Eine Person steht auf einer Bühne vor einer schwarzen Plane, die in die Luft geblasen wird.
Mit "Salome" wird in Weimar in den Abgrund geblickt. Bildrechte: Candy Welz

Einsamkeit und Show Theater in Erfurt und Weimar: Fünf starke Erlebnisse im Oktober 2024

24. September 2024, 17:01 Uhr

Sie haben Lust, mal wieder ins Theater zu gehen? In Thüringen gibt es im Oktober 2024 viele sehenswerte Aufführungen. In Weimar zeigt die Oper "Salome" die Abgründe des Menschen mit starken Bildern und Goethes "Werther" wird zur temporeichen Show. In Erfurt erzählen Jugendliche, was sie bewegt und Tiere schreiben sich Briefe. Außerdem wird viel getanzt im Tanztheater-Festival. Hier unsere Tipps mit Adressen und Terminen, die monatlich aktualisiert werden, damit Ihnen kein Highlight entgeht:

Schauspiel in Weimar: "Die Leiden des jungen Werther" am DNT

2024 feiert der deutschsprachige Raum den 275. Geburtstag von Johann Wolfgang von Goethe. Und natürlich darf da auch Weimar nicht fehlen, wo Goethe so lange gewirkt und unter anderem das hiesige Theater leitete. Dort nimmt man sich aber nicht dem Versdrama "Faust" an, sondern einem anderen, vielleicht noch einflussreicheren, Werk Goethes: "Die Leiden des jungen Werthers". Auf der Bühne wird die wilde Show "W250" gezeigt, eine wilde Flirtshow mit drei schillernden Werther, die um die Gunst der Charlotte kämpfen. Die Inszenierung geizt weder mit Farbe noch mit Effekt, verliert aber auch den Klassiker nicht aus den Augen, freut sich MDR KULTUR-Theaterkritiker Wolfgang Schilling: "Sie verzichten dabei nicht auf den originalen Text. Wenn der von dieser überkandidelten Personage spielerisch in Szene gesetzt wird, gewinnt er plötzlich Klarheit. Weil ihm immer der Respekt gewährt wird, der ihm gebührt und er sich dem Publikum, gerade wegen der verrückten Projektionsfläche, umso verständlicher zeigt." Der Theaterabend ist also eine Empfehlung sowohl für Fans des Briefromans, als auch für Menschen, die nie so recht warm damit geworden sind.

Weitere Informationen "Die Leiden des jungen Werthers"
nach Johann Wolfgang von Goethe

Adresse:
Deutsches Nationaltheater
Theaterplatz 2
99423 Weimar

Dauer: 120 Minuten, keine Pause

Termine:
10. Oktober, 19:30 Uhr
31. Oktober, 19:30 Uhr

Figurentheater in Erfurt: "Tierische Briefe" am Theater Waidspeicher

Auch die Tiere des Waldes suchen nach Gesellschaft, nach Gemeinschaft, nach einem Ausweg aus der Einsamkeit. Davon erzählt auch Frank Söhnle mit seinem Stück "Tierische Briefe". Inspiriert wurde er durch das Buch "Briefe vom Eichhorn an die Ameise" von Toon Tellegens, das von verschiedenen Briefen von Tieren untereinander erzählt. Da fragt beispielsweise ein Elefant eine Schnecke, ob sie nicht gemeinsam vorsichtig auf ihrem Haus tanzen wollen. Dabei entsteht jedoch keine größere Geschichte, vielmehr reihen sich Momente aneinander: Briefe flattern von der Decke auf einen Holzverschlag, hinter dem die vier Spielenden auftauchen und unterschiedliche Tierpuppen zum Leben erwecken. Kritiker Michael Helbing zeigt sich auf "Fidena" vor allem von der Stimmung der Aufführung überzeugt: "Sie sagt etwas. Sie spricht, und zwar mit poetisch-satirischem Grundton, vom Zu-sich-Kommen und Über-sich-Hinauswachsen. Und zumindest ersteres erreicht sie auch selbst ziemlich zuverlässig."

