Kolumne: Das Altpapier am 12. Dezember 2022 Der Siegeszug der Spinner
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12. Dezember 2022, 13:05 Uhr
Drei Tage, nachdem eine Gruppe von Reichsbürgern verhaftet wird, auf deren "Feindeslisten" auch Journalisten standen, versucht ein mutmaßlich reichsbürgernaher Mann in die Räume zweier Radiosender einzudringen. Außerdem: Deutsche Medien bedienen aus Opportunismus Gaga-Narrative. US-Medien machen rechtsextreme Positionen salonfähig. Heute kommentiert René Martens die Medienberichterstattung.
Inhalt des Artikels:
- MDR aktuell nennt "Bild" als Quelle
- Sätze aus der "Welt", die Reichsbürger toll finden
- Der falsche Umgang mit "Mini-Trumps" und transphoben Haltungen
- Jahresrückblicke abschaffen?
- Verzweiflung über Telegramisierung der Corona-Berichterstattung
- Neues aus Muskistan
- Zum Tod von Grant Wahl, Ruprecht Eser und Nikolaus Merck
- Altpapierkorb (Bayern goes Barbra Streisand, Sittenwidrigkeit beim RBB, NZZ verbietet Glossen)
MDR aktuell nennt "Bild" als Quelle
In Dresden hat am Samstag ein Mann, der vorher seine Mutter umgebracht hatte und im Laufe des Tages mehrere Geisel nahm, versucht, in die Räume von Radio Dresden und Hitradio RTL einzudringen. Das wirft wieder einmal die Frage auf, wie gut Redaktionen gesichert sind in Zeiten, in denen die Feindseligkeit gegenüber Medien wächst. Warum den Mitarbeitenden in Dresden nichts passierte, erläutert MDR Sachsen unter Zitierung des Radio-Dresden-Geschäftsführers Tino Utassy so:
"Man habe damals nach dem tödlichen Anschlag auf die französische Satirezeitschrift 'Charlie Hebdo' auf Anraten des Bundeskriminalamtes besondere Sicherheitsvorkehrungen getroffen. 'Die haben offensichtlich gewirkt und gereicht, sodass die Mitarbeiter durch einen zweiten Ausgang fliehen konnten.'"
Wer war der später von der Polizei getötete Mann, für den die Redaktionen ein Angriffsziel waren? Dazu noch einmal MDR Sachsen:
"Laut Polizei hatte sich der Geiselnehmer im Radio äußern wollen. Er habe nach Zeugenaussagen verhindern wollen, 'dass Satanisten die Weltherrschaft übernehmen'."
Das Boulevardportal tag24.de weiß:
"Auf seinem Facebook-Profil pflegte er zwar Freundschaften zu einzelnen Reichsbürgern, Neonazis und AfD-Politikern, teilte aber öffentlich keine Propaganda."
Dass drei Tage, nachdem bei einer Razzia gegen ein Reichsbürger-Netzwerk eine "Feindesliste" aufgetaucht ist, auf der "mindestens drei prominente Fernsehmoderator:innen öffentlich-rechtlicher Sendungen" stehen (worüber zuerst die taz berichtete), Journalistinnen und Journalisten zum Angriffsziel eines Mannes werden, der Reichsbürgern nicht fern steht - das ist allemal in einem unguten Sinne bemerkenswert.
Im Zuge der Breaking-News-Berichterstattung über die Geiselnahme und den missglückten Angriff auf die Hörfunkleute griffen unsere lieben Kollegen von MDR aktuell bei Twitter Informationen der "Bild"-Zeitung auf, die sich schnell als falsch erwiesen - und das wirft natürlich Fragen auf, um es vorsichtig zu formulieren. Der Historiker Dietrich Herrmann hat den Tweet kritisiert, und zwar hier und hier. Unter letzterem Link findet sich eine Antwort von MDR-Programmdirektor Klaus Brinkbäumer:
"Weil 'Bild' auf dem Feld der aktuellen Polizeiberichterstattung in der Vergangenheit bisweilen präzise und schneller als andere war, haben wir die Meldung zitiert."
Ich halte das für falsch, weil ich finde, dass öffentlich-rechtliche Sender zumindest im nachrichtlichen Bereich grundsätzlich keine "Bild"-Medien als Quelle nutzen sollten. Präzision ist für "Bild"-Leute doch allenfalls ein Kollateralschaden, den man bei der Destabilisierung der Demokratie in Kauf nimmt.
