Kolumne: Das Altpapier am 27. August 2024: Porträt des Altpapier-Autoren Christian Bartels 4 min
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Kolumne: Das Altpapier am 27. August 2024 von Christian Bartels Medium oder Infrastruktur?

Kolumne: Das Altpapier am 27. August 2024 – Medium oder Infrastruktur?

Will die EU mit der Verhaftung des Telegram-Chefs ihren Digitalgesetzen Anerkennung verschaffen? Zumindest poppt eine ganz entscheidende, leider komplizierte Frage wieder auf.

Di 27.08.2024 10:58Uhr 03:41 min

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Kolumne: Das Altpapier am 27. August 2024 Medium oder Infrastruktur?

27. August 2024, 10:33 Uhr

Will die EU mit der Verhaftung des Telegram-Chefs ihren Digitalgesetzen Anerkennung verschaffen? Zumindest poppt eine ganz entscheidende, leider komplizierte Frage wieder auf. Außerdem: eine ziemlich gute, leider unrealistische Dominik-Graf-Idee für die Öffentlich-Rechtlichen-Reform. Heute kommentiert Christian Bartels die Medienberichterstattung.

Porträt des Altpapier-Autoren Christian Bartels
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Das Altpapier "Das Altpapier" ist eine tagesaktuelle Kolumne. Die Autorinnen und Autoren kommentieren und bewerten aus ihrer Sicht die aktuellen medienjournalistischen Themen.

Circa ein Jahr DSA

Jahrestage mit eingängigen Zahlen sind gute Berichterstattungs-Anlässe, ob nun ein wichtiger Maler vor einem Vierteljahrtausend geboren wurde oder ein Gesetz vor einem Jahr in Kraft trat. "Seit einem Jahr gelten in der EU neue Regeln für sehr große Plattformen und Suchmaschinen", also die Digitale-Dienste- und Digitale-Märkte-Gesetze DSA und DMA, stellte netzpolitik.org fest (auch wenn es sich beim In-Kraft-Treten solcher Gesetze, zumal in Deutschland, um langwierige Prozesse handelt). Und die Zwischenbilanz zum DSA falle gar nicht so übel aus:

"Das Gesetz soll die Rechte von Internet-Nutzer:innen gegenüber Plattformen schützen. Ist das gelungen?" – "Stand jetzt: teils, teils. ...",

antwortet Jürgen Bering von der Gesellschaft für Freiheitsrechte. Vor kurzem (Altpapier) legte ja auch die erste "offiziell zertifizierte Schlichtungsstelle bzw. 'Streitbeilegungsstelle' für Nutzer von sozialen Medien" in Deutschland los. Diese User Rights GmbH beschäftigt sich damit, zu "prüfen ..., ob Geschäftsbedingungen oder Rechtsnormen richtig angewendet wurden, ohne dass die Nutzer:innen dafür vor Gericht gehen müssen", erklären ihre Gründer ebenfalls auf netzpolitik.org. Und schon bald werde die EU-Kommission auf der Webseite die noch nicht vielen Schlichtungsstellen bekannt machen, schreibt Anna Biselli. Allerdings ist sie skeptisch, ob das viel nützt:

"Laut der DSA-Transparenzdatenbank übermitteln Online-Plattformen täglich mehrere Millionen Entscheidungen an das Tool der EU-Kommission zur Entfernung von Inhalten oder Accounts oder zur Einschränkung der Sichtbarkeit von Postings, Produkten oder anderem. Von TikTok allein waren es bisher rund 183 Millionen Meldungen. Wenn sich auch nur wenige Promille der betroffenen Nutzer:innen beschweren wollen, wird es schnell eng für die Schlichtungsanbieter. Wenn das Konzept also eine sinnvolle Ergänzung zu anderen Beschwerdewegen sein soll, das Wirkung entfaltet, muss es mehr als ein, zwei Stellen mit begrenzten Kapazitäten geben. Doch wie schafft man es, dass die Streitbeilegungsstellen aufeinander abgestimmt arbeiten? Die Entscheidungen der Schlichter sind nicht öffentlich, ihre Arbeit erfolgt zum großen Teil im Verborgenen. Das kann Probleme privatisierter Rechtsdurchsetzung mit sich bringen",

