Kolumne: Das Altpapier am 23. Oktober 2024: Porträt des Altpapier-Autoren René Martens 5 min
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Kolumne: Das Altpapier am 23. Oktober 2024 von René Martens CSU schlimmer als "Bild"

Kolumne: Das Altpapier am 23. Oktober 2024 – CSU schlimmer als "Bild"

Leben wir mittlerweile in einer Welt, in der Politiker wie Bots agieren? Sollten wir ständig auf die US-amerikanischen Wahlumfragen blicken? Sollte Phoenix bei "ARD aktuell" in Hamburg angesiedelt werden?

Mi 23.10.2024 13:22Uhr 04:52 min

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Kolumne: Das Altpapier am 23. Oktober 2024 CSU schlimmer als "Bild"

23. Oktober 2024, 12:46 Uhr

Leben wir mittlerweile in einer Welt, in der Politiker wie Bots agieren? Sollten wir ständig auf die US-amerikanischen Wahlumfragen blicken? Sollte Phoenix bei "ARD aktuell" in Hamburg angesiedelt werden? Heute kommentiert René Martens die Medienberichterstattung.

Porträt des Altpapier-Autoren René Martens
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Das Altpapier "Das Altpapier" ist eine tagesaktuelle Kolumne. Die Autorinnen und Autoren kommentieren und bewerten aus ihrer Sicht die aktuellen medienjournalistischen Themen.

Die Lüge vom Haustierverbot

Auf die Falschbehauptungskanonaden von Politikern reagieren etablierte Medien ja selten angemessen - siehe zum Beispiel den Umgang mit Äußerungen zum Bürgergeld (Altpapier). Ein aktueller "Tagesspiegel"-Beitrag von Felix Hackenbruch ist angesichts dessen eine Wohltat.

Worum geht es? Jakob Blasel, der neue Sprecher der Grünen Jugend, hatte 2019 in einem Beitrag für funk die sehr, sehr schlechte CO2-Bilanz der Haustierhaltung erwähnt (über die man sich auch anderweitig informieren kann). Für die "Bild"-Zeitung war das ein Anlass, Blasel zum "Welpen-Feind" zu erklären. Ein paar Propaganda-Onkelz bei der CSU dachten sich da wohl: "Welpen-Feind"? Da geht noch mehr! Oder, um es mit Hackenbruch zu sagen:

"(Die) Zuspitzung des Boulevards reichte der (Partei) offenbar nicht aus. Dort teilte man via Instagram wenig später erst eine Kachel zum Artikel - 'Grüner Verbotswahn immer irrer' - und ließ schließlich Generalsekretär samt Hund zum Videodreh auflaufen. Man könnte meinen, die Vertreter einer Regierungspartei eines Landes mit mehr als 13 Millionen Einwohner hätten Sinnvolleres zu tun als sich an den fünf Jahre alten Aussagen eines damals 19-Jährigen abzuarbeiten. Aber schlimmer noch. Die CSU verbreitet wissentlich Lügen. Niemandem soll der Hund weggenommen werden, niemand will Haustiere verbieten."

So weit ist es also schon gekommen: Die CSU übertrifft "Bild" im Erfinden. Hackenbruch weiter:

"Die CSU ist längst dabei, sich aus dem demokratischen Diskurs zu verabschieden. Sie überzieht maßlos, sie schürt Ängste, sie lügt. Eine gefährliche Entwicklung. Schon im Bundestagswahlkampf 2021 machte ein Fake-Zitat der Grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock aus mutmaßlich rechten Kreisen die Runde, sie wolle ein Ende der Haustierhaltung. Heute sind es nicht mehr rechte Bots, die den Quatsch verbreiten, sondern eine altehrwürdige Partei mit mehr als 125.000 Mitgliedern."

Zugespitzte These: Wir leben mittlerweile in einer Welt, in der manche Politiker bot-ähnlich, also maschinell agieren.

