Kolumne: Das Altpapier am 24. Juli 2024: Porträt der Altpapier-Autorin Johanna Bernklau 4 min
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Was passiert mit dem MDR in Thüringen, wenn Höcke im Herbst die Wahl gewinnt? Laut dem juristischen Direktor des MDR nicht all das, was Anfang des Jahres noch befürchtet wurde.

Mi 24.07.2024 12:44Uhr 03:42 min

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Kolumne: Das Altpapier am 24. Juli 2024 Ein kündigungsfester Rundfunkbeitrag?

24. Juli 2024, 10:53 Uhr

Was passiert mit dem MDR in Thüringen, wenn Höcke im Herbst die Wahl gewinnt? Laut dem juristischen Direktor des MDR nicht all das, was Anfang des Jahres noch befürchtet wurde. Und: Wieso funktioniert Kamala Harris in den sozialen Medien so gut? Heute kommentiert Johanna Bernklau die Medienberichterstattung.

Porträt der Altpapier-Autorin Johanna Bernklau
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Das Altpapier "Das Altpapier" ist eine tagesaktuelle Kolumne. Die Autorinnen und Autoren kommentieren und bewerten aus ihrer Sicht die aktuellen medienjournalistischen Themen.

Der MDR und die AfD

Was passiert mit dem MDR, wenn die AfD bei der Landtagswahl in Thüringen gewinnt? Wenn Björn Höcke seine Pläne durchzieht und den Staatsvertrag mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk kündigt?

Diese Fragen sind nicht neu. Anfang diesen Jahres wurde viel darüber geschrieben und gesprochen, auch hier im Altpapier (zum Beispiel hier oder hier). Die Konsequenzen, die nach einer Kündigung des Staatsvertrags nach zwei Jahren auftreten würden, hat der "Spiegel" im Januar so zusammengefasst:

"Dem MDR wäre damit die Finanzierung aus Thüringen entzogen, er wäre dort faktisch abgeschafft und müsste sein Programm ausschließlich in Sachsen-Anhalt und Sachsen produzieren, mit weniger Geld und Personal. Keine regionalen Nachrichtensendungen aus Thüringen mehr, weder im Fernsehen noch im Radio. Mit dem Kinderkanal wäre es auch erst mal vorbei, denn der sitzt in Erfurt. Zumindest müsste er umziehen, in einer anderen Rundfunkanstalt angesiedelt werden."

Mittlerweile hat der MDR den Fall rechtlich geprüft. Gestern sprach dann der juristische Direktor des MDR, Jens-Ole Schröder, im Medienmagazin des Deutschlandfunk über die Folgen einer möglichen AfD-Regierung in Thüringen. Und da klang alles plötzlich gar nicht mehr so gravierend wie noch Anfang des Jahres:

"Wenn ein Staatsvertragsland, nehmen wir mal Thüringen, den MDR-Staatsvertrag, der ein Drei-Länder-Staatsvertrag ist, kündigen würde, dann würde das den MDR nicht auflösen, sondern der MDR wäre dann zwischen den verbleibenden Ländern weiter bestehend. […] Also das Eigentum an den Liegenschaften, Infrastruktur, aber natürlich auch die Verträge mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, das bestünde alles fort. […] Wir könnten also weiterhin Programm für diejenigen, die uns in Thüringen hören wollen, machen. Wir hätten nur nicht mehr den gesetzlichen Auftrag, es zu tun."

Doch mit welchem Geld würde er das tun? Höcke hat bereits angekündigt, auch aus dem Rundfunkbeitrag aussteigen zu wollen. Doch da gibt es laut Schröder ein Schlupfloch: Weil Sachsen-Anhalt dem letzten Staatsvertrag nicht zugestimmt hatte, entschied schließlich das Bundesverfassungsgericht für den MDR und setzte damit die Regelung aus dem Staatsvertragsentwurf in Kraft – bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Länder einen neuen Staatsvertrag über den Rundfunkbeitrag geschlossen haben.

"Das heißt, der Beitrag beruht nicht auf einem kündbaren Staatsvertrag, sondern der Beitrag, den wir jetzt haben. Die 18,36 € beruhen allein auf der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und die kann durch keine Kündigung eines Staatsvertrages aus der Welt geschafft werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht damals sehr weitsichtig gemacht und haben also den jetzt bestehenden Beitrag damit mit dieser Besonderheit der Entscheidung quasi kündigungsfest gemacht."

