Das Altpapier am 21. Dezember 2023: Porträt des Altpapier-Autoren Ralf Heimann
"Das Altpapier" ist eine tagesaktuelle Kolumne. Die Autorinnen und Autoren kommentieren im aktuellen Altpapier die wichtigsten Medienthemen des Tages. Bildrechte: MDR | MEDIEN360G

Kolumne: Das Altpapier am 21. Dezember 2023 Ist wirklich was faul in Dänemark?

21. Dezember 2023, 11:32 Uhr

Die AfD ist so erfolgreich und allgegenwärtig wie nie. Liegt das auch daran, dass ständig darüber diskutiert wird, wie man mit der Partei umgeht? Heute kommentiert Ralf Heimann die Medienberichterstattung.

Das Altpapier "Das Altpapier" ist eine tagesaktuelle Kolumne. Die Autorinnen und Autoren kommentieren und bewerten aus ihrer Sicht die aktuellen medienjournalistischen Themen.

Die AfD – was bisher geschah, in dieser Woche

Vielleicht zuallererst ein Blick auf die aktuellen Meldungen. Die taz berichtet am Mittwoch über den Notruf, den "Katapult"-Herausgeber Benjamin Fredrich verbreitet hat, weil seine Leute von Rechtsextremen bedroht worden seien (Altpapier), im aktuellen Fall auf einer Baustelle, aber sonst auch immer wieder bei Demonstrationen und per E-Mail. In Mecklenburg-Vorpommern, wo der "Katapult"-Verlag seinen Sitz hat, ist die AfD in Umfragen mit ungefähr 35 Prozent aktuell stärkste Kraft. Auch in Sachsen, Thüringen und Brandenburg liegt sie in Umfragen vorn.

In einer aktuellen Forsa-Umfrage erreicht die AfD mit 23 Prozent bundesweit ihren bislang höchsten Wert, schreibt der Tagesspiegel, "mehr als die NSDAP bei der Reichstagswahl 1930", heißt es in der Überschrift.

Die "Welt" ist auf die Idee gekommen, über ihre Meldung dazu ("23 Prozent – AfD auf neuem Allzeithoch) mit dem Politikwissenschaftler Werner Patzelt zu sprechen, der in Interviews gerne beschwichtigt, so schlimm sei das mit der AfD doch gar nicht, was in seinem Fall aber auch daran liegen könnte, dass er die Partei so wenig schlimm findet, dass er sie sogar schon beraten hat.

Im "Welt"-Interview sagt er mit rollendem "r": "Es ist ein Anfang für das, was im nächsten Jahr sich bei den ostdeutschen Landtagswahlen ereignen wird, wo mit großer Wahrscheinlichkeit die AfD allenthalben als die stärkste Partei hervorgehen wird." Das Problem sieht Patzelt allerdings vor allem bei den anderen Parteien, in ihrer Politik und darin, dass sie nicht mit der AfD und schon gar nicht über deren Inhalte sprechen wollen.

Man könnte noch erwähnen, dass der Tischlermeister Tim Lochner es in Pirna soeben geschafft hat, auf einem AfD-Ticket Oberbürgermeister zu werden – und dass bei der Wahlwiederholung in Berlin die unter Terrorverdacht stehende AfD-Politikerin Birgit Malsack-Winkelmann auf dem Wahlzettel steht.

Ach ja, und die Staatsanwaltschaft sieht keine Hinweise darauf, dass AfD-Co-Parteichef Tino Chrupalla im Oktober bei einer Wahlkampfveranstaltung in Ingolstadt angegriffen worden ist, wie unter anderem die "Süddeutsche Zeitung" berichtet. Es habe zwei einen fünf Millimeter tiefen Einstich und etwas Blut auf der Kleidung gegeben, aber Hinweise auf einen Giftanschlag oder darauf, dass ihm etwas injiziert worden sei, gebe es nicht.

Chrupalla selbst hatte, ohne Genaueres zu wissen, von einem "Anschlag auf meine Person" gesprochen. Die Einstellung des Verfahrens nutzte er, wie man das in der AfD eben so macht, um Zweifel an staatlichen Institutionen zu säen, in diesem Fall an der Staatsanwaltschaft. Es sei ihm "unerklärlich", weshalb das Verfahren eingestellt werde. Dazu kommentierte er eine Mitteilung der Behörde mit dem Satz:

"Auch einige tatsächliche Darstellungen in dem Schreiben vom heutigen Tag sind faktisch nicht korrekt."

