Das Altpapier am 14. Dezember 2023: Porträt des Altpapier-Autoren René Martens
"Das Altpapier" ist eine tagesaktuelle Kolumne. Die Autorinnen und Autoren kommentieren im aktuellen Altpapier die wichtigsten Medienthemen des Tages. Bildrechte: MDR | MEDIEN360G

Kolumne: Das Altpapier am 14. Dezember 2023 Verfrühte Bescherung für Impfgegner

14. Dezember 2023, 13:56 Uhr

Der MDR strahlt zur besten Sendezeit einen Beitrag über angeblich "verunreinigte" Impfstoffe aus und präsentiert als Kronzeugin eine dubiose Wissenschaftlerin. Im Frühjahr 2024 erscheint ein neues Klimajournalismus-Magazin. Heute kommentiert René Martens die Medienberichterstattung.

Das Altpapier "Das Altpapier" ist eine tagesaktuelle Kolumne. Die Autorinnen und Autoren kommentieren und bewerten aus ihrer Sicht die aktuellen medienjournalistischen Themen.

Die herkömmlichen Medien versagen in der Klimakrise

Überall ist jetzt Rückblicksstimmung, und insofern liegt es nahe, dass Peter Unfried in einer Kolumne für die am Dienstag erschienene neue Ausgabe der Vierteljahreszeitschrift "taz futurzwei" das "Medienversagen des Jahres" in den Blick nimmt. In dem derzeit nicht online stehenden Text schreibt Unfried:

"Der konstruktive Journalismus, von dem jetzt viel geredet wird, ist nicht die Lösung, er offenbart das Problem. Öffentlich-rechtliche und auch überregionale und regionale Medien haben kaum fünfzig Jahre nach Erscheinen der Grenzen des Wachstums total innovativ Räume geschaffen für konstruktiven 'Klimajournalismus'. Doch selbst wenn das gut gemacht ist, bleibt damit die zentrale Zukunftsfrage des Erhalts der planetarischen Grundlagen für das Leben von Milliarden Menschen in einen Nebenraum delegiert (…) Wir brauchen aber (…) kein neues Nischenressort, wir brauchen Kompetenzen und Berichterstattung als Kern des politischen Journalismus und vor allem des Berlin-Mitte-Parlamentsbetriebs. Es geht darum, die Kultur in Redaktionen nicht nur in puncto identitätspolitische Repräsentationen und Anteile zu modernisieren, sondern auch in Bezug auf die physikalische Realität des Planeten."

Eine andere Art der Medienkritik formuliert der Autor in folgender Passage:

"Die Wärmepumpen-Katastrophen-Inszenierung der Transformationsgegner war in dem Sinne wirklich gelungen, dass sie die Bundesregierung und überhaupt die Politik zur Dethematisierung dieser voranschreitenden Klima-Eskalation brachte und den Eindruck durchsetzte, jedenfalls in weiten Teilen der Mediengesellschaft, unsere größte Katastrophe bestünde im Einbau von vereinzelten Wärmepumpen. Statt also post-fossile Politik und Resilienz-Politik schleunigst zu intensivieren, wurde eine Kleinreform der Umsetzung europäischer Politik zur Apokalypse dramatisiert. Und wir Medien und Checker machten mit, faselten in unserer routinierten Ahnungslosigkeit daher, dass das Gesetz aber auch wirklich 'nicht sozial genug' gewesen sei und 'handwerklich schlecht' und auch 'kommunikativ nicht gut' gemacht. Was ich sagen will: Uns Qualitätsjournalisten fehlt in den zukunftsentscheidenden Fragen noch die Qualität, das Wissen um die Zusammenhänge (…) Und ernsthafte Klimapolitik klickt aber eben auch nicht gut, während Fleischverbotsbeschwörungen und angebliche Heizungsrausreißorgien wirklich gut laufen."

Die entscheidenden Fragen lauten in dem Zusammenhang meiner Meinung nach: Mangelt es jenen Führungskräften, die die Unfried vorschwebenden Veränderungen herbeiführen könnten, wirklich an Wissen? Hülfe Weiterbildung? Oder kümmert die Journalistinnen und Journalisten "die zentrale Zukunftsfrage des Erhalts der planetarischen Grundlagen" so wenig wie sie die meisten verantwortlichen Politikerinnen und Politiker kümmert?

