Das Altpapier am 1. März 2022 Rauschgefahr
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01. März 2022, 13:45 Uhr
Die mediale Aufmerksamkeit für den aktuellen Weltklimabericht lässt zu wünschen übrig. Außerdem in der Kritik: das Revival des "Wir sind wer"-Sounds und die Doppelstandards in der Berichterstattung über Geflüchtete. Ein Altpapier von René Martens.
#Medienklimakrise?
Wenn man "mit einem Auge immer noch auf die historische Pandemie" und auf den "offenen Krieg im Herzen Europas" blicke - dann "ist es schwierig, die Aufmerksamkeit wieder auf die Klimakrise zu lenken, in die sich die Menschheit und der Planet gebracht haben".
Das hat Manuel Planelles, Redakteur bei "El Pais" am Montag konstatiert (via Wolfgang Blau), und Anlass war der aktuelle Bericht des Weltklimarats, für den "270 Hauptautor:innen" und "675 weitere Autor:innen aus 67 Staaten" im Laufe von fünf Jahren "den aktuellen Stand der Forschung aus 34.000 wissenschaftlichen Veröffentlichungen" zusammen getragen haben, "um nach der Durchsicht von 62.418 Review-Kommentaren wissenschaftsbasierte Empfehlungen für die Politik zu formulieren" (riffreporter.de).
Ein Großteil der Medien ist an der von Planelles benannten Schwierigkeit gescheitert - siehe dazu etwa einen Wortwechsel zwischen besagtem Wolfgang Blau und Jay Rosen, dem "auch in Deutschland wohlbekannten US-amerikanischen Journalismusforscher" (Altpapier), sowie eine deprimierende Grafik, die Lorenz Matzat veröfffentlicht und mit dem Hashtag #medienklimakrise versehen hat.
Unsystematische Beobachtungen von mir dazu: In der 20-Uhr-Ausgabe der "Tagesschau" kam ein Beitrag zum Thema erst um 20.12 Uhr, es war der letzte vor dem Wetterbericht. Dass RB Leipzig kampflos ins Viertelfinale der Champions League einzieht, war wichtiger. Immerhin sendete Tagesschau24 direkt vor der Hauptnachrichtensendung ein auch vorher im Tagesprogramm schon gelaufenes Interview mit Hans-Otto Pörtner, dem Co-Vorsitzenden der Arbeitsgruppe II des Weltklimarats.
Dass der am heutigen Dienstag als HR-Intendant antretende Florian Hager laut dpa/digitalfernsehen.de einen Ausbau der ARD-Wetterberichterstattung angekündigt hat ("von der konkreten Wettervorhersage bis hin zu einer konsequenten Sicht auf den Klimawandel: meteorologisch, wirtschaftlich und politisch") - das kann man in diesem Kontext noch positiv vermerken.
Sämtliche Dokumente, die Teil des aktuellen Klimaberichts sind, findet man hier. Da ja gerade das Thema Flucht mehr Aufmerksamkeit bekommt als sonst - "2015 darf sich doch wiederholen", titelt die taz heute auf recht typische Weise auf Seite Eins -, bietet es sich an, kurz auf die potenziellen Flüchtenden der Zukunft einzugehen. "Über 3 Milliarden Menschen leiden unter regelmäßigem Wassermangel, der auch durch die Erhitzung verschlimmert wird", schreibt die taz; "zwischen 3,3 und 3,6 Milliarden Menschen sind in den Hotspots der Erderwärmung den Klimarisiken besonders ausgesetzt: In Afrika, Südostasien, Südamerika, Inselstaaten und der Arktis", heißt es bei den bereits zitierten "Riffreportern".
"Sie sehen aus wie wir"
Wie berichten Journalistinnen und Journalisten über jene, die tagesaktuell kriegs- und noch nicht klimabedingt fliehen? Damit befasst sich Dunja Ramadan auf der Medienseite der "Süddeutschen Zeitung" aus unschönen Gründen:
"Diesmal seien es nicht Syrer, die zu Fuß kommen, sagt der französische Journalist Philippe Corbe im BFM TV, Frankreichs meistgesehenem Nachrichtensender, 'sondern Europäer, die dieselben Autos fahren wie wir, um ihr Leben zu retten'. Im britischen Telegraph schreibt ein Journalist: 'Sie sehen aus wie wir. Das macht es so schockierend. Krieg ist nicht mehr etwas, das verarmten, fernen Bevölkerungen zustößt. Es kann jedem passieren.' Dies seien Menschen, die Netflix schauen und einen Instagram-Account haben, die unzensierte Zeitungen lesen. Auch das Aussehen der Geflüchteten spielt für viele offenbar eine wichtige Rolle. Bei einer BBC-Live-Schalte aus Kiew sagte der ehemalige Generalstaatsanwalt der Ukraine, David Sakvarelidze, wörtlich: 'Es ist sehr emotional für mich, weil ich sehe, wie Europäer mit blauen Augen und blonden Haaren getötet werden.' Und der Journalist im Studio? Greift diese seltsame Aussage nicht auf."