Über eine Open-Source-Intelligence-Untersuchung zu den Auswirkungen der Angriffe auf die Zivilbevölkerung in Gaza

"Counting the dead in Gaza: difficult but essential" lautete im Juli die Überschrift eines aufschlussreichen Beitrags in der Wissenschaftspublikation "The Lancet". In Sachen Opferzahlen ähnlich aufschlussreiche Erkenntnisse liefert ein Großrechercheprojekt, das vom an der Harvard-Uni angesiedelten "Nieman Journalism Lab" vorgestellt wird:

"Eine Untersuchung, die Anfang des Monats veröffentlicht wurde, zeigt, wie Aufnahmen von Luftangriffen und Zeugenaussagen vor Ort kombiniert werden können, um die Kriegsberichterstattung zu verbessern. Die Untersuchung des britischen Nachrichtensenders Sky News und der britischen Non-Profit-Organisation Airwars hat den Tod von Zivilisten kartiert und visualisiert. Dabei wurden die Social-Media-Posts der IDF und die Geolokalisierungsarbeit von Freiwilligen genutzt, um Informationen über die Familien und Gemeinden zu finden und zu bestätigen, die von jedem Angriff betroffen waren. Airwars und Sky News untersuchten die Posts der IDF zu 1.219 Luftangriffen in Gaza zwischen dem 7. Oktober 2023 und dem 31. August 2024. Sie haben 70 dieser Luftangriffe geografisch lokalisiert und die Koordinaten von 17 dieser Angriffe mit der Airwars-Datenbank für zivile Schäden abgeglichen. Diese 17 Luftangriffe töteten mehr als 400 Palästinenser, wie die Untersuchung ergab."

An dem Projekt seien unter anderem zehn Reporter und 16 Geolokatoren beteiligt gewesen.

Im Interview mit dem Nieman Lab sagt Rowena da Silva von Airwars:

"Das Informationsumfeld rund um den Krieg im Gazastreifen ist komplex, und Fehlinformationen und Desinformationen sind schnell im Umlauf, insbesondere in den sozialen Medien. Da internationale Journalisten nicht in den Gazastreifen einreisen dürfen - es sei denn, sie nehmen an organisierten Touren mit israelischen Medien teil -, sind Open-Source-Intelligence-Untersuchungen für die Überprüfung der Auswirkungen dieser Angriffe auf die Zivilbevölkerung noch wichtiger geworden. Die Palästinenser dokumentieren ihre Kriegserlebnisse, indem sie den Tod ihrer Angehörigen in den sozialen Medien auflisten und öffentlich über die Auswirkungen der Angriffe im gesamten Gazastreifen berichten. Airwars versucht, diese Informationen zu bewahren, indem es ein Archiv mit Zeugenaussagen von Zivilisten bereitstellt, um den menschlichen Tribut des Konflikts besser zu verstehen."

Wie war das genaue Vorgehen?

"In analyzing the strike footage published by the IDF, along with claims of exclusively striking Hamas infrastructure or targeting Hamas militants, we were able to uncover more of the truth behind such military statements."

Mit folgendem Ergebnis:

"Durch den Abgleich des Filmmaterials mit dem Airwars-Archiv für zivile Schäden ergab sich ein vollständigeres Bild der zivilen Schäden, das sich von der Präzisionsdarstellung unterscheidet, die die IDF in ihren Militärkampagnen immer wieder propagiert."

Die Crux mit dem undemokratischen Wahlsystem

Stefan Niggemeier schreibt für "Übermedien" über die "Sinnlosigkeit, die Umfragen zur US-Wahl zu verfolgen":

"Meinungsumfragen sind naturgemäß ungenau. Sie versuchen mit allerlei Methoden sicherzustellen, dem tatsächlichen Wahlverhalten möglichst nahe zu kommen. Aber es bleiben Stichproben, die schon im idealen Fall nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit das Verhalten der Gesamtgröße abbilden. Das amerikanische Wahlsystem ermöglicht es, dass Präsidentschaftswahlen durch sehr kleine Mehrheiten in sehr bestimmten Staaten entschieden werden." Aktuell liegen im Durchschnitt der Umfragen, den die 'New York Times' ermittelt, in North Carolina, Michigan, Pennsylvania, Nevada und Wisconsin Trump und Harris jeweils nicht mal einen Prozentpunkt auseinander."

Hier wäre eine weitere Umfrage (der "Washington Post")

Niggemeier fährt wie folgt fort:

"Man kann sich bei verschiedenen Seiten, die Umfragen sammeln und zusammenfassen, die Kurven der beiden Kandidaten angucken und freuen oder ärgern, wenn die eine oder die andere oben liegt (und wenn die falsche oben liegt, dass wenigstens die Tendenz der letzten Tage die richtige ist). Aber es ist alles müßig. Die Abstände sind so winzig, dass sich daraus keine auch nur halbwegs verlässliche Prognose ablesen lässt, wer nach Auszählung der Stimmen vorne liegt."