"Die herkömmlichen Medien versagen in der Klimakrise und werden ihrem gesellschaftlichen Auftrag nicht gerecht, Orientierung und Einordnung zu liefern",

lautet eine weitere am Dienstag veröffentlichte Kritik, und formuliert haben sie die Macherinnen und Macher eines neuen Online-Magazins. "Neue Zukunft" soll es heißen, und es will jenen "neuen Journalismus" liefern, den "die Klimakrise erfordert". Sieben Journalistinnen und Journalisten aus Deutschland und der Schweiz stehen hinter dem Projekt, am geläufigsten dürfte Altpapier-Lesern der Name Lorenz Matzat sein, weil der an dieser Stelle hin und wieder erwähnt wird. Im Frühling 2024 soll die erste Ausgabe von "Neue Zukunft" online gehen.

Einen anderen möglichen Grund dafür, warum die Klimaberichterstattung nicht so ist, wie sie sein sollte, benennt David Schechter, der National Environmental Correspondent von CBS in den USA, in einem Beitrag für poynter.org:

"Wenn Sie mehr darüber wissen wollen, wie sich der Klimawandel auf unsere Lebensweise auswirkt, werden Sie das wahrscheinlich nicht in den heutigen Lokalnachrichten erfahren. 25 Jahre lang war ich Lokal-TV-Reporter, in den letzten Jahren spezialisiert auf die Berichterstattung über das Klima. Ich habe gesehen, wie viele meiner Kollegen Angst haben, on air über den Klimawandel zu sprechen."

Gemeint ist die Angst vor Belästigungen und Schikanierungen. Ein Beispiel:

"Until recently, Iowa meteorologist Chris Gloninger made it a point to talk about climate change on the air. But this summer he quit his TV job partly because an aggressive viewer threatened to come to his house to give him "an Iowan welcome (he) will never forget.”

Die "Umschau" schmälert das Vertrauen in den ÖRR

Bescherung ist ja eigentlich erst am übernächsten Wochenende, aber die deutsche Impfgegner-Szene hat ihr Weihnachtsgeschenk schon bekommen. Geliefert hat es leider der MDR, und zwar am Dienstag in der Prime Time in der Sendung "Umschau" mit einem Beitrag unter dem Titel "Corona-Impfstoff in der Kritik – Was ist dran?"

Bei Bluesky weist die freie Journalistin Doreen Reinhard (man findet sie auch bei Twitter, wenn man das denn unbedingt will) auf Folgendes hin:

"Es gab tagelang vorher in Querdenker-Kreisen Aufregung wegen dieses Beitrags, zig Posts bei Telegram, Twitter etc. Endlich werde die Wahrheit verkündet."

Der relativ bekannte Ultrarechte Markus Krall postete zum Beispiel drei Tage vorher:

"Soeben erfahre ich von Prof. Dr. Sucharit Bhakdi: Am 12. Dezember um 20.15 wird auf MDR der ganze Skandal der Covid-Impfung enthüllt. Wir dürfen gespannt sein."

Bhakdi, "Ikone der Querdenker" ("Spiegel") bzw. "Märchenerzähler" (Altpapier 2020 aus leider MDR-internem Anlass), wird uns übrigens gleich wieder begegnen. Steigen wir aber erst einmal in den Film ein. Er beginnt mit dem Satz:

"Wir sind in einem Privatlabor in Magdeburg. Professorin Brigitte König untersucht hier Corona-Impfstoffe. Das Ergebnis: Alle Proben sind verunreinigt. Mit Fremd-DNA, die in dieser Menge nicht in den Impfstoff gehört."

In einem "Privatlabor"? Hallo? Wie auch immer: Wer ist eigentlich König?

Bei der wikipedia-ähnlichen Plattform Psiram, die sich der Esoterik- und Pseudowissenschaftskritik widmet, gibt es einen umfänglichen Eintrag, der ihr Wirken dokumentiert:

"Im Oktober 2023 trat Brigitte König bei einer Veranstaltung der Impfgegner-Gruppe World Council For Health auf, zusammen mit Sucharit Bhakdi (…) Die World Council For Health verbreitet fragwürdige und desinformierende Informationen zu Impfungen gegen die COVID-19-Krankheit. Sie propagiert zudem umstrittene oder wirkungslose Behandlungen der COVID-19 Krankheit (…)"  

Tobias Prüwer kritisiert im Leipziger Stadtmagazin "Kreuzer":

"(Der Beitrag) unterschlägt (…) alarmierende Informationen zur Person der Laborleiterin Brigitte König. Sie wird lediglich als 'externe Professorin an der Medizinischen Fakultät der Universität Magdeburg' vorgestellt. König (…) agiert aber seit Jahren in dubiosen quasi-medizinischen Kreisen."