... die es wegen der unterschiedlichen AGBs der unterschiedlichen Konzerne sowieso schon gibt. Und hmtja, ein selbsterklärendes, auf Anhieb attraktives Ideal ist Beschwerdewege-Vielfalt eher nicht.

Viele Meinungen zur Durow-Verhaftung

Die Verhaftung des Telegram-Gründers und -Chefs Pawel Durow tauchte schon im langen Altpapier gestern auf. Weltweit dürfte sie bereits mehr globale Aufmerksamkeit erzielt haben als EU-Kommissar Bretons auf Ex-Twitter/X an Elon Musk gesandter Brief (Altpapier). Haut EU-Europa nun also auf die Pauke, um seinen Digitalgesetzen, die ja vor allem den großen, nicht in Europa beheimateten Plattformkonzernen gelten, Aufmerksamkeit zu verschaffen?

Mit dem Wunsch, Durow "bis zu 20 Jahre hinter Gefängnismauern" zu sehen, da das "keine schlechte Präzedenz als Strafe für fehlende Moderation, die auch Musk und ... Marc Zuckerberg aufmerksam zur Kenntnis nehmen dürften", wäre, schloss ein gestern hier schon zitierter wunderlicher "taz"-Kommentar. Dem deutschen Zauderkanzler, bei dem es circa monatlich verbal wumms-t und sonst nix passiert, sicher nicht, aber Frankreichs Präsident, der von seinem Sonnenthron Durow auch schon die französische Staatsbürgerschaft verehrt hatte (solider "taz"-Artikel von Frankreich-Korrespondent Rudolf Balmer), dem ließe sich das zutrauen. Dass Macron, auf X, dementiert, muss nicht dagegen sprechen. Und tasächlich gibt es diese Lesart mit globaler Ausstrahlung:

"The shock arrest of Telegram chief executive Pavel Durov as he stepped off his private jet in the Bourget airport near Paris over the weekend is a startling, unprecedented event ... He may not be an Elon Musk or a Mark Zuckerberg, but he is the CEO of a tech platform with 950 million monthly users, and is the first big name in tech to find himself potentially on the wrong side of the European Union’s increasingly strict laws and regulations in the digital sphere",

heißt's im "Guardian" aus dem Nicht-mehr-EU-Mitgliedsstaat England unter der Überschrift "Arresting Telegram’s Pavel Durov could be a smart move. Tech bosses care more about themselves than you". Allerdings, die

"Europäische Kommission stellte am Montag klar, dass die Festnahme von Durow nichts mit dem neuen Gesetz für digitale Dienste zu tun habe. Es gehe nicht um Meinungsfreiheit. Die französischen Behörden handelten auf Basis des französischen Strafrechts. Der DSA sehe keine Festnahmen von Gründern oder Vorstandsvorsitzenden vor, sagte ein Sprecher. Er erlaube nur finanzielle Strafen, wenn eine Internetplattform die Vorgaben des EU-Digitalgesetzes nicht beachte."

Das berichtet das "FAZ"-Wirtschaftsressort (Abo) und erwähnt dann auch, dass die EU Telegram gar nicht als VLOP (Very Large Online Platform), die unter DSA und DMA fiele, einstuft. Was allerdings auf Telegrams eigenen Angaben basiert und zu anderen Selbstdarstellungen Telegrams, etwa der eben im "Guardian" erwähnten, im Widerspruch steht. Die Abhängigkeit von Auskünften der Konzerne zählt zu den Schwachstellen der EU-Digitalgesetze. Zu den Verhaftungsgründen fasst der "Spiegel" (Abo) zusammen:

"Einer der zentralen Vorwürfe gegen Durow sei, dass Telegram nicht genug gegen die Verbreitung von Kindesmissbrauchsdarstellungen unternehme. Ausgegangen seien die Ermittlungen gegen Durow vom erst im November 2023 gegründeten Office Mineurs ... Das Ofmin hat die Aufgabe, schwerste Straftaten gegen Minderjährige zu bekämpfen, wozu auch die Herstellung, der Besitz und die Verbreitung von pädokriminellen Videos und Bildern gehören."

