1933–1945: Die Zeit des Nationalsozialismus Kriegsbedingte Schließung
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Im April 1941 wurde das Sinfonieorchester des Reichssenders Leipzig aufgelöst, einen Monat später der Chor, und schließlich wurde der Sendebetrieb in Leipzig eingestellt. Die Musiker, Sängerinnen und Sänger wurden durch MIRAG-Intendant Carl Stueber auf andere Sender umverteilt. Viele von ihnen kamen nach München, einige nach Frankfurt a. M., Breslau oder Berlin. Sie blieben aber bis Mai 1945 noch bei der MIRAG angestellt.
Schließung des Standorts Leipzig
Die Auflösung des Senders nach 17 Jahren erfolgreicher Entwicklung, vor allem zu einem der führenden Musiksender, war bitter. Die ersten fünf Aufbaujahre waren euphorisch gewesen. Die Aufnahme- und Sendetechnik, aber auch die Empfänger- und Lautsprecher-Technik steckten damals noch in den Kinderschuhen. Man erschloss sich das neue Medium über unzählige technische wie akustische Experimente. Funkvorsteher Karl Minde war, durch die zahlreichen Überraschungen während des Sendebetriebs, oft dem Verzweifeln nahe. Neben täglich 14 Stunden Sendeprogramm mussten zahlreiche Musik-, Sprech- und Akustikproben sowie technische Versuche organisiert und begleitet werden. Nicht zu vergessen: Damals wurde alles live gesendet, ohne Netz und doppelten Boden. Trotz aller enormen Anstrengungen und engagierten Pionierleistungen kam mit der Auflösung der Sender auf einen Schlag zum Erliegen.
Im Sendeschatten
Durch die Nähe zu Berlin, aber auch zu den großen Sendern in Prag, Breslau und Wien war der Leipziger Sender entbehrlich geworden. Die technischen Möglichkeiten waren um 1940 bereits so gut entwickelt, dass man nur noch etwa die Hälfte an Reichssendern brauchte, um Deutschland und die kriegerisch eroberten Territorien abzudecken. Das Sendernetzwerk, das während des Krieges auf elf Großsender sowie 28 kleinere Sender angewachsen war, wurden so umstrukturiert, dass die Kräfte an wenigen Standorten gebündelt werden konnten. Dies bedeutete das Aus für Leipzig.
Geheimnotiz zur dauerhaften Schließung
Laut einer Geheimnotiz von Dr. Schönike von der Reichsmusikkammer vom 2. November 1942 sollte Leipzig dauerhaft geschlossen werden. Es heißt darin: "Das Leipziger Große Rundfunkorchester kann jedenfalls zur Zeit nicht nach Leipzig zurückbeordert werden. Außerdem soll der Reichssender Leipzig nach der neuesten Entscheidung des Ministers völlig geschlossen werden! Vertraulich zu behandeln!"
Das erklärt vielleicht auch, dass Leipzig etwa 100.000 Schallaufnahmen an Berlin abgeben musste, damals fast ein Drittel des gesamten deutschen Tonmaterials. Es sollte dort dem Aufbau eines zentralen Schallarchivs dienen, das Propagandaminister Goebbels und Reichsintendant Glasmeier energisch vorantrieben. Die Schließung des Senders bedeutete also auch das Ende des Leipziger Rundfunk-Schallarchivs.
Monatsschrift "Das leere Haus" für den verwaisten Sender
Das Funkhaus am Markt 8 war während des Krieges verwaist und doch zu einer hochfrequentierten Postadresse für alle Mitarbeiter geworden. Die Monatsschrift "Das leere Haus" verband die Mitarbeiter während des Krieges. Die wenigen Daheimgebliebenen sorgten nur dafür, dass die durchgestellten Programme aus Berlin in Mitteldeutschland zu empfangen waren und Luftschutzmeldungen oder auch Frontberichte gehört werden konnten.
Am 19. April 1943 schrieb Musiker Kurt Jacobi an das "Leere Haus": "Vor kurzem hatte ich Gelegenheit, wieder einmal Radio hören zu dürfen. So schön wie es war, so betrüblich war es für mich, dass ich jetzt alles andere, nur nicht Musik machen muss. Selbstverständlich bin ich mit Begeisterung Soldat, aber man hat nun einmal so seine schwachen Stunden; vor allem, wenn man schöne Musik hört. Wie eine ferne Welt kommt einem die Zeit vor, in der man noch im Frack zum Gewandhaus pilgern konnte. Und jetzt? Jetzt rauscht das MG unter den Musikerhänden, dass den Sowjets Hören und Sehen vergeht. Jetzt schaut das – sonst notenfressende – Auge haarscharf durchs Zielfernrohr … und die Ohren hören jetzt nur das Heulen der Geschosse, das Zischeln der Wurfgranaten, des Werfers, der Bomben. Wenn man das so bedenkt – es ist grausig."