Sätze aus der "Welt", die Reichsbürger toll finden
Um jene Journalisten, die sich bemüht haben, das in der vergangenen Woche ausgehobene und eben schon erwähnte Terror-Netzwerk kleinzureden ging es bereits am Freitag im Altpapier - unter anderem unter Verweis auf Tweets des "Spiegel"-Kolumisten Christian Stöcker. Der "fleißigen Phalanx der Verharmloser" hat er sich nun ausführlich in seiner aktuellen Kolumne gewidmet. Dieser Phalanx, so Stöcker, gehörten nicht nur die üblichen Verrdächtigen an wie Uwe Tellkamp, die "Junge Freiheit’" und ein paar ehemalige Journalisten namens Reichelt und Tichy und wie sie alle heißen". Der Autor geht unter anderem auf die geistige "Gymnastik" des "Welt"-Vorturners Ulf Poschardt ein:
"Er versuchte, die rechte Terrorplanung irgendwie zu einem Problem umzudichten, für das allzu viel Sympathie für linke Politik verantwortlich sei, die 'alles, was rechts von Angela Merkels CDU passiert' infrage stelle. Dann sprach er plötzlich vom 'Rand' der Gesellschaft, von dem die mutmaßlichen Terrorplaner kämen. Dabei gehören die Festgenommenen – Offiziere, Anwalt, Ärztin, Adeliger, Starkoch, Opernsänger, alle 'konservativ' – doch zur bürgerlichen Kernklientel der 'Welt'. Ein klitzekleines bisschen rechts von Merkel eben."
Was sich zur Nähe mancher Verharmloser zu den Verharmlosten noch sagen lässt, formuliert Stöcker so:
"Die mutmaßlichen Täterinnen und Täter teilen ein Gedankengut, das manche der zitierten Medien offenbar für durchaus anschlussfähig für Teile der eigenen Leserschaft halten. Anna Schneider und Ulf Poschardt von der 'Welt' zum Beispiel haben kürzlich öffentlich einem rechtsextremen Argentinier applaudiert [Link im Original - Anm. AP), weil dieser der 'Welt' in einem Interview gesagt hatte: 'Der Staat ist im Kern eine kriminelle Organisation, die von einer Zwangseinnahme lebt, die sich Steuern nennt.' Solche Sätze finden auch 'Reichsbürger' und Verschwörungsideologen toll."
Der falsche Umgang mit "Mini-Trumps" und transphoben Haltungen
Der Weggang von Brian Stelter bei CNN, die Abschaffung der gedruckten Medienseite beim "Tagesspiegel", das bevorstehende Ende der Schweizer "Medienwoche" - in diese Reihe passt auch die an dieser Stelle bisher noch nicht vermeldete Nachricht, dass sich die langjährige "Washington Post"-Medienkritikerin Margaret Sullivan aus dem Journalismus verabschiedet hat, um an einer Uni zu unterrichten und Belletristisches zu schreiben. Die FAS (Blendle-Link) hat mit Sullivan über ihr gerade erschienenes Buch "Newsroom Confidential: Lessons (and Worries) From an Ink-Stained Life" gesprochen und sie unter anderem gefragt, ob sie glaubt, "dass die amerikanischen Medien in den vergangenen fünf, sechs Jahren etwas gelernt haben?" Sullivans Antwort:
"Die Medien haben sicher etwas gelernt, ich habe nur nicht das Gefühl, dass sich die Nachrichten genügend verändert haben. Die Tendenz besteht weiterhin darin, Trump zu normalisieren und Republikaner, die sich als Mini-Trumps aufspielen, so zu behandeln, als wären sie ganz einfache Politiker, obwohl sie eigentlich nur eins im Sinn haben: demokratische Normen zu zerstören, wie eine friedliche Amtsübergabe oder die Anerkennung der Ergebnisse freier und fairer Wahlen. Wenn Sie mich fragen, stehen wir hier vor einem echten Problem."
Wenn es im deutschen Journalismus nicht ähnliche "Probleme" gäbe, würde ich das ja vielleicht gar nicht zitieren.
Um den falschen Umgang mit rechten Positionen geht es auch in einer der "Predictions for journalism 2023", die bisher beim "Nieman Lab" erschienen sind. A. J. Bauer schreibt:
"Die gute Nachricht ist, dass 2023 das Jahr sein wird, in dem Journalisten endlich lernen, wie man nicht über Rechtsextremismus in den Vereinigten Staaten berichtet. Die schlechten Nachrichten? Sie werden es lernen, indem sie unwissentlich dessen Rückkehr an die Macht im Jahr 2024 unterstützen."