Wo Andrian Kreye im "SZ"-Feuilleton (Abo) ansetzt:

"Die Vorwürfe der Beihilfe zu Verbrechen wie Terrorismus, Drogen- und Waffenhandel, Verbreitung von Kinderpornografie und radikalen Inhalten lesen sich wie die Bestenliste der Horrorklischees über die Abgründe des Internets. Es war aber auch ein Kraftakt der wehrhaften Demokratie. Immerhin gilt Telegram in der demokratischen Welt als Lieblingsnetzwerk so ziemlich aller Stimmen und Kräfte, die in den öffentlichen Diskursen keinen Platz finden, weil sie gegen die Regeln der Zivilgesellschaft und oft genug auch gegen die Gesetze verstoßen ..."

Kreye erzählt, wie häufig, die ganze Geschichte der Internetmedien mit, und zwar dramatisch ("Mit der Verhaftung ... haben die französischen Behörden am Samstagabend den Graben der digitalen Debatten zu einer Schlucht verbreitert"). Im Kern geht's wieder um die Frage, die in all den Plattformen- und Social-Media-Debatten meist wegen ihrer Komplexität (und in Europa und Deutschland wegen der geringen Einflussnahme-Möglichkeiten) ausgeklammert wird: "ob ein soziales Netzwerk ein Medium oder eine Infrastruktur ist". Also um das Providerprivileg, das die sog. sozialen Medien durch US-amerikanisches Recht, welches faktisch überall im Westen gilt, von der im Voraus geltenden Haftung freistellt (Altpapier; einen Ansatz, wie europäische Regulierer damit umgehen könnten, hatte übrigens im Mai der Rechtsanwalt Hermann von Engelbrechten-Ilow bei medieninsider.de/Abo umrissen ...). "Ein rechtlicher Knackpunkt dürfte insbesondere die Frage sein, wieso Durow als Unternehmenschef für konkrete Inhalte auf seiner Plattform verantwortlich sein soll", meint aktuell der "Spiegel". "It is absurd to claim that a platform or its owner are responsible for abuse of that platform", argumentiert Telegram selbst, das sich mit seinem Sitz in Dubai aber höchstens auf Gewohnheitsrecht berufen könnte. Kreye argumentiert dazu:

"Bei Telegram ... arbeiten nach eigenen Angaben lediglich 30 Ingenieure. Die Überwachung der Inhalte findet rudimentär über KI-Programme statt. Die schlanke Technik des Dienstes erlaubt so eine asketische Besetzung. Da gibt es keine Algorithmen, die den Fluss der Beiträge für alle einzelnen User ordnen, keine Zielwerbung und keine komplexen Systeme. Wenn man sich die Frage stellt, ob ein soziales Netzwerk ein Medium oder eine Infrastruktur ist, gibt die Plattform die technisch schlichteste aller Antworten."

