Kolumne: Das Altpapier am 21. August 2024: Porträt der Altpapier-Autorin Johanna Bernklau 4 min
"Das Altpapier" ist eine tagesaktuelle Kolumne. Die Autorinnen und Autoren kommentieren im aktuellen Altpapier die wichtigsten Medienthemen des Tages. Bildrechte: MDR | MEDIEN360G
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Vor den Landtagswahlen explodiert die Berichterstattung über den Osten. In einem neuen Doku-Format fragt Eva Schulz, "warum Deutschland so ist" und sucht dabei aber nicht überall nach der Antwort.

Mi 21.08.2024 10:45Uhr 03:56 min

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Kolumne: Das Altpapier am 21. August 2024 Deutschland in drei Folgen?

21. August 2024, 10:01 Uhr

Vor den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg explodiert die Berichterstattung über den Osten. In einem neuen Doku-Format fragt Eva Schulz, "warum Deutschland so ist" und sucht dabei aber nicht überall nach der Antwort. Heute kommentiert Johanna Bernklau die Medienberichterstattung.

Porträt der Altpapier-Autorin Johanna Bernklau
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Das Altpapier "Das Altpapier" ist eine tagesaktuelle Kolumne. Die Autorinnen und Autoren kommentieren und bewerten aus ihrer Sicht die aktuellen medienjournalistischen Themen.

Auf Exkursion im Osten

Schon gestern ging es hier um die Berichterstattung über die Landtagswahlen im September – also machen wir da heute einfach weiter. Und zwar mit einem ganz neuen Format, das erst vor zwei Wochen in die ZDF-Mediathek kam (Altpapierkorb) und heute in der Nacht zum Donnerstag ab 0:15 Uhr im linearen Fernsehen gezeigt wird: Die Dokureihe "Deutschland, warum bist du so?" mit Eva Schulz.

Dafür reist Schulz, bekannt als Podcast-Host von "Deutschland3000", nach Brandenburg, Thüringen und Sachsen, um dort mit Menschen zu sprechen und das Phänomen AfD zu verstehen.

Das "mit Menschen sprechen" gelingt ihr, sie stellt gute Fragen, ist kritisch und gleichzeitig offen. Aber das Format lässt einen "trotz aller Stärken etwas ratlos zurück", findet Thore Rausch in der SZ:

"Denn alle reden mit Eva Schulz oder Eva Schulz redet mit der Kamera – aber redet man hier auch mal miteinander? Das hätte man zum Beispiel öfter mit einer Expertin im Studio tun können, um die Einordnung nicht gänzlich Schulz zu überlassen. Warum ist denn nun "Deutschland so"? Eine tatsächliche Antwort bleibt das Format schuldig. So stellt auch Eva Schulz, wie sollte es anders sein, im Laufe ihrer Reise fest, dass der Osten eben ein "bisschen gespalten" sei. Ach so."

Experten habe ich tatsächlich nicht vermisst, stattdessen frage ich mich noch etwas anderes: Als ich die Doku vor zwei Wochen im Altpapierkorb ankündigte, beschrieb ich sie so:

"Laut der Pressemeldung soll es in den ersten drei Folgen erstmal um die drei Bundesländer gehen, in denen im September gewählt wird."

Aber ehrlich gesagt, habe ich das wohl falsch verstanden. Ich glaube mittlerweile, es gibt tatsächlich nur drei Folgen. Insgesamt. Kann das sein? Zumindest gibt es nirgends Hinweise auf weitere Folgen. Wie kann man denn die Frage "Deutschland, warum bist du so?" beantworten, indem man in nur drei von 16 Bundesländer reist?

Das fragt sich auch Alexander Prinz vom "funk"-Kanal "Der Dunkle Parabelritter" in seinem neuen Video "Ost Wut: Hat der Osten recht?". Darin thematisiert er zu Beginn die westdeutsche Journalistensicht auf den Osten, die jetzt kurz vor den Landtagswahlen nochmal ordentlich an Fahrt aufnimmt.