Was genau er meinte, konkretisierte er nicht. Sein Statement diente möglicherweise einfach dazu, die Opfer-Inszenierung – der AfD-Markenkern – noch etwas weiterzuführen. Jetzt also auch noch Opfer der Staatsanwaltschaft.

Das ist der aktuelle Hintergrund, vor dem andere Medien sich mit der Frage beschäftigen, ob der Umgang, auch der mediale, mit der AfD so richtig ist, ob man es anders machen könnte, und wie man es machen sollte.

Der problematische mittlere Graubereich

Die Sozialwissenschaftler Maik Fielitz und Holger Marcks, die zusammen die Forschungsstelle der Bundesarbeitsgemeinschaft "Gegen Hass im Netz" leiten, schreiben in einem Beitrag für "Zeit Online", gerade die Debatte über den richtigen Umgang mit der AfD könne selbst zum Problem beitragen, sie könne die Kräfte am rechten Rand befördern.

Einen Grund dafür sehen sie in einem durch moralische Wertungen zu sehr in Schwarz und Weiß gezeichnetem Bild. Die Mitte-Studie zeige, dass nur ein Viertel der AfD-Wählerinnen und Wähler ein rechtsextremes Weltbild hätten. Man müsse also "den Graubereich der Mitte" in den Blick nehmen, wo die Bindungen zu den etablierten Parteien brüchig seien.

Fielitz und Marcks schreiben:

"Wo die Brandmauer überstrapaziert wird, wo diejenigen, die einen anderen Umgang auch nur erwägen, gleich der rechtsextremen Beihilfe beschuldigt werden, drohen Effekte der Abstoßung und Neuorientierung. Den Raum auf einer Seite zu verengen, bringt eben mit sich, dass er sich auf der anderen weitet."

Anders gesagt: Wenn man die Menschen, die sich der AfD in irgendeiner Weise auch nur annähern wollten, moralisch verurteilt, führt das laut Fielitz und Marcks nicht unbedingt dazu, dass die Bindung an demokratisch orientierte Parteien sich wieder verfestigt, sondern eher dazu, dass sie sich weiter löst und die Menschen auf der anderen Seite andocken.

Man könnte die These vielleicht so beschreiben: Lässt man im Graubereich keinerlei Abweichung zu, kann das schnell dazu führen, dass Abweichler schnell auf die andere Seite wechseln.

Aber was macht man dann mit diesen Menschen? Können die Parteien sie wieder fester an sich binden, wenn sie inhaltlich Zugeständnisse machen? Und sollten sie das?

Vor allem in der linken Sphäre werde das mit "Narrativ" verneint, "eine Angleichung an die AfD führe zu einer Normalisierung ihrer Inhalte, "letztlich würden sich die Wähler für das Original entscheiden", schreiben Fielitz und Marcks. Dabei versuchten Menschen gern, dem Argument mehr Autorität zu verleihen, indem sie betonten, das sei wissenschaftlich belegt. So eindeutig seien die Ergebnisse allerdings nicht. Fielitz und Marcks:

"Zwar zeigen neuere Forschungsarbeiten, dass Anpassungen bei anderen Parteien der rechten Konkurrenz eher Gewinne bescheren. Doch handelt es sich hier vorwiegend um Ableitungen aus anderen Zeiten und Ländern, da Effekte im aktuellen deutschen Kontext kaum untersucht sind. Die Ergebnisse bilden also einen Durchschnitt ab; ein Automatismus lässt sich daraus nicht folgern. Auch die Studie, die häufig als Kronzeugin der Erzählung angeführt wird, stellt fest, dass Anpassung unter Umständen effektiv sein kann – interessanterweise dann, wenn kein cordon sanitaire praktiziert wird."

Ein wichtiger Punkt dabei ist: Ein eindeutiger Zusammenhang lässt sich womöglich nur schwer zeigen. Es mangle an Kontrollvariablen. "Korrelation ist nicht gleich Kausalität", schreiben Fielitz und Marcks. Dieser Punkt ist in Sascha Lobos "Spiegel"-Kolumne von Bedeutung, in der es in dieser Woche ebenfalls um die AfD geht.

Lernen von Dänemark?

Lobo schreibt, er halte

"die Gefahr, die von der AfD für die gesamte Demokratie und erst recht für marginalisierte Menschen in Deutschland ausgeht, für so groß und so bedrohlich, dass wir uns nicht leisten können und dürfen, in Schönheit zu sterben".

Damit meint er, und jetzt wird es etwas komplizierter: Auch wenn es nicht seiner politischen Position entspreche, etwa im großen Stil abzuschieben, denn das habe ja "durchaus und absichtsvoll rechtspopulistischen und menschenfeindlichen Anklang", müsse man so etwas unter Umständen womöglich doch in Betracht ziehen, wenn die AfD dadurch an Zustimmung verliert.