Dunja Ramadans Fazit:
"Westlichen Medien werden Doppelstandards und rassistische Relativierungen sowie die Entmenschlichung von Flüchtlingen aus dem Nahen und Mittleren Osten vorgeworfen, die im Zuge der Ukraine-Berichterstattung offen wie selten zutage treten. Vor allem, da es sich nicht um rechtskonservative Sender wie etwa Fox News handelte, sondern seriöse Nachrichtenriesen, wie die BBC oder CBS, in denen solche Stimmen Platz finden."
Kritik dieser Art hat etwa die Arab and Middle Eastern Journalists Association (AMEJA) formuliert, die in Ramadans Artikel zitiert wird. Die Organisation spricht von "eurozentrischen Vorurteilen".
Wenn man Frank Plasberg mit derlei Kritik konfrontierte, bekäme er wahrscheinlich einen 24-stündigen Lachanfall. In seiner Sendung "hart aber fair" buchstabensuppte er gestern, dass nun Menschen kämen, "die unserem Kulturkreis näher sind" als jene, die 2015 ff. kamen oder kommen wollten. "Es ist unser Kulturkreis, es sind Christen", sagte kurz darauf ein Troll aus der Axel-Springer-Szene, und eine Art Muppets-Show-Figur sagte auch noch was dazu. Danke für den Hinweis auf den entsprechenden Ausschnitt an Anna Katharina Mangold von der Uni Flensburg.
Wenn man dagegen jetzt schon ein generelles Zwischenfazit der (öffentlich-rechtlichen) Kriegsberichterstattung ziehen wollte, würde ich Imre Grimm (RND) weitgehend zustimmen:
"Anders als im Golfkrieg 2003 gibt es 2022 keinen 'embedded journalism', keine westlichen Kriegsreporter, die sich in einer merkwürdigen Zwitterrolle aus Berichterstatter und PR-Assistent der Armee angeschlossen haben (und von dieser mit Material versorgt werden). Wer noch im Land ist, ist weitgehend auf sich gestellt und weiß manchmal – wie ARD-Korrespondentin Ina Ruck jüngst – nicht einmal, wo er die nächste Nacht verbringen wird. Sie sind Fronthelden des Journalismus. Aber auch sie haben kaum Antworten."
Ina Ruck ist inzwischen übrigens draußen und in Rumänien angekommen. Grimm weiter:
"Auffällig ist dabei insgesamt eine Tendenz zur Aufrichtigkeit. 'Im Moment wissen wir nicht einmal, wo die Front verläuft', sagt ZDF-Korrespondent Axel Storm offen. Er könne nicht genau sagen, wie die Lage einzuschätzen ist, sagt auch ARD-Korrespondent Demian von Osten. Es sind Momente der Wahrheit, die jedem Medium gut zu Gesicht stehen. Kaum etwas fördert das Vertrauen zwischen Medium und Zuschauer so sehr, wie wenn Reporter sich ehrlich machen. Ihr wisst es nicht. Wir wissen es nicht. Aber wir bemühen uns um Klärung."
Es fördert das Vertrauen vielleicht auch deshalb, weil so manche Armchair analysts, die bei Twitter ständig aus den Weiten des Netzes hervorgekramtes (und oft ja durchaus hilfreiches) Bewegtbild-Material verbreiten, eher nicht mit Selbstzweifeln oder Quellenkritik aufwarten.
Imre Grimms Fazit:
"Es (scheint), als hätten zwei Jahre Corona den deutschen Journalismus ein Stück weit vorbereitet auf unklare Lagen und ein Dauerstakkato von Weltereignissen. Krisenfest und erdverwachsen erledigen die meisten Medien ihren Job."
