Schülerbeförderung Dresdner Mutter: Warum ist das Bildungsticket so kompliziert?

15. März 2023, 17:11 Uhr

Das Bildungsticket in Sachsen gibt es seit August 2021 für Schülerinnen und Schüler. Für 15 Euro im Monat können sie in ihrer Region Busse und Bahn fahren, auch in ihrer Freizeit. Doch das funktioniert nicht für alle, denn es gilt nur im Verbundgebiet des Wohnortes. Ein Beispiel einer Familie aus Dresden und dem Landkreis Mittelsachsen zeigt die Tücken, aber auch, dass eine Lösung des Problems möglich ist.

Anja Jahn aus Dresden findet das Bildungsticket im Grunde eine gute Sache, auch weil es ihr Sohn in den Ferien und der Freizeit nutzen kann. Doch einen Haken hat es für sie: Das Ticket gilt nur in einem Verkehrsverbund. Weil ihr inzwischen 16-jähriger Sohn aber wechselweise bei ihr in Dresden und dem Vater im Landkreis Mittelsachsen wohnt und dort auch in Döbeln zur Schule geht, muss er die Grenzen zweier Verkehrsverbünde passieren. Das Bildungsticket nutze ihm deshalb nichts, sagt Jahn MDR SACHSEN. "Ich habe dann auch beim Verkehrsverbund Mittelsachsen gefragt, ob ich einfach ein zweites Bildungsticket kaufen kann, was mein Sohn auch für den Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) nutzen kann. Da wurde mir gesagt: Das ist nicht vorgesehen."

Verkehrsministerium: Zwei Bildungstickets nicht vorgesehen

So sieht es auch das Verkehrsministerium in Dresden. "Eine Kombination zweier Bildungstickets ist nicht vorgesehen", teilt eine Sprecherin auf MDR-SACHSEN-Anfrage mit. Unter Umständen sei dies aber auch nicht ausreichend. "So muss beispielsweise für die Nutzung der Eisenbahn zwischen Freiberg und Dresden mindestens für die verbundüberschreitende Strecke ein Fahrschein […] erworben werden." Hintergrund seien die tariflichen Regelungen innerhalb der zuständigen Verkehrsverbünde.

Auf dieses Problem ist auch Anja Jahn schon gestoßen. Wenn ihr Sohn von ihrer Wohnung in Dresden nach Mittweida zum Training im Sportverein fahre, kaufe er zusätzlich ein VVO-2-Zonen-Tagesticket für 9,90 Euro. Für das Gebiet des Verkehrsverbundes Mittelsachsen nutze er sein Bildungsticket. "Leider ist Sascha schon mehrfach von Schaffnern darauf hingewiesen worden, dass diese Kombi im Regionalexpress wohl nicht zulässig ist." Sprich, er müsste eigentlich noch ein deutlich teureres Sonderticket für den Regionalexpress kaufen, um die Lücke zwischen den Verkehrsverbünden zu schließen. Auch wenn ihr Sohn von der Schule in Döbeln zu ihr nach Dresden fahre, müsse er für die Fahrt im VVO-Gebiet 9,40 Euro extra bezahlen.

"Tschüss Tarifdschungel" nur Versprechen?

Warum das in Sachsen nicht einfacher geht, ärgert sich die betroffene Mutter in Dresden. Und warum das Bildungsticket nicht sachsenweit genutzt werden kann. "Tschüss Tarifdschungel. Hallo 24/7 Flat", heißt schließlich das Werbeversprechen der Verkehrsverbünde. Das Verkehrsministerium verweist darauf, dass die Verkehrsunternehmen pro Jahr 50 Millionen Euro bekommen, um die Mindereinnahmen durch das Bildungsticket auszugleichen. "Eine Erweiterung des Geltungsbereiches auf den ganzen Freistaat würde zu weiteren auszugleichenden Mindereinnahmen führen, da die Schülerinnen und Schüler dann auch weitere Fahrten unternehmen könnten." Das Bildungsticket nutzen den Angaben zufolge derzeit rund 44 Prozent der sächsischen Schülerinnen und Schüler.

Deutschlandticket: In Sachsen keine Ermäßigung vorgesehen

Anja Jahn hatte auf das neue Deutschlandticket gehofft, das ab Mai 2023 für 49 Euro im Monat kommt und in einigen Regionen Deutschlands auch günstiger zu haben sein soll. "Unser Gedanke: Wenn die Schüler ein ermäßigtes Ticket bekommen (im Idealfall für 30 Euro), dann kann man das Bildungsticket kündigen und Vater und Mutter zahlen hälftig jeder 15 Euro." Doch eine ermäßigte Version des Tickets soll es in Sachsen nicht geben. "Die Finanzierung weiterer Vergünstigungen beim Deutschlandticket für einzelne Personengruppen ist gegenwärtig im Landeshaushalt nicht möglich", sagte eine Ministeriumssprecherin und verweist auf bestehende Vergünstigungen wie das Bildungsticket.

Der Verkehrsverbund Oberelbe bietet nach eigenen Angaben ab Mai immerhin ein regionales Zusatzticket zur Mitnahme eines Fahrrads oder Hundes und Personen für zehn Euro pro Monat. Zudem soll es ein Zusatzticket für den Fernverkehr zwischen Dresden und Riesa geben.

Verkehrsverbünde: Zweites Bildungsticket doch möglich

Gibt es für Anja Jahn aus Dresden und ihren Sohn also nur die Lösung, weiterhin teurere Einzelfahrkarten zusätzlich zum Bildungsticket zu kaufen? Eine Nachfrage beim VVO zeigt einen unbürokratischen Weg auf, der allerdings im Widerspruch steht zu den Aussagen des Verkehrsministeriums. VVO-Sprecher Christian Schlemper sagt MDR SACHSEN, die Mutter solle einfach zwei Bildungstickets kaufen. In ihrem Sonderfall spreche laut VVO nichts dagegen.

Auch der Verkehrsverbund Mittelsachsen (VMS) sieht das inzwischen so. Für die noch bestehende Lücke zwischen den Verkehrsverbünden müsse sie allerdings weiterhin ein Extra-Ticket lösen. Doch auch an diesem Problem arbeiten die Verkehrsverbünde den Angaben zufolge. VMS-Sprecher Falk Ester sagt, alternativ könne der Schüler mit den zwei Bildungstickets auch über Nossen mit dem Bus fahren und so die Zusatzkosten für die Lücke sparen.

MDR (kbe)

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