Weitergedacht würde das bedeuten: Wenn am Ende eh im großen Stil abgeschoben wird, weil sich für solche Positionen und vielleicht auch überhaupt für diese politische Richtung in der Bevölkerung eine Mehrheit findet, dann lässt sich vielleicht immer noch Einfluss darauf nehmen, wer diese Aufgabe übernimmt und damit auch in anderen politischen Fragen die Kontrolle behält.

In einer anderen Welt würde Christian Lindner vielleicht sagen: "Es ist besser, teilweise nicht so ganz super zu regieren, als gar nicht zu regieren."

Lobo begründet seine Zweifel an der Erzählung, dass die Menschen am Ende doch immer das Original wählen, mit dem Beispiel Dänemark, wo die Sozialdemokraten laut Lobo "ihre weltoffene und einladende Position zu Migration und Integration" verändert hätten und nun "für eine harte und kompromisslose" stünden, die von "Kritiker:innen sogar als rassistisch bezeichnet" worden sei.

Er schreibt:

"Beobachter:innen fast aller politischer Richtungen sind sich sicher, dass der Rechtsruck in Migrations- und Integrationsfragen der dänischen Sozialdemokraten die mit Abstand wichtigste Ursache für den Absturz der Rechtspopulisten war."

Die Frage ist nur: Stimmt diese Interpretation?

Es könnten auch ganz unterschiedliche mediale Wahrnehmungseffekte dazu beigetragen haben, dass die am naheliegendsten erscheinende Erklärung sich verbreitet. Menschen halten oft die Erklärung für am wahrscheinlichsten, die ihnen am besten in Erinnerung ist (Verfügbarkeitsheuristik). Dazu gibt es die Tendenz, den Einfluss von Personen auf Erfolge zu überschätzen (fundamentaler Attributionsfehler) – in dem Fall wäre das der Einfluss der Ministerpräsidentin beziehungsweise ihrer personalisierten Partei. Wenn eine Erklärung sich verbreitet hat, kann der Bestätigungsfehler zudem dazu beitragen, dass sie sich weiter verbreitet. Eine Rolle kann auch das im Journalismus wie überall verbreitete Herdenverhalten spielen. Wenn zwei Fachleute eine Erklärung für wahrscheinlich halten, dann verlässt man sich als dritter nicht ganz so fachkundiger Beobachter vielleicht einfach auf die beiden.

Damit ergibt sich eine andere Frage: Lässt sich das Beispiel Dänemark auf Deutschland übertragen? Diese Frage stellt auch Lobo. Nach seinem Eindruck "tänzelt die Debatte in Deutschland oft auf merkwürdige Weise um die Kernpunkte dieser dänischen Erkenntnis herum". Er kritisiert etwa den Rechtsextremismusforscher Matthias Quent, der sagt: "Die öffentliche Diskussion muss sich dringend von der dominanten Migrationsfrage zur Frage nach sozialer Gerechtigkeit verschieben", wie Lobo zitiert. Hier geht es also auch um die Rolle der Medien.

Ist die AfD so erfolgreich, weil falsche Debatten geführt werden – oder Debatten falsch? Lobo ist der Auffassung, dass hier Ursache und Wirkung vertauscht werden. Er schreibt:

"Es ist einfach nicht so, dass sich praktisch alle unangenehmen politischen Haltungen auf mediale oder gar, wie die Unterstellung implizit manchmal lautet, tendenziöse Berichterstattung zurückführen lassen. Manchmal sind die Entscheidungen von Menschen auch schlicht Reaktionen auf die von ihnen wahrgenommene Realität, an der sehr viel mehr Faktoren beteiligt sind als 'nur' die Medienlandschaft."

Beides, Quents Zitat und Lobos Erklärung, widerspricht sich allerdings nicht unbedingt. Lobo schreibt, manchmal wählten Menschen rassistische Parteien nicht, weil sie irgendwelche Artikel gelesen hätten, sondern weil sie rassistisch seien. Wenn man aber davon ausgeht, dass im Grunde alle Menschen rassistische Tendenzen haben, die sich jedoch unter anderem durch Denken überwinden lassen, und wenn man dazu noch die Annahme trifft, dass es vernünftige Argumente gegen Rassismus gibt, kann es einen Unterschied machen, auf welche Weise öffentliche Debatten geführt werden. Im Graubereich beeinflusst das unter Umständen tatsächlich einige. Aber eben nicht alle, da hat Lobo recht.