Eine der Zwischenüberschriften in Niggemeiers Text lautet: "Verdammtes Wahlsystem". Vor allem ist es ein ja verdammt veraltetes, ungerechtes und undemokratisches Wahlsystem. Dies macht die am gestrigen Dienstag bei Arte linear ausgestrahlte 90-Minuten-Dokumentation "USA: Demokratie unter Beschuss" von Laura Nix deutlich.

Nina Rehfeld schreibt für die FAZ über den Film, der eine gute Ergänzung zu Niggemeiers Text ist:

"Nix entwirft ein Bild, demzufolge die politischen Instanzen, Legislative, Exe­kutive und Judikative, Charakteristika aufweisen, die 1787 revolutionär gewesen sein mögen, heute aber nachgerade antidemokratisch wirken. Anders als in anderem Demokratien, die ihre Verfassungen modernisierten, sind die überkommenen Maßgaben der US-Constitution in Kraft. So unterläuft die Besetzung des Oberhauses mit je zwei Senatoren pro Bundesstaat ungeachtet der Bevölkerungsgröße, ebenso wie die Wahl des Präsidenten durch das berüchtigte Electoral College, das Wahlmännerkollegium, die tatsächliche politische Repräsentation der Bürger. Dies machte möglich, dass Donald Trump 2016 die Präsidentschaftswahl gegen Hillary Clinton gewann, obwohl diese fast drei Millionen Wählerstimmen mehr erhielt als er – weil ihm ein Stimmenvorsprung von weniger als einem Prozent in drei entscheidenden Bundesstaaten sämtliche Wahlmännerstimmen sicherte."

Schon einmal eine Bilanz der Präsidentschaftswahlberichterstattung in den USA zieht die Medienkritikerin Margaret Sullivan in ihrem Substack:

"Grundsätzlich ist die Berichterstattung in den Medien weit hinter dem zurückgeblieben, was nötig gewesen wäre, um einer ganzen Nation von Wählern die wahren Hintergründe zu vermitteln. Und das gilt nicht nur in letzter Zeit, sondern seit mehr als neun Jahren, seit Trump 2015 seine Kandidatur erklärte. Zu oft war die Berichterstattung über Trump ein peinliches Versagen - seine Verrücktheit wurde schöngeredet, er wurde fälschlich mit seinen traditionellen Rivalen gleichgesetzt oder als eine Art amüsante Sideshow behandelt."

"Der Autokraten-Code" - ein Experiment mit interessanten Etappen

Neben "Demokratie unter Beschuss" gibt es noch ein weiteres dokumentarisches Großprojekt, das eine Erwähnung verdient: "Der Autokraten-Code", zu sehen ab heute in der ARD-Mediathek. Eine Dietmar-Dath-Rezension des Films ist heute Aufmacher der FAZ-Medienseite:

"Die ARD-Experimental-Dokumentation (…)b von Alexan­dra Hardorf und Christiane Schwarz setzt sechs Fachleute weit auseinanderliegender Gebiete (Philosophie, Marketing, Computergrafik) an einen Tisch, die mit KI-Hilfe einen synthetischen, animierten Politiker entwerfen sollen, der als Pixelpappkamerad die Sehnsüchte von ressentimentgeladenen, verbitterten, vom Prinzip 'Demokratie plus Minderheitenschutz zur Massenwahnverhütung' enttäuschten Leuten bündeln könnte."

Wie wird das gemacht?

"Um diesen autokratiekompatiblen Kanz­lerkandidaten zu konstruieren, lässt das Team ein paar Tausend politische Tweets auswerten und nimmt die Bots Llama und ChatGPT in seine Dienste. Die Differenzen der beiden Konzeptionen, die auf diese Weise entstehen, werden in einem faszinierenden Einschub auf SystemPrompt-Vorgaben zurückgeführt (der ChatGPT-Politiker ist 'weicher', sein Konkurrent produziert Parolen auf der faschistoiden Borderline zur rechten Hardcore-Demagogie)."

Dath übt zwar teilweise scharfer Detailkritik:

"Als die beiden Chatbots für den künstlichen Menschenfänger unabhängig voneinander den Namen 'Maximilian Weber' (nur mit je anderem Mittelnamen) vorschlagen, rätselt die Gruppe: 'Wieso heißen beide Weber?' Niemandem vor oder hinter der Kamera fällt ein, dass einer der wichtigsten deutschen Gesellschaftswissenschaftler, der zur Debatte um den Gegenstand der Dokumentation bereits 1919 (!) den Ausdruck 'charismatische Herrschaft' (alle vergöttern den Chef) beigetragen hat, Max Weber hieß. Sicher, kein Mensch muss das wissen, aber wenn’s um Kritik an Autokratie, an KI und am Zustand des Gemeinwesens gehen soll, kommt dieser Name bei einer Netzrecherche sogar einer Maschine oft genug unter."