Dass der Beitrag "das Vertrauen in den Öffentlich-rechtlichen Rundfunk" schmälere und das "das Thema Corona-Impfung beim MDR nicht das erste Mal journalistisch unsauber angegangen" worden sei - das bemerkt Prüwer dann noch.

Dem Schrottportal "Tag 24" (Inhaber: Bertelsmann und die SPD) ist all dies natürlich schietegal, es spitzt den MDR-Beitrag boulevardistisch zu:

"Gerade noch hat der Gesundheitsminister besonders Risikopatienten zur Auffrischungsimpfung geraten. Jetzt steht jedoch ein Corona-Impfstoff in der Diskussion, nachdem ein Magdeburger Labor Verunreinigung feststellen konnte. Was das für den Menschen bedeutet, erklärt das MDR-Magazin 'Umschau'."

Immerhin stellt "Tag 24" damit unfreiwillig die Gefährlichkeit des MDR-Beitrags heraus. Das tut auch der von der "Umschau" angefragte Molekularbiologe Emanuel Wyler, der schriftlich antwortete:

"Meines Erachtens geht (es) hier nicht um DNA in Impfstoffen (…) Sondern entweder Impfungen, unsere beste Waffe gegen Infektionskranheiten, grundsätzlich in Zweifel zu ziehen oder Stimmung zu machen mit dem Thema Corona."

Ärger noch als das Verbreiten von Königs Thesen: Gegen Ende des Beitrags wird als "bislang letzter Akt der Debatte" ein an Ärzte gerichtetes betrügerisches Warnschreiben in Sachen "DNA-Kontaminationen" bezeichnet.

Die "Pharmazeutische Zeitung" äußerte sich zu diesem Schreiben unter anderem so:

"Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) hat nach eigenen Angaben das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) informiert – 'auch aufgrund der unabgestimmten Verwendung des Rote-Hand-Symbols, wodurch eine formelle Gültigkeit als Risikoinformation suggeriert wird'. Natürlich versicherte das PEI auf Nachfrage, an der Erstellung dieses Schreibens nicht beteiligt gewesen zu sein. Es würden nun rechtliche Maßnahmen geprüft, so die AMK."

Mit anderen Worten: Als Beitrag zu einer "Debatte" bezeichnet die "Umschau" hier einen Wisch, der ungefähr die Substanz einer Postwurfsendung hat, in der eine Sekte Menschen auffordert, in den nächsten 24 Stunden einen Bunker aufzusuchen, weil morgen die Atombombe fällt. Goldig dann noch ein weiterer Satz, dessen Beginn sich auf eine im Beitrag erwähnte Untersuchung bezieht:

"Ob diese Analyse allerdings zutrifft und vor allem, ob die mutmaßliche DNA-Belastung Schaden anrichten kann - diese Fragen konnten wir als Redaktion allerdings nicht abschließend beantworten."

Okay, Freunde, wenn ihr nicht wisst, ob die Behauptungen, die ihr verbreitet, stichhaltig sind, und wenn ihr nicht wisst, ob sie dann, wenn sie stichhaltig wären, auch relevant wären, dann solltet ihr diese Behauptungen gar nicht erst verbreiten, vor allem nicht, wenn es um Leben und Tod geht.

Was nun tun? Löschen liegt ja im Trend, allein in diesem Monat ist das in zwei völlig unterschiedlich gelagerten Fällen schon passiert: Die ARD entfernte die unter Beteiligung von Redakteurinnen aus vier Landesrundfunkanstalten entstandene Dokumentation "Deutsche Schuld - Namibia und der Völkermord" aus der Mediathek (siehe zum Beispiel "Tagesspiegel"), und das ZDF eine "ZDF Magazin Royale"-Sendung (siehe zum Beispiel Altpapier von Dienstag und "Süddeutsche" von heute). Kurzer Exkurs: Über "Deutsche Schuld" schrieb ich vor zwei Monaten bei "epd medien":

"(Hier) sind so viele Schwächen komprimiert, dass der Film in Seminaren zur Produktion von Fernsehdokumentationen als ideales Negativbeispiel dienen könnte."