Und: In vielen Gruppen sind die Medien, von denen wir hier sprechen, ohnehin schon raus, weil sie die Menschen, um die es hier geht, gar nicht erreichen. Aber es bliebe doch noch die Frage, wie Medien die Menschen beeinflussen, die diese Gruppe auf irgendeine Weise dann doch erreichen, zum Beispiel eben in Berlin oder den Landeshauptstädten durch ihre Politik.

Social Media: Das AfD-Erfolgsrezept

In der Süddeutschen Zeitung hat Philipp Bovermann sich viel Zeit genommen, um eine Antwort auf die Frage zu finden, warum die AfD in den sozialen Medien so erfolgreich ist. Er identifiziert vor allem drei Faktoren.

Der naheligendste: Sie ist dort einfach sehr aktiv, auch da, wo andere Parteien noch zögern, etwa weil die Plattform aus China stammt und sie sich um ihre Daten sorgen. Der zweite Punkt ist:

"Das Geheimnis der Reichweite der AfD liegt in ihrem Community-Management. Sie hat sich ein weites Netz aus politischen Kleinunternehmern geschaffen, viele davon rekrutieren sich aus Protestbewegungen, die allermeisten sind irgendwelche anonymen Netzaktivisten, denen die AfD das Gefühl gegeben hat, Teil einer Gegenöffentlichkeit zu sein, eines 'Wir'."

Es gelingt der Partei laut Bovermann also gut, ein Gemeinschaftsgefühl zu schaffen. Interessanterweise ist das Bindemittel hier gar nicht so sehr eine gemeinsame Idee, sondern eher die Ablehnung der gemeinsamen Ideen anderer. Und dann ist da noch ein dritter Punkt:

"Die AfD (…) macht plattformübergreifend etwas ganz Verrücktes: Sie spricht über Politik. Das passt besser in die gegenwärtige, zunehmend von Virallogiken getriebene Tiktok-Phase des Social Web. Die AfD setzt weniger auf die perfekte Inszenierung von Personen als vielmehr auf das Verbreiten von Themen."

Um den Mechanismus zu beschreiben, nutzt Bovermann das von dem Historiker Anton Jäger so genannte Phänomen der Hyperpolitik, das besagt: Menschen engagieren sich im Netz vor allem auf symbolische Weise politisch. Sie nutzen Profilbilder oder Hashtags, um ihre Haltung zu zeigen. Eine sachliche und konstruktive Debatte kommt so nicht zustande. "Im Lokalen wird aus Hyperpolitik wieder Politik", schreibt Bovermann. Also wo eine emotionale Verbundenheit entstanden ist, kann sich das auch in tatsächlichen Taten zeigen, am Ende dann auch in Kreuzchen auf dem Wahlzettel. Das ist ein medialer Effekt, in dem Bovermann für andere Parteien eine Chance sieht.

In einem zweiten Beitrag hat Bovermann mit sieben Kommunikationsberaterinnen und Kommunikationsberatern gesprochen. Der in diesem Zusammenhang oft zitierte Politikberater Johannes Hillje sagt etwa:

"Was oft vergessen wird: Unter Emotionalität fällt auch wertebasiertes Denken, nicht nur starke Affekte wie Wut oder Zorn."

Wut oder Zorn haben hier allerdings leider einen unglücklichen Wettbewerbsvorteil: Sie lassen sich viel leichter herstellen.


Altpapierkorb (Digitale-Dienste-Gesetz, Grimme, Gottschalk, Buhrow, Tiktok, Chatkontrolle, Rabe Ralf, Frankfurter Rundschau, Einfach Heidelberg, Schweizer Bankengesetz)

+++ Nachdem das Deutschlandfunk-Medienmagazin "@mediasres" am Dienstag mit NRW-Medienminister Nathanael Liminski (CDU) über die Zukunft des Grimme-Instituts gesprochen hat (Altpapier), kam in der Sendung vom Mittwoch Belegschaftsvertreterin Aycha Riffi zu Wort, die zu Liminskis Ankündigung, über den "Grimme Online Award" sei noch nicht entschieden, sagt: "Das ist ein unglaublich ermutigendes Signal auch für uns." Vera Lisakowski schreibt im Grimme-Newsletter allerdings, unter Verweis auf Liminskis Ankündigung: "Es wäre ja toll, wenn er (der Preis, Anm. Altpapier) doch stattfinden könnte – wir allerdings sehen nicht, wie wir das bezahlen könnten."