Bauers "Predictions" sind in vieler Hinsicht ein Jahresrückblick:
"Das vergangene Jahr hat unzählige Beispiele hervorgebracht, die meinen Pessimismus befeuern. Angesichts eines koordinierten rechten Angriffs auf die Rechte und das Leben von LGBTQ-Personen, verkörpert durch das berüchtigte 'Don't Say Gay'-Gesetz des Gouverneurs von Florida, Ron DeSantis, haben Mainstream-Publikationen, insbesondere die New York Times (…) die Rechten durch Verbreitung und Bestätigung transphober Ideen unter Gemäßigten und Liberalen unterstützt."
Was die Verbreitung transphober Positionen in etablierten Medien angeht, lässt sich ebenfalls sagen, dass es sich hier um ein auch deutsches Phänomen handelt.
Bauer kritisiert weiter, dass "dieselben Publikationen, ganz zu schweigen von großen Fernsehsendern wie CNN und NBC", DeSantis für sein "politisches Geschick" gepriesen und die GOP praktisch gebeten hätten, "Trump durch ihn als Fahnenträger zu ersetzen" - und das, obwohl de Santis "in vier kurzen Jahren (…) Florida für viele queere Menschen unbewohnbar gemacht, Flüchtlinge und Einwanderer schamlos für politische Stunts benutzt und Florida manipuliert, um die Rechte und die politische Repräsentation schwarzer Wähler zu untergraben".
Jahresrückblicke abschaffen?
Da gerade schon das Stichwort Jahresrückblick fiel: Der erste Rückblick des Altpapiers erscheint übrigens am 19. Dezember. Man kann das Genre des Jahresrückblicks aber natürlich grundsätzlich in Frage stellen. Ulrich Gutmair tut es in der "Wochentaz" - und wirft dabei einen Blick darauf, was in Sachen Chroniken schon rausgehauen wurde:
"Da wird etwa im 'Spiegel’ zwar ein 'perfekter Sturm globaler Krisen' konstatiert, also düster aufs fast vergangene Jahr geblickt, aber auch die Hoffnung formuliert, dass die 'goldenen Jahre’ zurückkehren könnten. Die FAS nimmt die allgemeine Erschöpfung in den Blick und zitiert einen Psychiater: 'Je länger eine Krise währt, desto schwerer fällt die Regeneration.' Man fragt sich also, wie viel ein mitteleuropäischer Mensch aushält, bevor er vollends durchdreht."
Das sei ein bisschen dünn, meint Gutmair, denn:
"Wir wissen seit Marx und Engels, dass die kapitalistische Moderne eine Dauerkrise ist, die uns zwar unvorhergesehenen Wohlstand beschert, aber eines Tages ruiniert haben wird. Wir wissen seit sechzig Jahren, dass wir den Planeten überheizen. Wir wissen, dass unsere Spezies ein Killer ist, der die Artenvielfalt innerhalb von hundert Jahren in einem Maß zerstört hat, das bis dahin Meteoriten vorbehalten war, die unversehens aus dem All aufschlugen.
Wir wissen, dass das Schwinden der Biotope der Grund dafür ist, dass fiese Viren nun viel häufiger von der Fledermaus auf den Menschen überspringen. Wir wissen das alles schon lange."
Fazit:
"Das Genre des Jahresrückblicks mag einst, in kommunikativ bedächtigeren, prädigitalen Zeiten der gesellschaftlichen Selbstverständigung gedient haben. Heute ist es ein Genre, das dazu beiträgt, uns zu versichern, dass schon alles irgendwie gut ausgehen wird: neues Jahr, neues Spiel, neues Glück. Es ist an der Zeit, dieses Denken zu verlernen und stattdessen jeden Morgen aufs Neue zu sagen: Dieser Tag zählt. Es gibt nur die Gegenwart."
Gegen Jahresrückblicke in Listenform hat Gutmair aber übrigens nichts einzuwenden.
Verzweiflung über Telegramisierung der Corona-Berichterstattung
Was sich auch als Jahresrückblick lesen lässt: ein Rant von "Volksverpetzer"-Gründer Thomas Laschyk, der verzweifelt darüber ist, wie sich (nicht nur) der Journalismus in Deutschland entwickelt hat. Es geht unter anderem um die Corona-Berichterstattung:
"Ja, die größten Protagonisten der Pandemie-Leugner-Szene sind weg vom Fenster, im Knast, im Ausland (…) Aber sie waren auch nie wirklich das Problem, oder? Natürlich, sie haben enormen Schaden angerichtet. Sie sind mitverantwortlich für viele vermeidbare Infektionen, die Folgen davon, dass sich Einige nicht haben impfen lassen. Und mitverantwortlich an allem tödlichen Schaden, der daraus folgte."
