Kolumne: Das Altpapier am 13. Februar 2025: Porträt des Altpapier-Autoren Ralf Heimann 6 min
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Der Staatsstreich in den USA geht weiter. Jetzt stellt die US-Regierung die Pressefreiheit in Frage. Was können Medien tun?

Do 13.02.2025 14:23Uhr 05:55 min

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Kolumne: Das Altpapier am 13. Februar 2025 Das Ende der freien Presse

13. Februar 2025, 12:09 Uhr

Der Staatsstreich in den USA geht weiter. Jetzt stellt die US-Regierung die Pressefreiheit in Frage. Was können Medien tun? Heute kommentiert Ralf Heimann die Medienberichterstattung.

Porträt des Altpapier Autoren Ralf Heimann
Bildrechte: MDR MEDIEN360G

Das Altpapier "Das Altpapier" ist eine tagesaktuelle Kolumne. Die Autorinnen und Autoren kommentieren und bewerten aus ihrer Sicht die aktuellen medienjournalistischen Themen.

Trump schreibt Geschichte – um

Weil die Nachrichtenagentur AP gerne weiterhin "Golf von Mexiko" sagen möchte, hat das Weiße Haus sie von mehreren Veranstaltungen ausgeschlossen, berichtet die Agentur selbst. Falls die Sache mit der Umbenennung an Ihnen vorbeigegangen ist: Donald Trump hat per Dekret angeordnet, dem Meeresbecken einen neuen Namen zu geben. Make America great again. Sie wissen schon. Trump hatte auch dem Denali-Berg seinen indigenen Namen genommen, den Barack Obama erst vor zehn Jahren wieder auf die Landkarten hatte schreiben lassen. In diesem Fall war das kein Problem, denn der Berg liegt im Landesinneren. Im anderen Fall hatte Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum geantwortet, dann könne der Süden der USA doch auch wieder "America Mexicana" heißen.

Das alles klingt eher nach einer Posse als nach Politik. Aber nur auf den ersten Blick, denn in Wirklichkeit geht es hier um Sprache und damit darum, die Wahrnehmung der Wirklichkeit zu beeinflussen, also um Macht. Die Sprache war hier gestern schon Thema, als die "Tagesschau" Trumps Wortwahl übernommen und gemeldet hatte, der US-Präsident wolle den Gaza-Streifen "unter Kontrolle bringen".

Im Fall des Golfs von Mexiko formuliert AP-Chefredakteurin Julie Pace in ihrem Statement selbst, um was es hier eigentlich geht:

"Es ist alarmierend, dass die Trump-Administration AP für seinen unabhängigen Journalismus bestrafen will. Unseren Zugang zum Oval Office aufgrund des Inhalts von APs Rede zu beschränken, behindert nicht nur den Zugang der Öffentlichkeit zu unabhängigen Nachrichten, sondern verstößt auch eindeutig gegen den ersten Verfassungszusatz."

Mika Beuster, Vorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbandes, kommentiert laut dem Branchendienst "kress":

"So schnell kann es gehen, dass demokratische Grundwerte wie die Unabhängigkeit des Journalismus von demokratiefeindlichen Politikern untergraben werden."

Das alles kennt man schon in anderen Variationen aus Trumps erster Amtszeit, als man dem CNN-Reporter Jim Acosta nach einer kritischen Frage das Mikrofon wegnahm. Daran erinnert die "Tagesschau" nun. Aber es hat doch eine neue Qualität. Bei Acosta waren es noch kritische Fragen. Jetzt reicht es schon aus, bestimmte Formulierungen nicht zu übernehmen.

Ist das jetzt Orwell?

Andrian Kreye verweist im Feuilleton der "Süddeutschen Zeitung" in diesem Zusammenhang auf die abgenudeldste aller Metaphern:

"Das Wort des Präsidenten gilt. Buchstäblich und absolut. Nun ist George Orwells Roman '1984' zwar die abgenudeltste aller Metaphern für eine moderne Diktatur. Aber in dem Buch steht es halt deutlicher drin als in der gesamten akademischen Literatur. In Orwells dystopischem England der (vom Veröffentlichungsdatum 1949 aus gesehenen) Zukunft gibt es das 'Neusprech', eine staatlich verordnete Sprache, die die Menschen zunächst dazu zwingen soll, im Sinne des Regimes zu denken – und langfristig gar nicht mehr."