Weitere Informationen "Tierische Briefe"
nach Toon Tellegen

Adresse:
Theater Waidspeicher
Domplatz 18
99084 Erfurt

Dauer: 60 Minuten, keine Pause

Termine:
8. Oktober, 19:30 Uhr
29. Oktober, 19:30 Uhr

Schauspiel in Erfurt: "Definitiv vielleicht" an der Schotte

Wer sich nicht mehr so recht an seine Jugend erinnern kann, wie es war als Pubertierender; oder wer erkennt, dass Teenager heutzutage doch anderes durchmachen als man selbst, der sollte "Definitiv vielleicht" sehen. Die jungen Mitglieder des Erfurter Jugendtheaters Schotte erzählen hier in kurzen und schnellen Szenen von ihrem Alltag: vom Leben mit Social Media, wo auch ständig die Eltern aktiv sind, von Pickeln und vor allem erzählen die Jugendlichen, was sie sich selbst wünschen: Aufmerksamkeit, Verständnis und manchmal etwas Freiheit. Was sie nicht brauchen, sind übrigens Markenklamotten und Ratschläge von zu alten Menschen (was alles über 25 sein dürfte). Die Szenencollage lebt vor allem von einer großen Energie und einem hohen Tempo, berichtet Esther Goldberg in der "Thüringer Allgemeinen" nach dem Besuch der Generalprobe.

Weitere Informationen "Definitiv vielleicht"

Adresse:
Schotte e.V.
Schottenstraße 7
99084 Erfurt

Dauer: 60 Minuten, keine Pause

Termine:
22. Oktober, 19 Uhr
23. Oktober, 19 Uhr

Musiktheater in Weimar: "Salome" am Deutschen Nationaltheater

"Salome" gehört sicherlich zu den besten Werken des Musiktheaters: Oscar Wilde hat auf Grundlage einer biblischen Anekdote ein lyrisches und symbolstarkes Drama geschrieben, das Richard Strauss mit seiner verdichteten, expressiven Musik vertont hat. Das Deutsche Nationaltheater Weimar lässt bei der Neuproduktion keine Wünsche offen, so der Kritiker Joachim Lange in "Concerti": Unter der Leitung von Dominik Beykirch "läuft das Thüringer Spitzenorchester zur Hochform auf". Auch das Ensemble auf der Bühne zeigt sich in Topform, allen voran Tamara Banješević in der Titelpartie. Sie verlangt den Kopf des inhaftierten jüdischen Propheten Jochanaan, nachdem sie für ihren Stiefvater Herodes getanzt hat. In Weimar wird die Geschichte jedoch nicht einfach als psychologisches Drama gezeigt, sondern als psychologisierende Allegorie: Die Inszenierung taucht ein in das Innere der menschlichen Seele, die hier einem schwarzen Abgrund gleicht, in dem sich tierische Wesen umkreisen. Neben der grandiosen Musik bietet der Opernabend auch eindrückliche Bilder.

Eine Person mit langen rosa Haaren schreit einem Mann ins Ohr.
Die Inszenierung von "Salome" in Weimar überzeugt auch mit fantasievollen Kostümen. Bildrechte: Candy Welz

Weitere Informationen "Salomen"
Musikdrama von Richard Strauss
nach Oscar Wilde

Adresse:
Deutsches Nationaltheater
Theaterplatz 2
99423 Weimar

Dauer: 105 Minuten, keine Pause

Termine:
6. Oktober, 16 Uhr
18. Oktober, 19:30 Uhr

Internationales Tanztheater-Festival in Erfurt

Bereits zum 9. Mal findet in Erfurt das Internationale Tanztheater-Festival statt, in dem sich die hiesige Tanz-Szene im Rahmen von Workshops weiterbilden und neben Gastspielen präsentieren kann. Die Choreografin Ester Ambrosio stellt ihre neue Arbeit "Your choice" vor. Dabei will sie verschiedene Situationen vorstellen, die das Publikum dann miteinander verbinden muss. So soll auch die harte Trennung zur Bühne überwunden und das Theater selbst ein stückweit hinterfragt werden. Die Junior Company nimmt sich dem Märchenstoff von Aschenputtel an. In "Cinderella" versuchen sie alle bekannten Elemente ins Heute zu übertragen, sodass der berühmte Schuh zum Mode-Sneaker wird und der Prinz zum Umwelt-Aktivisten. Dafür werden auch unterschiedliche Stile wie Hip-Hop, zeitgenössischer Tanz und Ballett bedient. Maya und Roy Carroll erkunden die mitunter intime Beziehung zwischen Tanz und Musik. Safet Mistele und Aurora Magrí erzählen in "It is what it is… or maybe not" vom Aufeinandertreffen zweier Menschen. Und Luciano Rosso bringt sein im Lockdown entstandenes und ziemlich humoristisches Solo "Apocalipsync" über Internet-Kultur und Einsamkeit mit. Außerdem messen sich Tanz-Schaffende im Wettbewerb "contact.energy’24" mit Miniaturen.