Den "Mantel der Wortführer des Hasses und der Desinformation" hätten nun aber "andere übernommen". Wortführer seien nun "nicht mehr irgendwelche Spinner mit Telegram-Kanälen, sondern diesmal sind es Spinner mit Kolumnen in großen Tageszeitungen und Bundestagsmandaten – und zwar nicht nur in der AfD". Aktuell könnte man in diesem Kontext noch die, um Laschyks Worte aufzugreifen, "Spinner" erwähnen, die eine Kolumne in wöchentlich erscheinenden Zeitungen haben.
Laschyk fragt sich und das "Volksverpetzer"-Publikum:
Was für einen Sinn hat es denn, wenn wir Fakten in den Wind schreien? Wenn wir Studien haben, Argumente, Quellen, wenn wir halt einfach verdammt noch mal Recht haben. Wenn dann opportunistische Arschlöcher aus der 'Mitte' der Gesellschaft, aus den angeblich so gleichgeschalteten 'Mainstream'-Medien, aus den großen Parteien dann einfach alles einfach nur zunichtemachen, weil sie glauben, das Bedienen der Gaga-Narrative der Nazis und Aluhüte könnte ihnen paar mehr Stimmen oder Klicks bieten."
Die Beobachtung teile ich, meine Frustration hält sich aber in Grenzen, weil mich - und das klingt jetzt leider abgefuckter, als mir lieb ist - der beschriebene Opportunismus nicht überrascht. Weil Opportunismus zur, man verzeihe mir den Ausflug in den Deppenjargon, DNA des deutschen Journalismus gehört. Die, wenn man denn so will: Telegramisierung weiter Teile der Corona-Berichterstattung, die in diesem Jahr zu beobachten war, hat mich dennoch erstaunt.
Neues aus Muskistan
In Sachen Twitter wäre zwar mal wieder eine Großanalyse fällig, für mehr als Wasserstandsmeldungen reichen heute aber Zeit und Platz nicht.
Noch von Mittwoch stammt die Nachricht, dass Bari Weiss, die (Kurzzeit-) Superheldin der Anti-Woken, bei Musks Laden auf irritierende Weise mitmischt (businessinsider.com). Die meisten Reaktionen gibt es derzeit auf Musks "Hetze" (stern.de) gegen den US-amerikanischen Virologen Anthony Fauci.
"Elon Musk ist meines Erachtens der Inbegriff eines Trolls, der gezielt Leute provoziert",
meint die österreichische Journalistin Ingrid Brodnig. Wobei ich "provozieren" für ein in diesem Kontext euphemistisches Verb halte. Das sieht wohl auch Jonas Mueller-Toewe von t-online.de so, der unter Bezug auf Musks Fauci-Hate-Tweet schreibt:
"Meines Erachtens sehen wir gerade der bisher weltweit größten Desinformationskampagne in Echtzeit zu. Wir nennen sie bislang nur nicht so. Das sollte sich ändern."
Die Verhaltensforscherin Caroline Orr Bueno konstatiert derweil:
"He’s gonna get this guy killed."
Womit in diesem Fall aber nicht Musks Hassobjekt Fauci gemeint ist, sondern Yoel Roth, ein früherer Twitter-Mitarbeiter. Die Wissenschaftlerin erläutert:
"Elon Musk is joining in the right-wing disinformation campaign/character assassination targeting Yoel Roth, which is probably the most serious, deranged, and alarming thing Elon has done since taking over Twitter."
Zum Tod von Grant Wahl, Ruprecht Eser und Nikolaus Merck
In den vergangenen Tagen sind drei Journalisten gestorben, die in ihren jeweiligen Bereichen herausragend waren. Im Alter von nur 48 Jahren verstarb der renommierte US-Sportjournalist Grant Wahl, während er vom WM-Spiel Argentinien gegen Niederlande berichtete.