"Trumps Neusprech" ist auch die Überschrift von Majid Sattars Bericht über den AP-Ausschluss in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Und natürlich, etwas wird umbenannt, gleich denkt man an George Orwell. Das könnte auch schon die Folge der nachlassenden Fähigkeit zum Denken sein. Hier wird die Orwell-Parallele aber auch an anderen Stellen deutlich.

Andrian Kreye:

"Neusprech dient (…) auch zur Ausgrenzung der Feinde. Als Trump die Umbenennung des Golfs bei seiner Amtseinweihung verkündete, lachte seine frühere Wahlkampfgegnerin Hillary Clinton laut auf und lief ihm so direkt in die Falle. Da verkörperte sie in Sekundenbruchteilen genau jene Elite, die Trump vorgibt zu bekämpfen. Den Begriff hat er – zumindest für seine Anhängerschaft – auch schon erfolgreich umgedeutet. War 'Elite' zuvor noch ein Begriff für das oberste Einkommensprozent, sind es heute die Gebildeten, Intellektuellen und Kulturschaffenden, denen er die Entfremdung von Volk und Bürgern vorwirft."

So tritt immer wieder ein Effekt ein, für den Kreye ein Beispiel aus Trumps zweitem Wahlkampf nennt. Kamala Harris hatte zu ihren Wirtschaftsplänen ein 80-seitiges Konzept veröffentlicht und das ausführlich erklärt.

"Trump reduzierte das Thema auf den Satz: 'Sie haben’s kaputt gemacht, wir reparieren es wieder'",

schreibt Kreye. Das beschreibt keinen 80-seitigen Wirtschaftsplan. Es beschreibt ein Gefühl. Und auf den ersten Blick mag es einem einfach, unterkomplex, vielleicht sogar etwas dümmlich erscheinen. Auf den zweiten bringt es genau das auf den Punkt, was Menschen denken, die sich nicht mit Politik beschäftigen und sich von der Sprache, die man aus Politik und Nachrichten kennt, ausgeschlossen fühlen.

Identitätspolitik rückwärts

Mit der Machtübernahme geht es mit den Umdeutungen nun weiter. Die neue Regierung hat laut "New York Times" über 8.000 Regierungsseiten gelöscht. Auch darum ging es hier schon.

Ein vorletztes Mal Kreye:

"Im Rahmen des Abbaus der DEI-Programme für Vielfältigkeit, Inklusion und Gleichberechtigung kam eine Liste von Wörtern und Begriffen in Umlauf, die nun verdächtig sind. Aktivismus ist so ein Wort, divers, diskriminiert, Geschlecht, LGBTQ, Trauma, Vorurteil und der Plural von Frau."

An dieser Stelle wird klar, dass dies kein Ende der Identitätspolitik ist, sondern einfach Identitätspolitik in eine andere Richtung. Und es wird deutlich, dass die Ablehnung einer geschlechtergerechten Sprache auf der rechten Seite des politischen Spektrums nichts damit zu tun hat, dass man Formulierungen für Nebensächlichkeiten hält. Im Gegenteil. Man möchte diese Form der Macht einfach nicht abgeben. Sonst könnte man ja auch einfach sagen: Es bleibt beim Golf von Mexiko. Der Golf von Amerika ist mitgemeint.

Kreye zitiert dann noch aus dem Grundlagenwerk des Psychiaters Robert Jay Lifton aus dem Jahr 1961, dessen Titel ist: "Thought Reform and the Psychology of Totalism". Lifton schreibt dort:

"Für eine einzelne Person lässt sich die Wirkung der Sprache des ideologischen Totalitarismus in einem Wort zusammenfassen: Einengung. Er ist sozusagen sprachlich entmächtigt; und da Sprache für alle menschlichen Erfahrungen so zentral ist, sind seine Denk- und Gefühlsfähigkeiten immens eingeschränkt."