+++ Der Bundestag hat den Entwurf des Digitale-Dienste-Gesetzes beschlossen, mit dem der sogenannte"Digital Services Act" der Europäischen Union umgesetzt wird, berichtet unter anderem "epd Medien". Zur Erinnerung: Das Gesetz verpflichtet Online-Plattformen, ihre Nutzerinnen und Nutzer vor illegalen Inhalten, Waren und Dienstleistungen zu schützen. Für größere Plattformen mit über 45 Millionen Nutzern gelten etwas strengere Regeln, und weil die EU-Kommission diese Plattformen kontrolliert, gelten die Regeln für sie auch bislang schon. Für kleinere Platten soll das neue Gesetz laut Plan ab dem 17. Februar gelten. Sie werden dann von einer zentralen Stelle der Bundesnetzagentur kontrolliert. Der Digitalpolitik-Experte Falk Steiner sagt im Interview mit "@mediasres" allerdings, das mit dem Zeitplan werde wohl nicht klappen. Laut Bundesregierung sei das Gesetz frühestens Anfang April so weit. Das wiederum könne das Verfahren gegen das  Netzwerk X verzögern, das die EU-Kommission am Montag eröffnet hat.

+++ Michael Hanfeld schreibt auf der FAZ-Titelseite sowie der Medienseite in einem Leitartikel zu Gottschalk, der Samstagabendunterhaltung und einem kurzen Kommentar zum etwas früher scheidenden WDR-Intendanten Tom Buhrow, kurz: zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk, das Gleiche wie immer.

+++ Severin Pehlke hat sich für das NDR-Medienmagazin "Zapp" in Nairobi mit einem Menschen getroffen, der für das Netzwerk Tiktok verstörende Inhalte aus dem Angebot gefiltert hat und mit den traumatischen Folgen noch heute zu kämpfen hat.

+++ Die EU-Kommission kann laut einem Bericht von Markus Reuter für Netzpolitik.org nicht belegen, warum es verhältnismäßig sein soll, wenn Microsoft, Google oder Facebook Chats mit einer Ausnahmegenehmigung überwachen dürfen. Das dürften sie tatsächlich. Die Kommission plant, die freiwillige Chatkontrolle laut dem Bericht bis August 2024 zu verlängern. Reuter schreibt, es könnte sein, dass man dann auch irgendwann wieder versucht, die verpflichtende Chatkontrolle einzuführen. Kritiker wie der EU-Abgeordnete Patrick Breyer warnen vor einer willkürlichen Privatjustiz der Konzerne.

+++ Der Umweltzeitung "Der Rabe Ralf" droht das Ende, berichtet Peter Nowak für die taz. Die Zeitung hofft, das mit einer Abo-Kampagne verhindern zu können.

+++ Josef-Otto Freudenreich ist für die Wochezeitung "Kontext" nach Frankfurt gefahren, um sich die Misere der "Frankfurter Rundschau" aus der Nähe anzuschauen. Dabei zeichnet er die Krise der Zeitung nach, die man im Grunde als chronisch bezeichnen muss. Und es geht um ein Problem, das immer wieder auftaucht, wenn es um die Zeitungen geht, die sich in der Krise befinden oder angeblich in der Krise befinden: Die Zeitungen nennen keine Zahlen. Es kann also auch sein, dass die Krise nur eine gefühlte Krise ist, in der man alten Renditegewohnheiten hinterhertrauert. Ein Hinweis darauf, dass sich das Geschäft in irgendeiner Weise wohl doch noch lohnen muss, ist eine Passage über den Verleger Dirk Ippen, einen Konservativen, der sich das linke Blatt aus irgendeinem Grund hält: "Dirk Ippen, 83, wird unter den 500 reichsten Deutschen rubriziert. Geschätztes Vermögen: 550 Millionen Euro."

+++ In einem anderen "Kontext"-Beitrag beschäftigt sich Theresa Horbacher mit der Redaktion von "Einfach Heidelberg", einem inklusiven Magazin, das Nachrichten in einfacher Sprache erklärt.

+++ In der Schweiz gab es kurz Anlass zur Hoffnung, das Parlament könnte das Bankengesetz so entschärfen, dass Journalistinnen und Journalisten wenigstens nicht ins Gefängnis kommen, wenn sie investigativ arbeiten. Das ist gescheitert, berichtet Isabell Pfaff auf der SZ-Medienseite. Jetzt könnte alles noch schlimmer werden. Der Medienrechtler Urs Saxer sagt über das, was jetzt droht: "Wenn aus diesem Vorhaben ein Gesetz wird, brauchen wir keinen Quellenschutz mehr, denn dann dürfen Journalisten ohnehin nichts veröffentlichen, was sie vertraulich erfahren haben."

Das Altpapier am Freitag schreibt Klaus Raab.

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