"Die genaue Ursache seines Todes ist noch unklar",
schreibt der "Spiegel". Jan Göbel blickt in diesem Nachruf auch auf das Wirken Wahls in den vergangenen Tagen zurück:
"Beim Spiel zwischen Wales und den USA versuchte er, mit einem Regenbogen-T-Shirt ins Stadion zu kommen. Er wollte damit seine Unterstützung für die LGBT-Community demonstrieren. Grant sah in seiner Journalistenrolle nicht nur die eines Beobachters. Er wurde selbst aktiv, um Missstände anzupacken. Seine letzte Geschichte, die er in seinem Newsletter veröffentlichte, handelte vom Tod eines Arbeitsmigranten, der während der WM in Katar auf einer Baustelle ums Leben gekommen war. Er schrieb über die Reaktion eines offiziellen Mitarbeiters aus dem WM-Organisationskomitee. Dieser hatte gesagt, dass der Tod zum Leben dazu gehöre. 'Es kümmert sie einfach nicht. Die katarischen Organisatoren der Fußballweltmeisterschaft verbergen nicht einmal ihre Gleichgültigkeit gegenüber dem Tod von Wanderarbeitern, einschließlich des jüngsten Todesfalls*, so begann der Text von Grant Wahl."
Wie Reporter die Situation im Stadion beobachtet oder am Rande wahrgenommen haben, kann man im "Tagesspiegel", bei npr.org oder in der britischen "Times" nachlesen.
Im Alter von 79 Jahren starb der am Freitag der frühere "Heute Journal"-Moderator Ruprecht Eser:
"Er war klug und kritisch, hellwach und schnell, dabei eher leise und sachlich. Sei es als Leiter und Moderator des heute journal, sei es als Gastgeber der sonntäglichen Talk-Sendung 'halb 12 - Eser und Gäste.' Für mich gehört Ruprecht Eser zu den bedeutenden Köpfen unseres Mediums",
ruft ihm ZDF-Hauptstadtstudioleiter Theo Koll nach.
Nikolaus Merck, der Mitgründer von nachtkritik.de wiederum war "ein Kritiker, der wusste, dass man dem Theater seinen größten Dienst erweist, wenn man ihm keine Schwächen durchgehen lässt", wie ihm die "Nachtkritik"-Kollegen nachrufen. Und die "Berliner Zeitung" schreibt: "Nikolaus Merck konnte einem auch mal die Meinung geigen, aber er führte dabei den Bogen mit spitzen Fingern und leichter Hand".
Altpapierkorb (Bayern goes Barbra Streisand, Sittenwidrigkeit beim RBB, NZZ verbietet Glossen)
+++ Die Gesellschaft für Freiheitsrechte meldet, sie habe "gemeinsam mit dem Journalisten Michael Kreil (…) negative Feststellungsklage gegen den Freistaat Bayern" erhoben. Grund: "Das bayerische Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung hatte eine Strafanzeige gegen den Journalisten gestellt, weil der einen vermeintlich urheberrechtlich geschützten Datensatz geografischer Daten im Internet veröffentlicht hatte."
+++ Die "Welt am Sonntag" schreibt zum Thema RBB-Ruhegelder (siehe auch Altpapier): "Die Arbeitsrechtsanwältin Nadia Pröpper-Schwirtzek konnte Einblick in Verträge von RBB-Spitzen nehmen. Die Abreden zu den Ruhegeldern hält sie für 'sittenwidrig'. Die Verträge seien 'mit den Prinzipien des öffentlich-rechtlichen Dienstwesens nicht vereinbar' und könnten womöglich als 'Untreue zulasten des Senders und der Beitragszahler' gewertet werden. Die Verträge könnten unwirksam sein, sagte Pröpper-Schwirtzek." Den WamS-Text greifen u.a. der "Tagesspiegel" und natürlich Michael Hanfeld (FAZ) auf.
+++ Dass "der Chefredakteur der 'Neuen Zürcher Zeitung', der dort Chefredaktor heißt. dem Vernehmen nach seinen Leuten untersagt (hat), noch weiter Glossen zu schreiben", greift Jürgen Kaube fürs FAZ-Feuilleton auf. Vermutlich glaubt der Hierarch aus Zürich, Humor mindere die weltanschauliche Durchschlagskraft. Oder, um es besser bzw. mit Kaube zu sagen: "Die in der Gattung der Glosse verankerte Lizenz zu Witz und Doppelsinn trägt, so betrachtet, zweifellos erheblich zur Belastung von Chefs bei, die mit der Kontrolle von Meinung und Akkuratesse ja ohnehin schon genug zu tun haben. Wie wohl aber die Leser von Ludwig Börne, Heinrich Heine, Karl Kraus oder Alfred Polgar über den Glossenerlass gedacht haben würden?"
Das Altpapier von Dienstag schreibt Christian Bartels
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