Ein klassisches Muster bei dieser Art der Manipulation ist die Umkehrung von Tatsachen. Ein Beispiel dafür findet man ganz aktuell im Falle des ausgeschlossenen AP-Reporters, der inzwischen zum zweiten Mal in Folge nicht an einer Veranstaltung teilnehmen durfte, wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet, hier bei "T-Online". Dort heißt es:

"Auf die wiederholte Einschränkung angesprochen, sagte die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, die Trump-Regierung wolle sich vor den 'Lügen’ der Medien schützen. 'Wir behalten uns das Recht vor, zu entscheiden, wer ins Oval Office darf', führte Leavitt am Mittwoch vor Journalisten aus. Dem US-Präsidenten Fragen zu stellen, sei als 'Einladung' zu verstehen und nicht als Recht. 'Wenn wir das Gefühl haben, dass in diesem Raum Lügen verbreitet werden, werden wir dagegen vorgehen'", sagte Leavitt weiter.

Allein über diese kurze Passage könnte man einen ganzen Text schreiben. Zum einen über das Verständnis von Wahrheit, zum anderen aber auch über das Verständnis von Demokratie.

Wahrheit ist in diesem Fall etwas, das von der politischen Führung festgelegt wird. Wer vor der Aufklärung eingeschlafen und erst jetzt wieder aufgewacht ist, wird keinen historischen Bruch wahrnehmen.

Und wenn das Zitat die Haltung der Trump-Regierung wiedergibt, wovon man ausgehen kann, muss man feststellen: Pressefreiheit gibt es in den USA nur noch mit Einschränkungen.

In demokratischen Staaten ist es nämlich gerade nicht so, wie Karoline Leavitt es hier erklärt, sondern genau umgekehrt. Der Staat ist verpflichtet, sich den Fragen der Medien zu stellen. Deswegen haben Behörden in Deutschland eine Auskunftspflicht. In Berlin ist es sogar so, dass Medien Politikerinnen und Politiker zur Bundespressekonferenz einladen.

Flood the zone with noch mehr shit

In den USA versucht die Regierung offensichtlich nicht nur die Kontrolle der Medien außer Kraft zu setzen, sondern auch die Gewaltenteilung. Gegen mehrere Dekrete von Donald Trump gibt es mittlerweile dutzende Klagen. Das berichtet unter anderem Fabian Fellmann für die "Süddeutsche Zeitung". Auch hier sieht man wieder die Umkehrung der Tatsachen.

US-Schattenpräsident Elon Musk nannte einen der ersten Richtersprüche dazu "absurd" und in Anlehnung an Trumps Markenphrase, man soll versuchen, "diesen miesen Juristen zu feuern". Es sei ein "Putschversuch" im Gang, "durch radikale linke Aktivisten", zitiert Fellmann.

Das ist wieder die "Flood the zone with shit"-Strategie. Wenn die eine Seite von einem Putsch spricht, spricht man selbst einfach auch von einem. Am Ende steht Aussage gegen Aussage. Wer hat Recht? Den Fakten kann man nicht mehr trauen? Also vertraut man dem Gefühl.

Donald Trump führt im selben Zusammenhang abermals vor, wie man Kontrollinstanzen rhetorisch ausschaltet. Man macht sie zur Partei. Trump sagt:

"Hochpolitische Richter wollen uns verlangsamen oder stoppen."

Zwischendurch kann man feststellen: Es passiert genau das, was vorhergesagt worden war – und nicht das, was jene gesagt hatten, die beschwichtigend auf die erste Amtszeit verwiesen und bemerkt hatten, da habe Trump die USA ja auch nicht zur Diktatur gemacht.

Der Historiker Manfred Berg geht im Interview mit Eckart Aretz für "Tagesschau.de" in seiner Einschätzung noch etwas weiter als der hier schon mehrfach zitierte (hier und hier) Timothy Snyder. Berg sagt:

"Es sind kleptokratische Tendenzen erkennbar und es zeigen sich Elemente einer illiberalen Demokratie. Wahrscheinlich werden Wahlen nicht abgeschafft werden, aber man kann Wahlsysteme so gestalten, und dafür gibt es in der amerikanischen Geschichte sehr viele Vorbilder, dass die Opposition kaum noch eine Chance hat. Und ansonsten kontrolliert man den Staatsapparat, möglichst auch noch die Medien."

Der nächste Schritt wird dann sein – und dass es dazu kommen wird, daran gibt es kaum Zweifel –, dass Trump Entscheidungen von Gerichten ignoriert oder nicht umsetzt.

Und was machen wir jetzt?

Bemerkenswert ist, wie das alles nicht ausschließlich in der Pose von absoluter Ernsthaftigkeit passiert, sondern flankiert von Elon Musks kruder Art von überheblichem Internethumor.