Weitere Informationen Das 9. Tanztheater-Festival findet vom 19. bis zum 27. Oktober in Erfurt statt.

FÜR KURZENTSCHLOSSENE:

Schauspiel in Erfurt: "Elektra" im Theater Schotte

Diese Geschichte ist schon Jahrtausende alt und bewegt uns immer noch. Es geht um Rache, um Schuld und Angst. Vorher ein kurzer Mythen-Crashkurs: Das Haus der Atreiden ist verflucht. Deswegen steht auch die Reise von Agamemnon, um das griechische Heer gegen Troja zu führen, unter keinem guten Stern. Um für besseres Wetter für die Überfahrt zu sorgen, opfert der Kriegsherr seine älteste Tochter, Iphigenie. Seine Frau Klytaimnestra kann ihm das nicht verzeihen und erschlägt ihn mithilfe ihres Liebhabers Ägisth. Damit nun Agamemnons Sohn nicht auch erschlagen wird (weil er sonst Rache nehmen muss), rettet seine Schwester Elektra ihn. Und hier setzt nun endlich das Drama "Elektra" von Sophokles an: Elektra wartet in ihrem Elternhaus nur auf die Rückkehr ihres Bruders, damit er Rache üben kann – indem er Elektras Mutter und ihren neuen Mann tötet.

"Elektra" am Theater Schotte
Im September ist die Inszenierung von "Elektra" wieder im Spielplan des Erfurter Theaters "Die Schotte". Bildrechte: Lutz Edelhoff

Die Inszenierung am Erfurter Jugendtheater Schotte konzentriert sich ganz auf diese Stimmung. Dabei überzeugt vor allem der ungefähr 30-köpfige Chor (Wo gibt es so etwas noch?) aus Jugendlichen, die die Frage von Individualität und Gruppendynamik unterstreichen. Die Kritikerin Esther Goldberg ist in der "Thüringer Allgemeinen" restlos überzeugt von der Inszenierung: "Denn was da zu sehen war, das war richtig groß."

Weitere Informationen "Elektra" von Sophokles

Adresse:
Schotte e.V.
Schottenstraße 7
99084 Erfurt

Dauer: 85 Minuten, keine Pause

Termine:
27. September, 20 Uhr
28. September, 20 Uhr

Musiktheater in Weimar: "Il trittico" am Deutschen Nationaltheater

Der italienische Komponist Giacomo Puccini ist vor allem für abendfüllende Opern voller Tragik und mit großen Gefühlen bekannt, doch dass er auch anders konnte, bewies er mit "Il trittico". Zu diesem "Triptychon" gehören die drei kurzen Opern: "Il Tabarro" (Der Mantel) erzählt, wie ein Ehemann erst seine Ehe retten will und schließlich den Liebhaber seiner Frau tötet. "Suor Angelica" handelt von einer Nonne, die von dem Tod ihres unehelichen Kindes erfährt und daher selbst sterben möchte. In der Komödie "Gianni Schicchi" wird schließlich versucht, eine Leiche zu verstecken, um dessen Testament noch schnell fälschen zu können.

Szene aus IL TRITTICO - DAS TRIPTYCHON am DNT Weimar
Puccinis "Il trittico" wird vom DNT Weimar in die Gegenwart geholt. Bildrechte: Candy Welz

Nur selten werden diese Opern an einem Abend gezeigt, am Deutschen Nationaltheater in Weimar zeigen sich im Zusammenspiel wunderbare Verbindungen. Die Inszenierung rückt die drei Geschichten an unsere Gegenwart heran und arbeitet trotz des immer wiederkehrenden Todes vor allem den Humor der kurzen Stücke heraus. Auch musikalisch wissen das Ensemble und die Staatskapelle zu überzeugen, wie MDR KLASSIK-Kritiker Bernhard Doppler berichtet.

Weitere Informationen "Il trittico"
Drei Operneinakter von Giacomo Puccini

Adresse:
Deutsches Nationaltheater
Theaterplatz 2
99423 Weimar

Dauer: 220 Minuten, zwei Pausen

Termine:
26. September, 19 Uhr

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 23. September 2024 | 08:40 Uhr

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