Obwohl die Autorenteams der einzelnen Doku-Teile ostdeutsch sind, wirke Schulz laut Prinz

"dann eben doch wie auf Exkursion. Wieder ist jemand in Thüringen, um über Höcke zu sprechen. […] Ostdeutschland wird inhaltlich auf die AfD und neuerdings die BSW beschränkt."

Es gehe nicht darum, ob Westdeutsche oder Ostdeutsche über Ostdeutschland berichten, sondern wie sie das machen, findet "Tagesthemen"-Moderation Jessy Wellmer: "Weil manchmal über den Osten berichtet wird, als handele es sich nach wie vor um ein fremdes Land," wird sie bei verdi zitiert.

Auch Wellmer hat anlässlich der Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen einen Film gemacht. Dafür ist sie "quer durch Deutschland" gereist – ab dem 28. August kann man die Doku in der ARD-Mediathek ansehen. Ich bin gespannt, ob "quer durch Deutschland" dann auch tatsächlich "quer durch Deutschland" heißt.

Zukunft des ÖRR

Um nichts weniger als die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ging es zuletzt in diesem Altpapier, als die Otto-Brenner-Stiftung eine neue Studie zum Thema vorlegte und darin das Eckpunktepapier der Rundfunkkommission der Länder und den Bericht des Zukunftsrats analysierte.

Auch Peter Stawowy hat sich auf seinem "Flurfunk"-Blog nun dem Thema gewidmet und erklärt sowohl die Hintergründe als auch Neues: Der Referentenentwurf des Reformstaatsvertrags liegt seit Juni vor, werde aber öffentlich nicht breit diskutiert, wie Stawowy mit Verweis auf ein SZ-Interview (Altpapier) mit dem Vorsitzenden der Gremienvorsitzendenkonferenz der ARD, Engelbert Günster, schreibt.

Also macht Stawowy den Anfang und veröffentlicht seine Notizen zum Entwurf des neuen Staatsvertrages. Demnach soll es unter anderem "einen gemeinsamen Kodex für den Einsatz von KI geben" – das wäre insofern wünschenswert, als dass nur wenige der Anstalten überhaupt KI-Richtlinien veröffentlicht haben und sich da in ihrer Ausführlichkeit auch sehr unterscheiden (siehe Altpapier-Jahresrückblick).


Altpapierkorb (Wahlwerbespot MDR, Lieblingswörter der Parteien, Neuer "Spiegel"-Tag)

+++ Eigentlich soll ein Wahlwerbespot der Partei "Die Partei" morgen im MDR ausgestrahlt werden – doch der Sender weigert sich. Wie hier schon gestern stand, entschied am Freitag das Verwaltungsgericht Leipzig nach einem Eilantrag der "Partei" gegen den MDR, der den Spot nun eigentlich ausstrahlen müsste. Jetzt hat der MDR Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Bautzen eingelegt, wie die "Leipziger Zeitung" berichtet.

+++ Bleiben wir noch kurz bei den Landtagswahlen: Das Team von MDR Data hat sämtliche Reden der Abgeordneten aus dem Sächsischen und Thüringer Landtag gesammelt und ausgewertet. Dabei ist eine Übersicht entstanden über die Lieblingswörter von Parteien, Redezeiten von Abgeordneten und welche Wörter welche Themen prägen.

+++ Ab 2025 könnte der "Spiegel" bereits freitags statt samstags erscheinen, wie "turi2" meldet. Michael Hanfeld amüsiert sich heute in der "FAZ" über das Wochentags-Gamble und schreibt: "Die Viertagewoche macht es also möglich, dass der Freitag der neue Montag ist, beziehungsweise Samstag. Die Sonntagszeitungen wären damit überholt und die Wochenzeitung "Die Zeit", die donnerstags kommt, ist in Sichtweite. Warum nicht Mittwoch? Der Dienstag wäre auch noch frei, denken wir. In Zeiten, in denen ohne digitales Erscheinen alles nichts ist und sich kein Zeitfenster mehr schließt, wirkt jeder Wochentag aus Blattmachersicht flüchtig." +++

Das Altpapier am Donnerstag schreibt Ralf Heimann.

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