Ich stimme jedenfalls zu, sofern es die Korrespondentinnen und Korrespondenten betrifft, die aus der Region berichten. Was den Journalismus an der Heimatfront angeht, sehe ich es dagegen ähnlich wie Lenz Jacobsen, der bei Zeit Online kommentiert, es bestehe "die Gefahr", dass sich "Politik und Öffentlichkeit an der Zeitenwende zu sehr berauschen":
"Deutschland droht gerade, in einen Kriegspathos zu kippen, den es sich aus gutem Grund lange verkniffen hat. (…) Interessant waren in diesem Zusammenhang die vielen großen Demos am Wochenende. Die Hamburger Morgenpost nannte sie einen 'Aufstand für den Frieden' als würden die Demonstrierenden hier gegen Autoritäten Widerstand leisten, (…) In solchen und ähnlichen Schlagzeilen und Äußerungen kommt deshalb eher der deutsche Ehrgeiz zum Ausdruck, nun auch diese Zeitenwende, wenn schon, dann so richtig durchzuziehen."
Wobei "Zeitenwende" natürlich sowieso in erster Linie ein Politik-Marketingbegriff ist. Was Waffenlieferungen in Kriegsgebiete angeht, erleben wir derzeit jedenfalls keine "Zeitenwende". Wie auch immer: Die angemessene Reaktion auf einen imperialistischen Angriffskrieg wird mittlerweile überlagert von einem dickhosigen "Wir sind wieder wer"-Sound.
Heldengeschichten sind immer mit Vorsicht zu genießen
"Wie umgehen" mit "der Heroisierung des ukrainischen Präsidenten"? - so lautet eine der vielen Fragen, die Stefan Niggemeier in einem "Übermedien"-Kommentar stellt, in dem er thematisiert, inwiefern ihn dieser Krieg "als Medienkonsument, als Medienkritiker" überfordert.
Wie viel Wolodymyr Selenskyj auf Social Media selbst zu dieser "Heroisierung" beiträgt, ist Thema eines "@mediasres"-Interviews mit Christian Stöcker, "Spiegel"-Kolumnist und Professor an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg. In der schriftlichen Zusammenfassung des Interviews heißt es:
"Fast vier Millionen Menschen folgen Selenskyj auf Twitter, seine Videos werden auf Facebook und Youtube ebenfalls millionenfach geschaut und geliked, klassische Medien weltweit zeigen sie – und interpretieren sie. Bislang also ein Erfolg für ihn in dieser Auseinandersetzung. Selenskyj habe eine neue 'kommunikative Realität' geschaffen und sei so innerhalb von wenigen Tagen zu einem 'globalen Helden aufgestiegen', so Stöcker. Der Politiker beherrsche 'die große Klaviatur des Einsatzes von Sozialen Medien auf der globalen Ebene'."
Mit eher feuilletonistischem Analysebesteck nähert sich Nils Markwardt bei Zeit Online (€) dem Präsidenten:
"Als der parteipolitisch völlig unerfahrene Comedian Wolodymyr Selenskyj 2019 überraschend zum ukrainischen Präsidenten gewählt wurde, verschmolzen Fiktion und Realität auf eine demokratiehistorisch einzigartige Weise. Schließlich hatte Selenskyj zuvor in der populären TV-Serie 'Diener des Volkes' einen parteipolitisch völlig unerfahrenen Geschichtslehrer gespielt, der überraschend zum ukrainischen Präsidenten gewählt wird. Nun, da der 44-Jährige zu einem global gefeierten Helden avanciert, scheinen die Rollen abermals zu verschwimmen. Verdankte der von ihm gespielte Protagonist seinen Erfolg den Dynamiken der sozialen Medien, gilt das dieser Tage auch für den echten Selenskyj. Und zwar nicht zuletzt deshalb, weil der ukrainische Präsident in der Lage ist, glaubwürdig in viele verschiedene Rollen gleichzeitig zu schlüpfen: den Staatsmann, Bruder, Vater, Kamerad oder Freund."