Also die, dass es schon eher eine Infrastruktur ist. Gewiss gibt es viele Gründe, in EU-Europa und Deutschland viele Telegram-Inhalte schlecht oder böse zu finden. Die "FAZ" führt etwa Beschwerden baltischer EU-Mitgliedsstaaten an. Doch sollte, wer das tut, nicht vergessen, dass es – jenseits der Kindesmissbrauchs-Vorwürfe natürlich – auch vom eigenen Blickwinkel bzw. der eigenen Bubble abhängt. Dass Telegram nicht per se böse ist, sondern sich wie alle Infrastrukturen unterschiedlich benutzen lässt, zeigt tagesaktuell ausgerechnet der Deutschlandfunk (Audio). Die Messenger-Plattform sei "in der Ukraine die wichtigste Nachrichtenquelle", noch vor der Verwandtschaft und Youtube, sie "rettet Leben", auch wenn sie Risiken berge wie das, dass Informationen an russische Geheimdienste gelangen können, sagt Roman Goncharenko dort.

Eine andere Frage, die bei den vielen Einschätzungen impli-, teils explizit mitschwingt: Würden in EU-Europa aus ähnlichen Gründen auch Konzernchefs mit US-amerikanischer Staatsbürgerschaft verhaftet? Elon Musk, gegen den ja viele, auch fundierte Vorwürfe erhoben werden, wohl kaum, schon weil weiter er eine große Autofabrik in Brandenburg bauen ließ, die in vielen Wahlkämpfen des Noch-Industriestaats Deutschland als Argument dient. Und Mark Zuckerberg, auf dessen Plattformen europäische Politiker viel Steuergeld investieren, um Wahlkämpfe gegeneinander zu gewinnen, erst recht nicht. Einen Tiktok-Manager zu verhaften und so Streit mit China zu provozieren, scheint in Europa auch kaum vorstellbar. Nahe liegt der Verdacht, dass Durow verhaftet wurde, weil er (unter anderem) Russe ist und weil seine Messenger-Plattform als die angreifbarste erscheint. Wobei sehr greifbar Telegram in Dubai auch nicht ist:

"Wenn sich Telegram weiterhin kaum an die EU-Regeln hält? Härteste Sanktion wäre ein Verbot, das die EU aussprechen müsste. Doch das ist kaum durchzusetzen. Das weiß inzwischen auch Wladimir Putin. Der russische Machthaber wollte den Messenger-Dienst 2018 sperren lassen. Inzwischen ist er ihm als Propaganda- und Desinformationskanal ganz recht",

weil nämlich russische Versuche, Telegram zu sperren, technisch nicht funktionierten (wie das "SZ"-Wirtschaftsressort/Abo schreibt). Genau deshalb gibt es inzwischen gute Gründe, der Telegram-Erzählung, die Messenger-Plattform gehöre gerade nicht zum staatlich-russischen Einflussbereich, sondern im Gegenteil, zu misstrauen. Und deshalb hat das russische Regime nun leichtes Spiel, der EU Vorwürfe zu machen. Wieviel Vertrauen die EU und die Europäische Kommission verdienen, dazu herrschen ja auch unterschiedliche Ansichten, erst recht global. Heißt: Den naheliegenden Verdacht, dass Durow verhaftet wurde, weil er (gebürtiger) Russe ist, müssen Frankreich und die EU schnell ausräumen, nachvollziehbare Beweise für konkrete Gesetzesverstöße vorlegen – und zeigen, dass die EU-Digitalgesetzen alle privatwirtschaftlichen Anbieter von Quasi-Infrastrukturen gleich behandeln. Sonst dürfte sich der weltweite Niedergang des Ansehens der EU und ihrer hehren Ideale weiter beschleunigen.

Neues von den ÖRR-Reformplänen

Vorm Korb rasch noch zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk, rund um den ja auch immer was los ist. "Wird die geplante Reform ... ein großer Wurf – oder doch nur ein Würfchen? Vermutlich irgendetwas dazwischen", vermutet Christian Meier in der "Welt". Gerade noch mal wieder geäußert hat sich Ministerpräsident Haseloff ("Berliner Morgenpost", "epd medien"). Die gute Idee "Mehrfachstrukturen in der Berichterstattung muss man abbauen" wurde zwar schon von allen gefordert, die sich jemals an Öffentlich-Rechtlichen-Diskussionen beteiligten, aber teilweise liegt das schon Monate zurück. Allerdings: Die "zentrale ARD-Geschäftsführung", die so etwas eher durchsetzen könnte als föderalistische Gremien, die gegenseitige Standortinteressen abwägen, sei nun "erstmal vom Tisch", lautet die "Welt"-Überschrift. Wobei der schöne Satz "Nach übereinstimmenden Berichten gibt es unter der [sic] Bundesländern aber keine Einigkeit" andeutet, dass weitere Abwägungen im Gange sind.