Sein Gesamturteil fällt aber positiv aus:

"Dass intellektuelle Ressourcen von Weber und Freud bis Moro und Chomsky gemieden werden, als wäre das, was sie wissen, abgehobenes Zeug und für die Praxis unerheblich, wie soll man das nennen – wenn nicht: 'populistisch'? Dieser Makel schmälert allerdings nicht die positiven Erträge des Films, etwa die Erkenntnis, dass der synthetische Herr Weber auf Machtgierbasis nicht nur wie ein Rechtsextremer, sondern auch wie ein Manager redet ('Effizienz'!). Zu den interessantesten Etappen des Ex­pe­riments gehört ein Interview, das Caren Miosga mit Herrn Pseudo-Weber führt. Die Inszenierung enthält ihr vor, dass ihr Gegenüber kein Mensch ist. Als der Interviewte sich aber 'Führer' nennt, lässt sich die Moderatorin das saftige Beutestück entgehen und redet weiter über Auto­kratie, als hätte jenes Wort in Deutschland keine Geschichte, die ein Fernseh­gespräch hierzulande niemals ignorieren dürfte. So wirkt der Moment leider, als wäre er, was er vielleicht gar nicht war: gestellt."

Der letzte Satz ist ein besonders "positiver Ertrag" der Rezension (um eine Formulierung Daths aufzugreifen). Er führt zu folgender Frage: Würde Miosga in ihrer Sendung im Gespräch mit einem Politiker, der sich als "Führer" bezeichnet, sich dieses "saftige Beutestück" entgehen lassen?

Der Chefredakteur der "Saarbrücker Zeitung" ist erbost

Vor der morgigen Entscheidung der Ministerpräsidentenkonferenz zum Reformstaatsvertrag präsentiert die FAZ ein Pro und Contra zum Thema "Presseähnlichkeit". Peter Stefan Herbst, Chefredakteur der "Saarbrücker Zeitung", kritisiert in diesem Rahmen die "überbordende Textproduktion" der Öffentlich-Rechtlichen und schreckt dabei auch vor dem Grabbeltischbegriff "digitale Gratispresse" nicht zurück:

"Beispielhaft lässt sich der Konflikt zwischen ÖRR und Presse im Saarland darstellen. Die Homepage des Saarländischen Rundfunks (SR) wirkt wie eine Zeitung im Netz (…) Der Sender (…) (greift) regelmäßig lokale und teilweise sogar sublokale Ereignisse und Themen in Textangeboten auf, die von denen der 'Saarbrücker Zeitung' in vielen Fällen kaum zu unterscheiden sind."

Was konkret kritisiert Herbst in letzterem Fall? Dass der Saarländische Rundfunk die "Saarbrücker Zeitung" kopiert? Wenn es so wäre, hätte die Zeitung ja die Möglichkeit, ihre Berichterstattung zu verändern. Allgemeiner formuliert: Wenn zwei Medien sich zu sehr ähneln, sollte sich vielleicht eines von beiden überlegen, wie man die eigenen Inhalte wieder unterscheidbar macht.

Der Chefredakteur aus Saarbrücken schreibt weiter:

"Diese digitale Gratispresse erschwert die Monetarisierung der Beiträge der 'Saarbrücker Zeitung' im Netz massiv. Besondere Termine werden mit einem zusätzlichen SR-Redakteur besetzt, der sich offenbar ausschließlich um Textbeiträge für das Onlineangebot kümmert. Führende Ver­tre­ter des ÖRR bestreiten, dass Art und Umfang ihrer Beiträge einen Einfluss auf die Moneta­risierungschancen der Wettbewerber haben. Es ist aber jeden Tag belegbar."