Dass Selenskyj eine, sagen wir mal: ambivalente Figur ist, kommt in Markwardts Text ebenfalls zur Sprache:
"Nun sollte man Heldengeschichten immer mit Vorsicht genießen, in diesem Fall gleich aus zwei Gründen: Zum einen hatte Selenskyj bis zum Kriegsausbruch massiv an Zustimmung im Land verloren, sein Verhältnis zum Oligarchen Ihor Kolomojskyj provoziert nach wie vor einige Fragen, auch seine Entscheidung, Männer zwischen 18 und 60 Jahren nicht mehr aus dem Land zu lassen, scheint höchst diskutabel. Zum anderen ist das, was man von Deutschland aus miterlebt, eben genau das, eine Heldengeschichte, deren genauer Realitätsbezug sich aus der Ferne umso weniger klären lässt, je mehr bewusst inszenatorische Momente in sie einfließen."
Auf Selenskysjs "Verhältnis zum Oligarchen Ihor Kolomojskyj" (Markwardt) spielt auch Wolfgang Michal bei Twitter an. Um es polemisch zu formulieren: Vor nicht allzu langer Zeit, nämlich im Oktober 2021, galt Selenskyj manchen Journalisten noch als einer der Schurken aus den "Pandora Papers" (siehe etwa "Süddeutsche Zeitung" und ukraineverstehen.de)
"Champions der Informationsmanipulation"
Russische Desinformationsstrategien sind aktuell Thema in mehreren Texten. Simone Rafael schreibt zum Beispiel bei den "Belltower News":
"Die Mär von einer 'faschistischen' Ukraine oder zumindest einer 'faschistischen' Regierung der Ukraine spinnen russische Desinformationsmedien seit Jahren (…) Hier soll ein erfolgsversprechendes historisches Motiv wiederbelebt werden: Die russische Regierung will die positiv konnotierte Tradition als 'sowjetische Befreier' nutzen, die mit der multiethnischen Roten Armee der UdSSR einen blutigen, aber erfolgreichen Krieg gegen die Nazis und den Faschismus geführt und gewonnen haben. Diese positiv assoziierten Bilder sollen jetzt im Krieg gegen die Ukraine wieder erweckt werden. Allerdings ist die demokratisch gewählt ukrainische Regierung nicht faschistisch – sogar weit weniger als Putins Verhalten selbst, sodass es wie eine Projektion wirkt, wenn der russische Präsident der Ukraine faschistische Politik vorwirft. Denn Förderung von Neonazismus, Bedrohung der Sicherheit in Europa, angeblicher Wunsch nach Expansion – das wirft Putin der Ukraine vor, aber es beschreibt seine eigene Politik."
Die "Champions der Informationsmanipulation", die solche und andere Erzählungen in Umlauf bringen, sind RT und Sputnik. So sieht es jedenfalls der katalanische Sozialdemokrat Josep Borrell, Vizepräsident der EU-Kommission. Ihn zitiert Michael Hanfeld im Aufmachertext der FAZ-Medienseite (€) über die Absicht der Kommission, RT und Sputnik zu verbieten (Altpapier von Montag). Hanfeld meint:
"Will die EU-Kommission etwas gegen die russischen Propagandamedien unternehmen, muss sie dies auf außerordentliche Weise begründen, schließlich geht es hier um die Pressefreiheit, die man in einem demokratischen Rechtsstaat nur im äußersten Fall eingeschränkt sehen will. Bei der Kriegshetze von RT könnte das zwar der Fall sein, aber einen direkten Durchgriff hat die EU in der Medienpolitik nicht, zumindest nicht, solange das Digitalgesetz 'Digital Services Act' noch nicht in Kraft getreten ist, das eine europäische Medienaufsicht schaffen und nationale Medienregulierung außer Kraft setzen soll. Hinzu kommt, dass die EU-Kommission in Deutschland und Österreich auf eine 'staatsfern' organisierte Medienaufsicht trifft. In Deutschland sind das die von den Bundesländern beauftragten Landesmedienanstalten, auf welche die Bundesregierung nicht den kleinsten Einfluss hat."
Die Landesmedienanstalten, für deren Wirken sich in normalen Nachrichtenlagen nur ein paar Nerds interessieren, bekommen gewissermaßen kriegsbedingt eine bisher kaum gekannte Aufmerksamkeit. Über die "Berliner, die deutsche Dimension" der Verbotsdebatte schreibt der "Tagesspiegel":
"Seit dem Verbot von RT.DE in Deutschland durch die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) wegen einer fehlenden Lizenz ist der Sender aktuell nur noch über seine Webseite zu verfolgen. Gegen diese Entscheidung klagt die RT.DE Productions GmbH vor dem Verwaltungsgericht Berlin. Noch in dieser Woche wird dort ein Eilantrag erwartet. Stimmt das Gericht diesem zu, wird das Sendeverbot mit aufschiebender Wirkung versehen: RT.DE kann bis zur Entscheidung in der Hauptsache wieder und weiter ausgestrahlt werden."