Weshalb ich es gut gefunden hätte, wenn der 45-Minüter nicht aus der Mediathek entfernt worden wäre. Was nun den "Umschau"-Beitrag über "verunreinigte" Impfstoffe angeht: Er ist dazu geeignet, Menschen vom Impfen abzuhalten, und so gesehen ist jede Nanosekunde, die er online steht, eine zu viel. Momentan neige ich dennoch dazu, dafür zu plädieren, den Film als eine Art Mahnmal online zu lassen - und als Ergänzung einen wissenschaftlich und journalistisch seriösen Beitrag dazu zu stellen. Ein guter Ansprechpartner wäre hier der Mediziner Janos Hegedüs, der auf YouTube bereits mit einem so vernichtenden wie unterhaltsamen Beitrag („Vielleicht kommt der Impfstoff-Experte Attila Hildmann auch noch“) auf den "Umschau"-Film reagiert hat.

Eine Staatsanwältin lässt die Wohnung eines dpa-Fotografen durchsuchen

Auf die Strafprozessordnung gehen wir hier nicht allzu oft ein, aber heute gibt es einen aktuellen Anlass. Zitiernswert sind § 97 Abs. 5 ("verbietet die Beschlagnahme von journalistischen Unterlagen zu Beweiszwecken") und § 53 ("Zeugnisverweigerungsrecht der Berufsgeheimnisträger"). Warum? Schauen wir in die taz:

"Die sächsische Polizei braucht Beweismaterial. Ohne Vorwarnung steht sie deshalb Dienstag mit einer Staatsanwältin und einem Durchsuchungsbefehl vor der Tür eines jungen Fotografen in Halle. Er soll als Zeuge Aufnahmen aushändigen, die er zu den Ausschreitungen am 'Tag X' in Leipzig am 3. Juni gemacht hat. Als der 19-Jährige sich weigerte, kam es zu einer Durchsuchung, bei der nach Angaben des Betroffenen mehrere Speichermedien beschlagnahmt wurden."

MDR Sachsen informiert:

"Am 'Tag X' arbeitete er freiberuflich als Pressefotograf, unter anderen auch für die Deutsche Presseagentur (dpa)."

Und der Privatsender Sachsen Fernsehen berichtet:

"Auf seinen im Internet veröffentlichten Fotografien vom 3. Juni sind nach SF-Sichtungen größtenteils Polizeikräfte im Einsatz zu sehen. Doch auch für den Fall, dass der Journalist Foto- oder Videoaufnahmen von Straftaten anfertigte, ist ein derartiges Vorgehen der Behörden äußerst ungewöhnlich. Eine Bitte, Material von dem Tag an die Polizei weiterzugeben, haben nach Informationen unseres Senders mehrere Reporter bekommen - jedoch nicht verpflichtend, da Journalisten nicht der Polizei zuarbeiten müssen. Ob eine Razzia mit mehreren sächsischen Polizeikräften und einem Staatsanwalt in der Privatwohnung des Foto-Journalisten wirklich das mildeste Mittel war, um bei den Ermittlungen rund um den 'Tag X' voranzukommen - fraglich."

Nun bietet es sich an, die Razzia in eine Reihe zu stellen mit einigen anderen behördlichen Angriffen auf die Pressefreiheit, die in der jüngeren Vergangenheit stattfanden (Altpapier). Aber es gibt auch quasi-historische Kontinuitäten. Worauf etwa die taz verweist:

"Früher schon griff die Polizei zu ähnlichen Maßnahmen wie beim jungen Hallenser. Im Anschluss an die antikapitalistischen 'M31'-Proteste 2012 in Frankfurt am Main, wo es auch Randale gab, kam es zu diversen Hausdurchsuchungen von Fotojour­na­lis­t*in­nen. Einige von ihnen arbeiteten auch für die taz."

Und auch das Sachsen Fernsehen blickt zurück:

"In der Vergangenheit gab es bereits mehrfach Durchsuchungen bei Foto- und Videoreportern nach Ausschreitungen auf Demonstrationen. Nicht selten klagten die betroffenen Journalisten dagegen und bekamen in langjährigen Gerichtsverfahren recht - die Durchsuchungen bei Journalisten waren häufig rechtswidrig. Doch bis das festgestellt wurde, war die Wohnung schon durchsucht, die Geräte beschlagnahmt und das Material bei der Polizei."