Im aktuellen Fall macht er sich – darauf verweist auch Fellmann in seinem Text – über die Medien-Mechanismen lustig, indem er den Namen seines "X"-Accounts ändert in "Harry Bölz" und später mit dem Kommentar "Ich hab sie dazu gebracht, meinen Namen zu sagen" ("Made them say my name") den Ausschnitt einer Nachrichtensendung postet, in dem die Moderatorin den neuen Namen ausspricht, was im Amerikanischen klingt wie: "Hairy balls", also "haarige Hoden".

Im Zusammenhang mit den Entscheidungen der Richter kommentierte er in dieser Woche:

"Judicial dicktatorship is wrong!"

Dictatorship mit "k", das muss man wahrscheinlich nicht erklären. Und wahrscheinlich auch nicht, dass das nicht nur ein Witz ist, sondern eine Machtdemonstration im Sinne von: Sie können nichts gegen uns machen.

Hier stellt sich nun wieder mal die Frage: Können Medien wirklich nichts machen?

Doch, natürlich. Denn wenn Sprache kein Machtinstrument wäre, könnten die Medien der US-Regierung egal sein. Und was können sie tun?

Medien können darüber nachdenken, ob die Praxis, über jede Provokation zu berichten, weil sie von der Regierung kommt, weiterhin beibehalten. Dazu ist es nötig, immer wieder auch in der Berichterstattung selbst, die eigene Rolle zu reflektieren. Sie können den Kontext herstellen, um Bedeutungen und Auswirkungen verständlich zu machen. Sie können Überreaktionen vermeiden, denn damit helfen sie vor allem dem Provokateur. Kurz gesagt: Sie können sachlich und faktenorientiert berichten, um deutlich zu machen: Wir sind eben keine Partei.


Altpapierkorb (Wahlkampf I, Wahlkampf II, Angriffe auf Medien, ARD/ZDF vs. Joyn, RBB, Jens Bernert vs. Stern, BR-Leak, Schawinksi vs. Somedia)

+++ Nach der gescheiterten Kampagne zu Robert Habecks Doktorarbeit geht es in der schmutzigen Phase des Wahlkampfs nun um den Fall Scholz. Kurz zusammengefasst: Der Bundeskanzler hat Berlins Kultursenator Joe Chialo – das hat Scholz eingeräumt – bei einer privaten Geburtstagsfeier als "Hofnarr" bezeichnet, wie unter anderem Stefan Reinecke für die "taz" nachzeichnet. Der Vorwurf lautet, das soll rassistisch gewesen sein. Aber war es das? Scholz sagte, die Bezeichnung habe sich auf Chialo als liberale Stimme in der CDU bezogen. Gegen "Focus.de" geht er nun rechtlich vor. Es gibt eine Pressemitteilung. Für uns interessant ist der Fall, weil er vorführt, wie die CDU nun dankend das strittige Framing übernimmt, um Scholz mit Rassismus in Verbindung zu bringen. Und das ist ein weiterer der vorhergesagten Punkte, an denen einzelnen Kandidaten, in dem Fall Friedrich Merz, auf die Füße fällt, was sie in der "ProSieben"-Sendung "15 Minuten" versprochen haben, nämlich einen fairen und anständigen Wahlkampf.

+++ Genau das, also eine nicht ganz saubere Art, Wahlkampf zu machen, ist auch die Kritik von Ex-Altpapier-Autor Matthias Dell in seiner Kolumne fürs Deutschlandfunk-Medienmagazin "@mediasres". Dort erklärt Dell, wie Merz auch im Fernsehduell den tödlichen Angriff in Aschaffenburg "filmreif" verwende, um seine gemeinsame Entscheidung mit der AfD im Bundestag emotional zu überhöhen und zu verkaufen. Dell: "Bei Filmen spricht man in solchen Fällen von Exploitation, also von Ausbeutung. Exploitation-Filme zeigen explizite Darstellungen von Gewalt und interessieren sich dabei nicht so sehr für die Leidtragenden dieser Gewalt, sondern für die starken Gefühle, die sich durch extreme Bilder auslösen lassen. Deswegen galten solche Filme in ihrer Blütezeit als Fall für schmuddelige Bahnhofskinos und wurden von Konservativen als problematischer Medienkonsum abgelehnt."