Was in dieser Woche beim Verwaltungsgericht Berlin passieren könnte, ist auch Thema beim "Spiegel" (€):
"Die deutsche Medienaufsicht hatte (…) schon Anfang Februar auf die Kremlpropaganda reagiert und die Ausstrahlung des Programms untersagt, schließlich fehlt die nötige Lizenz für Deutschland. Seither dürfte RT DE eigentlich nicht mehr senden. Doch Putins Propagandasender ist das offenkundig egal, der Livestream läuft. Warum aber ahndet die zuständige Medienanstalt Berlin-Brandenburg den Verstoß bislang nicht? Das unerlaubte Senden des Liveprogramms sei in Deutschland zwar keine Straftat, 'solange die Inhalte selbst nicht strafrechtlich relevant sind', so Frederik Ferreau vom Institut für Medien- und Kommunikationsrecht der Universität Köln. Aber eine Ordnungswidrigkeit: 'Die zuständige Landesmedienanstalt kann ein Bußgeld bis zu 500.000 Euro verhängen.' Dieses Sanktionsmittel hätte seit Verhängung des Sendeverbots bereits genutzt werden können, so Ferreau. Nach Spiegel-Informationen wartet die Medienanstalt jedoch darauf, ob RT DE seine Ankündigung wahrmacht und auch mit einem Eilantrag gegen die Entscheidung vorgeht. Dieser würde bedeuten, dass das Sendeverbot erst einmal aufgeschoben wäre. Beim zuständigen Verwaltungsgericht Berlin ist bislang allerdings nur die normale Klage eingegangen, wie auf Anfrage des Spiegel bestätigt wird."
Dass es "ziemlich sicher sei, (…) dass Russia Today auch mittels sogenannter Tor-Netzwerke im Netz Möglichkeiten der Umgehung einer Sperre finden werde", schreibt dann noch der Tagesspiegel unter Bezugnahme auf einen "Sprecher des Chaos Computer Clubs".
Gegen ein "entmündigendes Verbot" argumentiert Peter Steiniger im ND - unter anderem mit folgendem sarkastischen Hinweis:
"Nur westliche Qualitätsmedien sind immun dagegen, Propaganda zu dienen, Stimmungen zu schüren oder etwa Kriegslügen zu verbreiten. Bei allen Interventionen der freien Welt haben sie das souverän bewiesen."
Angesichts der Dimension der Desinformation, die RT betreibt - man sollte ja auch nicht aus dem Blick verlieren, welche Rolle die Falschberichterstattung dieses Mediums zu Corona im rechtsextremen und verschwörungsideologischen Milieu spielt -, empfinde ich es als bestenfalls kindsköpfig, derlei Pauschalkritik in die Debatte um RT reinzuwursten. Für substanzielle Detailkritik an Propagandadienstleistungen "westlicher Qualitätsmedien" bin ich dagegen immer zu haben.
Altpapierkorb (Studie zur Auslandsberichterstattung, Stefan Raues höchstwahrscheinliche Wiederwahl)
+++ Was sich jenseits des Ausschnitts der Auslandsberichterstattung, mit dem wir uns seit Tagen intensiv beschäftigen müssen, zum Zustand dieses Genres sagen lässt, steht in einer Studie der Otto-Brenner-Stiftung, über die medienpolitik.net am Montag berichtete ("Während über acht Staaten, darunter insbesondere die USA, in den letzten zehn Jahren in 23 deutschen Zeitungen mehr als 100.000 Mal berichtet wurde, wurden 34 Staaten weniger als 50 Mal erwähnt")
+++ Der seit 2017 als Intendant beim Deutschlandradio amtierende Stefan Raue werde am Donnerstag "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" wieder gewählt, schreibt die "Süddeutsche Zeitung" heute. Denn: Eine Gegenkandidatin oder einen Gegenkandidaten gibt es nicht. Hinzu kommt: "Der Erfolg spricht für ihn: Noch nie haben so viele Menschen die Programme des Deutschlandradios gehört wie bei der vorerst letzten Erhebung der Hörerzahlen im Sommer vergangenen Jahres."
Neues Altpapier gibt es wieder am Mittwoch.
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