Altpapierkorb (Ableismus, Rückblick aufs Print-Jahr 2023, "Rückkehr nach Israel")

+++ Den weiterhin verbreiteten Ableismus im Fernsehen kritisiert Andrea Schöne bei "Übermedien". Unter anderem nimmt sie den NDR ins Visier - weil dessen jährliche Spendenaktion "Hand in Hand für Norddeutschland" in diesem Jahr unter dem Motto "Besser zusammen! Der NDR mit der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung" steht. Schöne: "Dazu sollte man als Zuschauer*in allerdings wissen, dass die Lebenshilfe ein Träger der Wohlfahrt ist, der Behindertenwerkstätten und Wohneinrichtungen betreibt. Aus Sicht von Behindertenrechtsaktivist*innen stellen sie einen entscheidenden Faktor für die Exklusion behinderter Menschen dar. Mit der Spendenaktion wird hier also einer Organisation eine Plattform geboten, die sich als vermeintlich inklusiver Akteur inszenieren kann. Ein Sender wie der NDR sollte besser das Wohlfahrtssystem, das behinderte Menschen erst in die Lage von Bittsteller*innen bringt, infrage stellen. Solche Spenden-Galas und Konzepte sind in der heutigen Zeit nicht mehr tragbar."

+++ Aurelie von Blazekovic blickt für die "Süddeutsche" auf die in diesem Jahr beschlossenen Magazin-Einstellungen sowie andere Einschnitte auf dem Print-Markt zurück, zum Beispiel im Regionaljournalismus: "Die Funke Mediengruppe hat im März die Zustellung der Ostthüringer Zeitung in den, keine charmante Ortsbeschreibung, 'unwirtschaftlichen Gebieten von Greiz' eingestellt. Die betroffenen rund 300 Abonnenten dort mussten ab Mai 2023 auf digital umstellen (…) Auch die Madsack Mediengruppe erklärte im Mai den Landkreis Prignitz im Nordwesten Brandenburgs zur 'Zukunftsregion für digitalen Regionaljournalismus'. Was bedeutete, dass auch hier keine gedruckten Zeitungen mehr ausgeliefert werden." Das Wort "auch" ist in beiden Sätzen etwas irreführend. Sowohl Funke als auch Madsack haben zwar radikale Maßnahmen getroffen. Dennoch macht es einen gewaltigen Unterschied, ob man Print-Ausgaben einstellt und nur noch E-Paper-Versionen anbietet - wie es Madsack bei bisher drei Lokalausgaben der "Märkischen Allgemeinen" tut (siehe Altpapier) - oder es wie Funke macht und einem sehr kleinen Teil der Abonnenten die weiterhin erscheinende und vermutlich an jeder Tankstelle in den betroffenen Gemeinden erhältliche Print-Ausgabe nicht mehr morgens um sechs Uhr in den Briefkasten steckt. Am Ende des SZ-Textes wird noch erwähnt, dass einige Abonnierende sich die Zeitung nun per Post zustellen lassen.

+++ In der vergangenen Woche habe ich an dieser Stelle kritisiert, dass es in den hiesigen Medien an ausführlichen Rezensionen zu dokumentarischen Produktionen mangelt. Ich würdige daher heute gern, dass Sandra Kegels FAZ-Rezension zu Jenifer Girkes 30-Minüter "Rückkehr nach Israel" (ab 22.25 Uhr bei 3sat) rund 8.500 Zeichen lang ist. Konkret geht es hier um Meron Mendels erste Reise nach Israel seit dem 7. Oktober: "Der israelische Publizist und Wissenschaftler, der seit mehr als zwanzig Jahren in Deutschland lebt, ist in einem Kibbuz inmitten der Negevwüste aufgewachsen (…) Wie ein Mantra formuliert Mendel den Gedanken immer wieder neu, dass Israel eine Zukunft habe, die aber neu denken müsse, und das koste viel Kraft. Seine Zuversicht wird auf eine harte Probe gestellt, etwa wenn er mit seinem Studienfreund Itai, dessen Familie an der Grenze zum Gazastreifen lebte, in die verlassene Stadt fährt. Verbrannte Autos, zerstörte Häuser und streunende Katzen ist alles, was geblieben ist. Wer hier gelebt hat, ist entweder tot oder geflüchtet. Itai hofft, eines Tages zurückzukehren. Er zeigt dem Freund den Schutzraum, in dem die Familie zwölf Stunden lang ausharrte (…) Nicht alle hatten so viel Glück wie Itai. Shachar wurde getötet wie ihr Ehemann auch. Shachars Familie war Mendels zweites Zuhause, ihr Bruder sein bester Freund. Die Mutter kann kaum sprechen, als Meron Mendel sie besucht."

Das Altpapier am Freitag schreibt Ralf Heimann.

Mehr vom Altpapier

Kontakt