Kamala Harris und Social Media

"Das Internet liebt Kamala" – so überschreibt der "Spiegel" einen von gleich zwei Texten, die gestern zu Kamala Harris und ihrer Social-Media-Präsenz erschienen sind. Nicht erst seit Joe Bidens Rückzug aus dem Wahlkampf kann die US-Demokratin in den sozialen Medien punkten, aber seit ein paar Tagen geht es dort richtig ab.

Die britische Sängerin Charli XCX postete am Montag die Worte "kamala IS brat" auf X und bezog sich mit "brat" (also "Göre", positiv konnotiert) auf den Titel ihres neuen Albums. Das Wahlkampfteam von Harris nahm die Millionenaufmerksamkeit dankend mit und verpasste seinem Social-Media-Auftritt einen neuen Anstrich:

Leicht unscharfe Schrift auf hellgrünem Hintergrund schmückt nun den offiziellen X- und Instagram-Account von Harris‘ Wahlkampfteam – und ähnelt damit dem Design des neuen Albumcovers von Charli XCX.

Der "Spiegel" schreibt:

"Das verfängt beim Publikum. Innerhalb der ersten beiden Tage seit der Verkündung hat das Kampagnenteam mehr für die Sichtbarkeit seiner Social-Media-Kanäle erreicht als Bidens Team in den vergangenen Monaten. Mittlerweile hat der Account auf X mehr als eine Million Follower, bei Instagram sind es 176.000 und bei TikTok mehr als 752.000 Abonnenten."

Wenn Politiker auf Social-Media-Trends aufspringen, kann das schnell unangenehm werden. Entweder, weil sie die Hochphase des Trends verpasst haben oder weil sie es schlicht nicht glaubwürdig rüberbringen können. Doch Kamala Harris funktioniert im Internet. Warum?

Anastasia Zejneli schreibt in einem Kommentar für die "taz":

"[Es funktioniert] auch, weil viele der Videos von jungen Use­r*in­nen selbst veröffentlicht werden und es kein reiner Kampagnentrick ist. Harris eignet sich diese Zuschreibung als Göre an. Und wird dabei [von Charli XCX] unterstützt."

Es ist also nicht nur so, dass Harris‘ Wahlkampfteam kompetent auf Social Media agieren kann. So viel Pech wie Joe Biden mit Memes zu seinem Alter hatte, so viel Glück hat Kamala Harris jetzt mit Memes zu ihrer Art zu lachen oder zu tanzen. Mal schauen, wie lange sie diese Trendwelle erfolgreich surfen kann.


Altpapierkorb (Stellenabbau bei der BBC, Rückläufige Auflagen, Anti Westmedien, El Hotzo)

+++ 500 Stellen will die BBC in den nächsten zwei Jahren streichen. Dadurch sollen 200 Millionen Pfund eingespart werden, die unter anderem in eine digitale Neuausrichtung des Senders fließen sollen, wie die "FAZ" meldet. Wie die "Financial Times" berichtet, hatte es die BBC unter der bisherigen konservativen Regierung besonders schwer: Trotz Inflation durfte sie ihre Rundfunkbeiträge nicht erhöhen. Verhandlungen über einen neuen Beitrag werden erst wieder 2027 geführt, man verspricht sich von der neuen Regierung jedoch wieder mehr Zuspruch. Bei der BBC arbeiten knapp 22.000 Menschen.

+++ "epd Medien" hat die Auflagenzahlen der Zeitungen und Zeitschriften aus dem zweiten Quartal 2024 veröffentlicht. Die sind weiterhin rückläufig, außer bei den Wochenzeitungen.

+++ In Russland könnte ein verschärftes Gesetz dazu führen, dass westliche Medien weiter eingeschränkt werden können ("Spiegel"). Das Gesetz zielt bislang darauf ab, "unerwünschte" NGOs aus dem Ausland zu verbieten. Laut dem "Spiegel" könnte das Gesetz "künftig unter anderem auf die in Russland bereits de facto verbotene Deutsche Welle angewendet werden." Außerdem könne das Gesetz Auswirkungen auf andere staatlich unterstützte Medien wie die BBC haben.

+++ Der Fall El Hotzo wurde in den vergangenen Tagen heiß diskutiert (zuletzt in diesem Altpapier) und dabei auch oft mit Äußerungen von rbb-Kabarettist Dieter Nuhr in Verbindung gebracht (Altpapier). Warum der rbb El Hotzo, nicht aber Dieter Nuhr nach seinen ebenfalls geschmacklosen Worten gefeuert hat, hat das "Zapp Medienmagazin" beim Sender nachgefragt und auf X veröffentlicht. +++

Das Altpapier am Donnerstag schreibt René Martens.

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