Herbst liefert danach allerdings keinen "Beleg", sondern er breitet eine These aus, die er für plausibel oder bei Lesern des FAZ-Medienressorts für gut verkaufbar hält:

"Der 'Trierische Volksfreund', ein Schwestertitel der 'Saarbrücker Zeitung', erscheint in einem Verbreitungsgebiet, das etwa doppelt so groß ist wie das Saarland, in dem aber nur halb so viele Menschen leben. Technik, Optik, Bezahlschranke, Preismodelle und vieles mehr der beiden Onlineangebote sind identisch. Bei Berücksichtigung der Menschen in den beiden regionalen Märkten, auf die sich die Angebote fokussieren, und der Zahl der erstellten Plus-Beiträge fehlen der 'Saarbrücker Zeitung' 15.000 Plus-Abos im Vergleich zum 'Trierischen Volksfreund’. Einziger Unterschied, der dies erklären würde: Der SWR beschäftigt im Studio Trier und an Korrespondentenstandorten eine niedrige zweistellige Zahl von Mitarbeitern. Im Saarland sind es rund 550 festangestellte Mitarbeiter und mehr als 200 feste Freie."

Das erweckt den Eindruck, als wären die mehr als 750 Mitarbeitenden des SR hauptsächlich damit beschäftigt, die "Saarbrücker Zeitung" in die ewigen Jagdgründe zu schicken. Abgesehen davon: Beide Zeitungen tauchen viel zu selten auf meinem Radar auf, als dass ich sie inhaltlich beurteilen könnte, und ich kann auch die soziokulturellen und demographischen Unterschiede zwischen den Verbreitungsgebieten nicht einschätzen. Aber: Die These, dass der "einzige Unterschied", der die Differenz bei den Plus-Abos "erklären würde", die unterschiedlich starke Präsenz der Öffentlich-Rechtlichen vor Ort sein soll, scheint mir steil zu sein.

Als Vertreter der Gegenposition hat die FAZ Stefan Brandenburg (WDR) am Start.

Phoenix nach Hamburg!

Was sonst am Tag vor der Entscheidung der MPK noch erwähnenswert ist: dwdl.de hat mit Michaela Kolster und Eva Lindenau gesprochen, den beiden Programmgeschäftsführerinnen von Phoenix. Zitat aus der Einstiegsfrage:

"Über Phoenix wurde im Zusammenhang mit dem Entwurf des Reformstaatsvertrags (….) etwas weniger gesprochen, obwohl auch hier eine Zusammenlegung mit anderen Sendern droht. Fühlen Sie sich ein wenig vergessen?"

Lindenau dazu:

"Das geht gar nicht angesichts unserer Inhalte und Aufstellung."

Was die Zukunft des Kanals angeht, macht Uwe Mantel in einem weiteren bei dwdl.de erschienenen Beitrag einen Vorschlag:

Phoenix wird in Hamburg bei "ARD aktuell" angesiedelt - und übernimmt in Breaking-News-Situationen die Funktion, die diesbezüglich bisher der ansonsten nach Mantels Meinung entbehrliche Kanal Tagesschau 24 hatte.


Altpapierkorb (Helene Fischer, Effilee, Tamedia)

+++ Dass "ein bereits mit viel Tamtam durch die Medien angekündigter Netflix-Film über die Schlagersängerin Helene Fischer nicht ausgestrahlt wird", schreibt die "Süddeutsche". In dem Artikel heißt es: "Zunächst hatte die Bild-Zeitung über den geplatzten Deal berichtet. In dem Artikel heißt es, die 40-Jährige habe sich eine Schnittfassung angesehen. Dann sei es zu Diskussionen über die finale Version gekommen, also welche Szenen drin bleiben sollten und welche nicht. Über diese Frage habe man sich aber nicht einigen können." Das Kind ist hier offenbar schon früh in den Brunnen gefallen. Verkürzt gesagt: Man sollte niemals mit prominenten Protagonisten Vereinbarungen treffen, die es ihnen ermöglichen, auf den fertigen Film Einfluss zu nehmen.

+++ Die Spiegel-Gruppe investiert - und kauft die in Hamburg erscheinende Zeitschrift "Effilee", die als Untertitel "Das kulinarische Kulturmagazin" führt ("Medieninsider", dwdl.de).

+++ Die Schweizer Tamedia-Gruppe ("Tages-Anzeiger") spart - allerdings in geringerem Umfang als befürchtet (Altpapier). persoenlich.com berichtet: "Ursprünglich hatte das Verlagshaus Ende August den Abbau von 90 Vollzeitstellen in den Redaktionen angekündigt (…) Durch interne Versetzungen und Fluktuationen reduzierte sich die Zahl bis zum Beginn der Konsultation auf rund 55 Vollzeitstellen."

Das Altpapier am Donnerstag schreibt Ralf Heimann.

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