Die am Freitag auch hier im Altpapier "Gamification" angesprochene Frage, wie viel Computerspiele der öffentlich-rechtliche Rundfunk bieten sollte, behandelt die "taz" kritisch ("Der SWR hat ein Computerspiel vorgestellt, das sich hart an der Grenze dessen bewegt, was definierte Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist"). Immerhin würde im Game "Green Guardians" "nicht auf Personen 'gestrahlt'", selbst wenn sie als Vertreter fossiler Energien der Weltrettung im Wege stehen, sagte sozusagen eine SWR-Sprecherin. Freuen werden sich die Games-Abteilungsdirektoren der ARD heute mal über die "FAZ"-Medienseite, deren Gamescom-Bericht (Abo) Sätze wie "Das Spielen vermittelt Werte, die nichts anderes so vermitteln kann" (ganz ohne öffentlich-rechtlichen Bezug) enthält.

Steffen Grimberg hat für den KNA-Mediendienst (Abo) die berühmt-berüchtigte ADR-Degeto in Frankfurt am Main besucht, die derzeit mit rund "400 Millionen Euro Jahresetat" rechnet. Degeto-Chef Thomas Schreiber lässt z.B. Kritik an der Krimiflut auch in der ARD

"gelassen von sich abperlen. Schließlich biete man ja immer noch rund 15 bis 20 thematisch eigenständige Filme pro Jahr an. 'Wir sprechen vom klassischen 90-Minüter, vom Weihnachtsfilm, der im Advent läuft, bis hin zum Thriller am Samstag, der womöglich in Venedig gedreht wird ...'".

Und Thriller sind keine Krimis, wissen puristische Genre-Connaisseure (wobei auf einem anderen Blatt stünde, für was Connaisseure die "Thriller" der Degeto hielten ...). Der wohl beste deutsche Kenner solcher Genres, Dominik Graf, griff dann noch für die heutige Ausgabe der "SZ"-Reihe "Rettet die Öffentlich-Rechtlichen" (Abo) zur Feder. Dort lästert er zwar auch über den "Einschaltquoten-Rinderwahnsinn" und "die Kontrolle der Kontrolle der Kontrolle" in den Anstalten. Einen pragmatischen und ganz konkreten Vorschlag hat er aber überdies:

"Die ewig gleichen Längenformatierungen der Filme und Sendungen sollten ab 23 Uhr bis fünf Uhr morgens in allen Programmen aufgegeben werden. Da müssen Experimente und Spielformen hin, Filme, selbstproduzierte, internationale, gemacht beziehungsweise kuratiert von erstklassigen Künstlerinnen und Künstlern. Auswahl und Entwicklung durch Redakteurinnen und Redakteure in kompletter Eigenverantwortung, keine Monitor-Gruppen beteiligt, die sich dann am Ende wieder aufs kleinste gemeinsame Vielfache einigen. ... Wer nach elf im Öffentlich-Rechtlichen einschaltet, dem sollte künftig Hören und Sehen vergehen."

Diese Idee gehört in alle künftigen Debatten aufgenommen. Auch wenn in der gesendeten Praxis genau ab 23.00 Uhr bei Maischberger und Lanz werktäglich genau die Politiker aus den Bundesländern (und ihre Parteifreunde aus dem Bund) sitzen, die unter vielem anderen über Medienpolitik entscheiden und diese in linearer Echtzeit reichweitenstärksten Selbstdarstellungs-Flächen um keinen Preis aufgeben wollen dürften.