+++ Ein aktueller Bericht des EU-Projekts "Media Freedom Rapid Response" (MFRR) hat für das Jahr 2024 insgesamt 1.548 Angriffe auf 2.567 Medienschaffende in 35 europäischen Ländern dokumentiert, darunter 942 Verstöße in EU-Mitgliedstaaten, berichtet das Verdi-Medienmagazin "Menschen Machen Medien". Die häufigsten Angriffe waren verbale Drohungen, Einschränkungen der Pressearbeit und physische Übergriffe. In Deutschland stehen laut dem Bericht verbale Angriffe an erster Stelle. Man rechne damit, dass sich das in diesem Jahr so fortsetzt.

+++ Dass ARD und ZDF rechtliche Schritte gegen den Streamingdienst Joyn von "ProSiebenSat.1" eingeleitet haben, wie Helmut Hartung zuletzt schon kolportiert hatte (Altpapier), ist nun offiziell, meldet "epd Medien". Der Dienst hatte die öffentlich-rechtlichen Mediatheken ohne Zustimmung in sein Angebot eingebunden. ARD und ZDF halten das Vorgehen für unzulässig. Joyn verweist auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und behauptet das Gegenteil.

+++ Der RBB-Programmausschuss hat für den 17. Februar, also am Montag, eine Sondersitzung einberufen, um die fehlerhafte Berichterstattung über den Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar aufzuarbeiten (Altpapier), kündigt der Sender in einer Pressemeldung an. Zurzeit prüft eine externe Untersuchungskommission die Vorwürfe. Ziel der Sitzung sei es, offene Fragen zu klären und weitere Schritte abzustimmen.

+++ Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass der Blogger Jens Bernert einen "Stern"-Journalisten als "Nachrichtenfälscher" und "Fake-News-Produzenten" bezeichnen darf, schreibt Stefan Niggemeier für "Übermedien". Die Begründung: Es handle sich um eine zulässige Meinungsäußerung und nicht um eine Tatsachenbehauptung. Hintergrund ist die Berichterstattung über das syrische Mädchen Bana Alabed, das 2016 für ihre Tweets aus Aleppo weltweite Aufmerksamkeit bekam. Bernert hielt die Berichte für Propaganda und kritisierte die Medien, darunter den Stern, für unkritische Berichterstattung. Frühere Gerichte hatten ihm die Äußerungen untersagt. Bernerts Anwalt Markus Kompa sieht in dem Fall laut Niggemeier "die Ironie (…), dass nach Meinung des 'Stern' der Blogger nicht etwas über den 'Stern' behaupten darf, was er nicht belegen kann; andererseits verbreitete der 'Stern' Geschichten über ein siebenjähriges Mädchen, die er nicht belegen konnte."

+++ Ein geleakter Mitschnitt eines Interviews aus der BR-Sendung "Rundschau" vom Juli 2020 zeigt, dass Moderatorin Ursula Heller der damaligen bayerischen Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) vor dem Gespräch Formulierungstipps gegeben und sie beraten hat, wie sie sich "rausreden" könne, schreibt Lisa Kräher für "Übermedien". Konkret ging es um eine Frage zur Corona-Warn-App, die Huml im Interview positiv darstellen sollte. Kritische Nachfragen gab es nicht. Der Bayerische Rundfunk verteidigt die Moderatorin laut Kräher und betonte, dass das Interview im Kontext der damaligen Pandemie betrachtet werden müsse.

+++ Das oberste Schweizer Verwaltungsgericht hat dem Medienunternehmer Roger Schawinski die schon erteilte Sendelizenz für einen neuen Radiosender im Kanton Graubünden wegen eines Formfehlers (eine Redakteurin zu wenig in der Personalplanung) wieder entzogen, berichtet Thomas Wagner für das Deutschlandfunk-Medienmagazin "@mediasres". Die Lizenz geht jetzt an das Medienhaus Somedia in Chur, das im Südosten der Schweiz mehrere Zeitungen, Radio- und Fernsehsender betreibt. Schawinski spricht von einem "Skandal" und einem "Monopol". Somedia-Geschäftsführer Silvio Lebrument kann das nicht erkennen. Rechtliche Schritte gegen das Urteil seien nicht mehr möglich, berichtet Wagner.

Das Altpapier am Freitag schreibt René Martens.

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