Das Altpapier am 1. März 2023: Porträt der Altpapier-Autorin Johanna Bernklau
"Das Altpapier" ist eine tagesaktuelle Kolumne. Die Autorinnen und Autoren kommentieren im aktuellen Altpapier die wichtigsten Medienthemen des Tages. Bildrechte: MDR | MEDIEN360G

Kolumne: Das Altpapier am 1. März 2023 Kahlschlag Nummer 2

01. März 2023, 08:57 Uhr

Bereits Ende letzten Jahres gab es Andeutungen zu einer Umstrukturierung bei Axel Springer, gestern hat CEO Mathias Döpfner sie offiziell verkündet: Eingespart werden sollen 100 Millionen Euro, abgebaut werden sollen eine unbezifferte Anzahl an Jobs und das alles für das neue Motto des Medienunternehmens: "Digital Only". Heute kommentiert Johanna Bernklau die Medienberichterstattung.

Das Altpapier "Das Altpapier" ist eine tagesaktuelle Kolumne. Die Autorinnen und Autoren kommentieren und bewerten aus ihrer Sicht die aktuellen medienjournalistischen Themen.

Bevor es mit dem heutigen Altpapier losgeht, erlauben Sie mir kurz zwei Sätze der Begrüßung: Hallo, mein Name ist Johanna Bernklau und ich bin ab heute neue Altpapier-Autorin. Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meinen Texten einen Überblick über die aktuelle Medienberichterstattung verschaffen kann und meine Perspektive darauf einen Mehrwert für Sie bietet.

Springer-Verlag mit einschneidenden neuen Plänen

Erst Kahlschlag bei Gruner + Jahr, jetzt Kahlschlag bei "Welt" und "Bild" – während das Schlagwort "Kahlschlag" so langsam an Schlagkraft verliert, tut es der Inhalt eher nicht: Schon wenige Wochen nachdem Bertelsmann-CEO Thomas Rabe seine Abwicklungspläne für Gruner + Jahr verkündete, geht es nun den nächsten Print-Medien an den Kragen:

Die Sonntagszeitungen von "Bild" und "Welt" sollen ab Mitte des Jahres nicht mehr in den Briefkästen der Abonnenten landen, sondern nur noch im Handel erhältlich sein. Zusätzlich dazu kündigte Springer-Vorstand Mathias Döpfner gestern starke Einsparungen inklusive Stellenabbau für "Bild" und "Welt" an. 100 Millionen Euro mehr sollen die "Bild"- und "Welt"-Gruppe in den nächsten drei Jahren einfahren. Wie massiv die Einsparungen auch die Jobs bei Springer beeinflussen, bleibt allerdings abzuwarten. Alexander Krei schreibt in seinem Artikel für dwdl.de:

"Es gehe nicht darum, eine bestimmte vorgegebene Zahl von Arbeitsplätzen zu reduzieren, hieß es. Betroffen seien jedoch vor allem die zentralen Funktionen. In den Redaktionen würden vor allem Stellen bei der Produktion und den Funktionen wegfallen, die durch den Einsatz moderner Technologie schlanker oder ganz überflüssig würden - was nicht weiter überrascht, wenn es irgendwann in der Zukunft keine gedruckten Zeitungen mehr geben soll."

Konkret bedeutet das weniger Arbeitsplätze in den Bereichen Produktion, Layout, Korrektur und Administration. Reporter und Autoren können aber zumindest halb aufatmen, denn im journalistischen Bereich wolle man eher investieren und qualitative Verbesserungen vornehmen, schreibt Anna Ernst in ihrem Artikel für die Süddeutsche.

Eine Jobgarantie sei das allerdings nicht – wenn "bestimmte Profile nicht mehr zu den erforderlichen Kompetenzen passen", werde man sich auch von journalistischen Fachkräften trennen. Bedeutet übersetzt: Wer keine Lust auf digitalen Wandel hat und noch zu sehr am Print-Produkt hängt, kann mit einer Kündigung zumindest rechnen. Oder selbst kündigen, wie es das blumige "Freiwilligenprogramm" bzw. "Hoffen auf eine Abfindung" verspricht.

Das Zauberwort heißt "Digital Only"

Doch warum das alles? Wirtschaftlich schlecht geht es Axel Springer wohl kaum: Letztes Jahr hat das Medienunternehmen laut Döpfner selbst eine dreiviertel Milliarde Euro Gewinn gemacht, das zweite Jahr in Folge mit zweistelligem Umsatzwachstum. Das Zauberwort, das das Vorgehen bei Springer erklären soll, heißt "Digital Only". Mit diesem Ziel vor Augen möchte Döpfner den Verlag so umbauen, dass es am Ende gar keine gedruckten Zeitungen mehr gibt.

Während die neue Strategie für "Bild" zuallererst zu noch mehr Reichweite der Boulevardzeitung führen soll, möchte Springer die "Welt" als erste journalistische Marke weltweit von Print komplett ins Digitale übersetzen und dafür haltbare digitale Abos generieren, wie das Unternehmen in seiner Pressemitteilung schreibt. Das eingesparte Geld soll demzufolge vor allem in digitale Projekte fließen, "zuallererst in journalistische Qualität und in Technologien zeitgemäßer Produktion", so Springer.

Kritik von der Gewerkschaft

Bei der dju kommen Springers Pläne erwartungsgemäß nicht gut an. Auf deren Homepage wird Christoph Schmitz, Mitglied des ver.di Bundesvorstands und selbst ehemaliger "Bild"-Journalist, zitiert:

"Erneut kündigt mit Axel Springer ein Großverlag an, ohne wirtschaftliche Not und mit Blick auf im Vergleich zu anderen Branchen übersteigerten Gewinnerwartungen, sich gegen journalistische Vielfalt im eigenen Verlag zu entscheiden. […] Es ist eine abgehobene Unternehmensstrategie, die Renditeerwartungen in den Aufsichtsräten bedient, die immer weniger verlegerische Züge trägt."

Dass Zeitungen sich eher früher als später mit digitalen Angeboten auseinandersetzen sollten, ist klar. Dennoch möchte Döpfner das Print-Geschäft nicht von heute auf morgen einstampfen:

"Gedruckte Zeitungen seien noch profitabel und auch bei Anzeigenkunden gefragt. 'Es wäre deshalb auch wirtschaftlich unvernünftig, unsere Marken Bild und Welt kurzfristig komplett auf digitalen Vertrieb umzustellen'",

heißt es dazu im Artikel von Anna Ernst für die SZ. Wie kahl der Kahlschlag bei Springer konkret wird, kann aktuell noch niemand sagen.

Aber was ist ein Kahlschlag überhaupt?

Am Ende noch ein kleiner Exkurs in die Forstwirtschaft: Ein Kahlschlag kann dann erforderlich sein, wenn alte, hohe Bäume jüngeren Bäumen den Zugang zum Licht versperren. Möchte man also, dass jugendliche Bäume gedeihen, stutzt man alle alten auf einmal. Das klingt verlockend, weil einfach, bringt aber auch allerhand Probleme mit sich: Nährstoffe werden aus dem Boden gewaschen und vorhandenen Pflanzen fehlt der Schutz der alten Bäume. In Deutschland werden (forstwirtschaftliche) Kahlschläge kaum mehr durchgeführt.


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