland". "T-Online" liefert eine viel zu lange Liste von Videos, die alle Desinformation verbreiten sollen. Für besondere Aufmerksamkeit haben mehrere Videos über angeblich gefälschte Stimmzettel in Leipzig gesorgt. Weitere Hintergründe hat mdr.de.
+++ Auch das Verdi-Medienmagazin "Menschen Machen Medien" hat sich mit dem Thema beschäftigt und ein Interview mit Investigativ-Reporter Günter Wallraff geführt. "Das, was uns zurzeit überrollt und versucht, eine echte Diskussion zu ersticken, wird immer mächtiger", sagt er unter anderem. Und: "Es gibt zwischen gemäßigten, demokratischen und extremistischen Kräften im digitalen Raum im Moment keine Waffengleichheit."
+++ Nach der Rede von US-Vizepräsident J.D. Vance bei der Münchner Sicherheitskonferenz gab es viel Kritik. Unter anderem für seinen Satz: "Es gibt keinen Platz für Brandmauern." Der Vorwurf: Vance würde sich damit in den deutschen Wahlkampf einmischen. Doch auch US-Vizepräsidenten brauchen gute Freunde. Springer-CEO Mathias Döpfner zum Beispiel. Er bezeichnet es in einem Podcast als "wirklich dumm", Vance eine Einmischung in die deutsche Politik vorzuwerfen, schreibt "Kress". Stattdessen bezeichnet er die Ansprache als "inspirierend", als "historische Rede".
Nicht, dass es verwundern würde, wäre Döpfner tatsächlich ein Vance-Fanboy. Ist er wahrscheinlich sogar. Aber es ist nicht abwegig, dass ein weiteres Motiv hinter der Obrigkeits-Schleimerei Döpfners wirtschaftlichen Interessen sind. Denn seit einigen Jahren ist Springer durch den Kauf von Politico auch auf dem US-amerikanischen Markt präsent. Damit wäre der Springer-Chef jedenfalls nicht der Erste (Altpapier), der hofft, durch einen Loyalitätsbeweis aus der unberechenbaren Schusslinie von US-Präsident Donald Trump zu kommen. "Wer die Kröten der Trump-Regierung schluckt, darf darauf hoffen, in den Kreis der Günstlinge bei Hofe aufgenommen zu werden", kommentiert auch Michael Hanfeld in der "FAZ".
+++ Weiteres USA-Thema: Die Posse um den Ausschluss der Nachrichtenagentur AP aus dem Weißen Haus, weil sie den Golf von Mexiko Golf von Mexiko nennt (Altpapier), geht munter weiter. Heutige Lektion: Weißes-Haus-Sprecher erklären, was sie unter professioneller Pressearbeit verstehen: "Sie leiden eindeutig an einem schweren, lähmenden Fall des Trump-Derangement-Syndroms, das ihre erdnussgroßen Gehirne verrotten lässt. Wir werden sie vor Gericht besiegen, so wie wir ihre linken Reporter an der Wahlurne vernichtet haben", zitiert unter anderem "Politico" den Sprecher Steven Cheung.
+++ Über einen möglichen Stellenabbau bei ProSiebenSat.1 berichtet unter anderem "DWDL". "Grob 500 Stellen" könnte die Sendergruppe auf Druck des italienischen Mehrheitseigeners Media for Europe (MFE) bald vor die Tür setzen. Schon vor zwei Jahren hat ProSiebenSat.1 400 Stellen abgebaut.
Das Altpapier am Dienstag schreibt Christian Bartels.