MDR-Rundfunkchor
MDR-Rundfunkchor Bildrechte: MDR/Kaupo Kikkas

1992–heute Der MDR-Rundfunkchor

Als am 1. Januar 1992 der Mitteldeutsche Rundfunk seinen Sendebetrieb aufnahm, war der MDR-Rundfunkchor (bis zu diesem Zeitpunkt: Rundfunkchor Leipzig) von Anfang an maßgeblich beteiligt. An seiner Spitze stand seit 1988 mit Prof. Gert Frischmuth ein international anerkannter Chorpädagoge, der zuvor ein Jahrzehnt lang den Lehrstuhl für Chorleitung an der Weimarer Hochschule "Franz Liszt" innegehabt hatte. Den exzellenten künstlerischen Standard, den die von ihm geleiteten Chöre in der Vergangenheit erreicht hatten, übertrug Frischmuth bruchlos auf den MDR-Rundfunkchor. Zahlreiche Schallplatten-, Rundfunk- und Fernsehproduktionen widerspiegeln noch heute sein Klangideal und seine breitgefächerte Repertoirepflege. Eine vor allem in den Nachwendejahren ausgedehnte Tourneetätigkeit trug den Ruhm des Ensembles unter seiner Leitung in alle Welt. 1998 verabschiedete sich Gert Frischmuth mit einem A-cappella-Konzert von seinem Publikum mit einer exemplarischen Programmfolge aus romantischen und zeitgenössischen Werken.

Eine Ausnahmeerscheinung unter den künstlerischen Leitern des MDR-Rundfunkchores war zweifellos der ihm folgende Howard Arman. Nicht allein die lange Zeit seines hiesigen Wirkens – er stand dem Chor von 1998 bis 2013 fünfzehn Jahre lang vor – sondern auch die Tatsache, dass er seine Fähigkeiten als Arrangeur und Komponist in die Programmgestaltung einbrachte, hoben ihn aus der langen und verdienstvollen Reihe seiner Vorgänger heraus. Howard Arman vertrat stets die Ansicht, dass allein die emotionale und unvoreingenommene Teilnahme an Musik Zweck einer Aufführung sein solle, nicht, welcher Epoche die programmierten Werke entstammen. Allein die Idee zu einer akustischen Reise, suggestiv gedacht und ohne Vorschriften, der man folgen konnte oder auch nicht, war Grundlage seiner Konzertinhalte. So sind inzwischen auch »seine« Nachtgesänge aus Leipzigs Musikleben nicht mehr wegzudenken. Vom ersten dieser Konzerte am 7. Oktober 2004 an besaß Howard Armans Leitgedanke Gültigkeit: "So, wie die tiefe Nacht unsere Wahrnehmung verändert, so bringt sie die Chance mit sich, jenseits der üblichen Parameter des Hörens Neues zu erleben. Jeder 'Nachtgesang' nimmt als seinen Ausgangspunkt den Gedanken, dass unser Gehör nicht der einzige Sinn ist, der durch die Stille der Nacht verschärft wird; und jeder 'Nachtgesang' will dadurch Nichtvertrautem, Nichtbekanntem begegnen." Für den MDR-Rundfunkchor bedeuteten die Jahre unter Howard Arman zahllose Grenzgänge zwischen Klangwelten, Stilen und Epochen, die seine immense Ausdrucks- und Wandlungsfähigkeit womöglich noch beförderten.

MDR-Rundfunkchor
MDR-Rundfunkchor Bildrechte: MDR/Kaupo Kikkas

Das letzte Jahrzehnt war durch zwei Wechsel in der künstlerischen Leitung des MDR-Rundfunkchores geprägt. Zunächst arbeitete man für drei Spielzeiten mit Philipp Ahmann als einem Ersten ständigen Gastdirigenten, danach übernahm Risto Joost für fünf Jahre die künstlerische Leitung, die schließlich 2020 erneut an Philipp Ahmann überging. Es gelang beiden, aus dem Schatten ihrer Vorgänger herauszutreten und dem Chor neue Ausdrucksbereiche zu erschließen, die sich nicht zuletzt aus den Wechselwirkungen mit den Entwicklungen der modernen Medienlandschaft ergaben. Das kam dem Chor insbesondere während der einschneidenden Jahre der Corona-Pandemie zugute und beeinflusst sein aktuelles Wirken bis heute in immer größerem Umfang.