Altpapierkorb (Googles Gemütlichkeit, Uber-Strafe, türkische Pressefreiheit, Telegram in Berlin)

+++ Ein starkes Beispiel dafür, wie in Medien wie auch in der Politik über Konzerne wie Facebook/Meta und Google/Alphabet geschrieben und gesprochen werden müsste, liefert Jana Ballweber aus Kalifornien anlässlich eines dort geschlossenen Lokaljournalismus-Förderdeals: Der Google-"Konzern hat es sich gemütlich gemacht im Online-Ökosystem, fungiert gleichzeitig als Anbieter von Werbeplätzen und als Vermittler von Werbeanzeigen. Ein glasklarer Interessenskonflikt, ein Marktmissbrauch, für den Google in der Vergangenheit immer mal wieder Millionenstrafen zahlen musste. Nun sind Millionenstrafen für einen Konzern wie Google angesichts gigantischer Umsätze in der Werbebranche kaum als Strafen zu bezeichnen ...", schreibt sie z.B.. Das sollte lesen, wer einen Zugang zum KNA-Mediendienst (Abo) hat. +++

+++ Immerhin 290 Millionen Euro soll der deutlich kleinere, freilich auch zweistellige Milliarden-Umsätze schwere Uber-Konzern wegen "fehlender Rechtsgrundlagen für die Speicherung sensibler Daten außerhalb der Europäischen Union" zahlen, entschied die niederländische Datenschutzaufsichtsbehörde Autoriteit Persoonsgegevens, meldet heise.de. +++

+++ Bülent Mumay arbeitet für die türkische Redaktion der Deutschen Welle in Istanbul und schreibt für die "FAZ" "Briefe aus Istanbul", die oft auch auf der Medienseite erscheinen. Nun droht ihm eine Gefängnisstrafe, alarmiert außer der "FAZ" auch die "Süddeutsche". "Die Bundesregierung sollte es sich mit Erdoğan nicht allzu gemütlich machen. Sicher, man braucht ihn angesichts seiner Rolle in der internationalen Politik. Aber der türkische Präsident ist noch immer jemand, der Oppositionellen nicht nur mit Argumenten und mit Wahlkampf begegnet, sondern mit der Drohung, sie notfalls verhaften zu lassen. ... Solange das so ist, darf Erdoğan kein gewöhnlicher Partner sein", kommentiert Korrespondent Raphael Geiger auf der Meinungsseite. +++ "Die Türkei ist laut Reporter ohne Grenzen mit einem Indexwert von 31,6 Punkten der Staat mit der geringsten Pressefreiheit in Europa im Jahr 2024, die Lage dort wird als 'sehr ernst' für die Pressefreiheit eingestuft", erinnert der "Standard" aus anderen, österreichischen Gründen. +++

+++ Das schon erwähnte Telegram wäre vor gut zehn Jahren "fast ein deutsches Start-up geworden". Das hörte der "Spiegel" im April in einem der raren Interviews Durows, und zwar mit dem äußerst umstrittenen Ex-Fox-News-Moderator Tucker Carlson (der hierzulande zuletzt mit seinem Putin-"Interview" auffiel), und verlinkt es nun nochmals. Gescheitert sei das dann an "'zu schwierig zu überwindenden bürokratischen Hürden. Er habe Programmierer aus Ländern außerhalb der EU einstellen wollen, doch das sei nicht so einfach möglich gewesen, so Durow. Tucker Carlson fällt daraufhin aus seiner Rolle als Fragesteller und wirft ein: 'Warum hast du ihnen nicht gesagt, dass sie Flüchtlinge sind, die nicht lesen können?' Dann hätten die deutschen Behörden ihnen bestimmt erlaubt zu bleiben, behauptet Carlson ohne weitere Belege." +++

Das nächste Altpapier schreibt am Mittwoch René Martens.

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